Menü

Licht in der Finsternis

von Hartmut Mildenberger

Predigtdatum : 26.12.2019
Lesereihe : II
Predigttag im Kirchenjahr : Christfest 2. Feiertag
Textstelle : Matthäus 1,18-25
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Ihre E-Mail

Wochenspruch: Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit. (Johannes 1,14a)

Psalm: 96,1-3.7-13 (EG 738)

Predigtreihen

Reihe I: Römer 1,1-7
Reihe II: Matthäus 1,18-25
Reihe III: Hebräer 1,1-4(5-14)
Reihe IV: Jesaja 7,10-14
Reihe V: Matthäus 1,1-17
Reihe VI: 2. Korinther 8,7-9

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 39, 1-7 Kommt und lasst uns Christus ehren
Wochenlied: EG 32, 1-4 Zu Bethlehem geboren
Predigtlied: EG 23, 1-7 Gelobet seist du, Jesu Christ
Schlusslied: EG 35, 1-4 Nun singet und seid froh

Predigttext Matthäus 1, 18 – 25

Jesu Geburt

18 Die Geburt Jesu Christi geschah aber so: Als Maria, seine Mutter, dem Josef vertraut war, fand es sich, ehe sie zusammenkamen, dass sie schwanger war von dem Heiligen Geist.
19 Josef aber, ihr Mann, der fromm und gerecht war und sie nicht in Schande bringen wollte, gedachte, sie heimlich zu verlassen.

20 Als er noch so dachte, siehe, da erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sprach: Josef, du Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria, deine Frau, zu dir zu nehmen; denn was sie empfangen hat, das ist von dem Heiligen Geist.
21 Und sie wird einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk retten von ihren Sünden.
22 Das ist aber alles geschehen, auf dass erfüllt würde, was der Herr durch den Propheten gesagt hat, der da spricht (Jesaja 7,14):
23 »Siehe, eine Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären, und sie werden ihm den Namen Immanuel geben«, das heißt übersetzt: Gott mit uns.
24 Als nun Josef vom Schlaf erwachte, tat er, wie ihm der Engel des Herrn befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich.
25 Und er erkannte sie nicht, bis sie einen Sohn gebar; und er gab ihm den Namen Jesus.

Hinführung

Inzwischen sind wir in Rehe 2 der neuen Perikopenordnung angelangt. Matthäus 1, 18 - 25 war bisher Christnacht 1 zugeordnet und konkurriert jetzt als leitender Evangelientext an Christfest II mit dem Stephanustag.

Innerlich gehört die erste Erzählung dem vorhergehenden Geschlechtsregister zu und knüpft an 1, 16 an. Sie sagt aus, wie der von Maria geborene Jesus zu Davids Sohn geworden ist. “Neben seiner Herkunft aus dem erwählten menschlichen Geschlecht wird seine Herkunft aus Gottes schöpferischem Geist ausgesagt und seine Eingliederung in das erwählte Geschlecht bezeugt.“ (W. Grundmann, Matthäus, S. 66)

Joseph tut die heilsgeschichtlich notwendigen Schritte: Er behält die schwangere Maria bei sich, gibt ihrem Sohn den bedeutungsvollen Namen »Jesus«, nimmt ihn an Kindes statt an und macht ihn so zum Davididen (Mt 1, 21 – 25). (Calwer Bibellexikon)

Gliederung

I. Unscheinbar, doch wichtig
II. Sich lautlos davon stehlen?
III. Die Sprache des Traums sagt mehr als naturwissenschaftliche Erklärungen
IV. Vaterschaft annehmen
V. „Vater unser…“
VI. Kinder gehen eigene Wege – Jesus auch
VII. Das Leben wagen

Ziel

Mit Joseph über Vaterschaft nachdenken und Vertrauen lernen
Vater werden.

Predigt

Nachdem wir an Heiligabend die Geburtsgeschichte nach Lukas gehört haben, hören wir heute auf die Geburtsgeschichte Jesu nach dem Matthäusevangelium.

[Lesen des Predigttextes Matthäus 1, 18 - 25]

Eigenartig, liebe Gemeinde, wo uns die Geschichte der Geburt Jesu bei Matthäus hinführt. Nicht in den Stall nach Bethlehem, nicht zu den Hirten, nicht zu den himmlischen Heerscharen, nicht zu den Königen auch nicht zu Maria, wie wir es beinahe schon zu gewohnt sind, sondern in die Kammer eines jungen Handwerkers in dem Provinznest Nazareth.

I. Unscheinbar, doch wichtig

Joseph steht im Mittelpunkt dieser Geschichte. Er steht oft nur am Rand bei allen Krippendarstellungen. Und auch sonst wissen wir nicht viel. Sobald Jesus öffentlich auftritt, wird er nicht mehr genannt. Vielleicht ist er da schon verstorben. Unwichtig und unscheinbar scheint er zu sein. Aber gerade der sonst Unscheinbare spielt eine wichtige Rolle in Gottes Heils-Geschichte. Seine Geschichte und Gottes Geschichte werden untrennbar miteinander verbunden. Auch und gerade Unscheinbare gehören dazu, wenn Gott zur Welt kommt.

II. Sich lautlos davon stehlen?

„Als Maria, seine Mutter, dem Josef vertraut war, fand es sich, ehe sie zusammenkamen, dass sie schwanger war von dem Heiligen Geist. Josef aber, ihr Mann, der fromm und gerecht war und sie nicht in Schande bringen wollte, gedachte, sie heimlich zu verlassen.“

Ich stelle mir vor, wie er sich in einer kleinen Kammer neben seiner Zimmermannswerkstatt auf sein Lager gelegt hat. Unruhig wird er gewesen sein. Verwirrt. Zornig auch. „So etwas gibt es doch nicht. Wie kann das sein.“ Maria, mit der er so gut wie verheiratet ist, ist schwanger, ohne dass er sie auch nur berührt hätte.

Hier schon finde ich mich wieder in diesem Joseph. Wie kann das sein? So frage auch ich, biologisch aufgeklärt. Eine Jungfrauengeburt kann ich so einfach nicht glauben. Und - muss ich das unbedingt glauben? Muss es denn unbedingt so sein, dass der Glaube den Verstand übersteigt?

Joseph hätte das Recht gehabt, sie bloßzustellen, sie steinigen zu lassen - die Maria, die Mutter des Glaubens. Das will Joseph nicht tun. So viel Anstand hat er. Aber entschlossen ist er, die Verbindung mit ihr zu lösen. Ohne großes Aufsehen will er die Maria entlassen und sich davonstehlen. Enttäuscht will er nichts mehr mit ihr zu tun haben.
Sich lautlos davonstehlen, das ist auch heutzutage nicht unbekannt. Manche verlassen einfach ihre Partnerschaften, ohne zu erklären, warum.
Manche verlassen die Kirche oder den Glauben, - lautlos, ohne die Auseinandersetzung zu suchen, ohne sich Fragen zu stellen.

III. Die Sprache des Traums sagt mehr als naturwissenschaftliche Erklärungen

Der Plan Josephs, Maria zu verlassen, steht fest. Und trotz der inneren Unruhe findet er dennoch in den Schlaf. Große Entscheidungen wollen überschlafen sein. Er träumt.

Ich finde es bezeichnend, dass Joseph zu träumen anfängt. Jeder der träumt, weiß, wie wenig Träume mit der Wirklichkeit und dem, was vor Augen ist, zu tun haben. Dinge geschehen da, irreale Dinge, wie sie im wirklichen Leben normalerweise nicht zu finden sind. - Und doch sind Träume auf ihre Weise wahr. In ihrer Sprache erzählen sie, wie es um uns steht, was wir fühlen, was wir brauchen. Träume sprechen ihre eigene Sprache für das, was vielleicht noch unsagbar ist.

Und der Traum scheint mir auch der Schlüssel zu der ganzen Geschichte um die Jungfrauengeburt zu sein. Sie überschreitet die Grenze zwischen tatsächlich und unmöglich. Sie verleiht einer Tatsache Sprache und Bilder, die sonst unsagbar wäre, wo Begriffe des Verstandes zu kurz greifen. Der irreale und doch wahre Traum öffnet die Tür zum Geheimnis dieses Kindes. Sachlich erklärende Sprache versagt. Sie kann das Geschehen nicht erfassen. Eine Erzählung kann mehr. Eine Geschichte zeigt den Sinn des Geschehens. Sie zeigt Gefühle und sie weist auf tiefere Wahrheiten hin.

IV. Vaterschaft annehmen

Ein Engel erscheint im Traum. Er ist ein Bote zwischen Himmel und Erde, zwischen Gott und der Welt.
Er sagt:
„Fürchte dich nicht, Maria, deine Frau, zu dir zu nehmen. Was sie empfangen hat, das ist vom Heiligen Geist. Sie wird einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk retten von ihren Sünden.“

Was bedeutet das?
Joseph wird der Vater sein vor aller Welt. Wir Heutigen wissen: Vatersein hat nicht nur mit Zeugung und Genetik zu tun. Vatersein ist viel umfassender. Adoptivkinder fühlen sich als wirkliche Kinder der Familie, die sie aufgenommen hat. Sie werden von ihnen hineinbegleitet in die Welt. Beziehung zu Vater und Mutter sind prägend. Menschen werden durch Sozialisation und Erziehung entscheidend geprägt. Auch wenn genetisch manches veranlagt ist, und eine Neugier bleibt, wo komme ich her?, so ist doch klar: Vatersein hat vor allem mit Beziehung zu tun und mit Verantwortung und Vorbildsein, mit Treue und Liebe.

Das ist die eigentliche Aufgabe eines Vaters: da sein, ein verlässlicher Begleiter und hilfreicher Wegbereiter werden für das Kind. Es lieben, bejahen und in allem unterstützen.

V. „Vater unser…“

An dieser Stelle wird die Diskussion, ob jetzt Gott selbst oder Joseph der biologische Vater Jesu ist, unwichtig. Jesus wird zu Gott sagen: „Abba, lieber Vater.“ Er tut es nicht, weil er Gott als biologischen Vater meint, sondern weil er eine so enge Beziehung zu ihm hat. Er ist so eng mit ihm verbunden wie Vater und Sohn es sind. Und woher weiß Jesus, was ein liebender und gütiger Vater ist? Doch wohl von niemand anders als von und durch Joseph. Joseph hat Jesus hineingenommen in seine jüdische Religion, die vom unbedingten Vertrauen in Gott lebt. Joseph muss Jesus ein positives Vaterbild vermittelt haben. So ein guter Vater muss der Joseph dem Jesus geworden sein, dass er später voll Vertrauen beten konnte „Vater unser im Himmel“.

VI. Kinder gehen eigene Wege – Jesus auch

Dass Kinder nur für kurze Zeit Eltern anvertraut sind, das wird dem Joseph schon vor der Geburt klar gemacht. Jesus wird nicht auf Dauer in die Zimmermannsfußtapfen seines irdischen Vaters steigen. Er wird eigene Wege gehen. Seine himmlische, göttliche Herkunft und Veranlagung weist ihn in eine größere Familie. Sie sendet ihn zu allen Menschenkindern.

Joseph soll ihn Jesus nennen. Alle Welt soll wissen, wer in diesem Kind und später in diesem Rabbi Jesus zu sehen ist: „Gott hilft, Gott rettet!“, heißt das übersetzt. Oder anders ausgedrückt Immanuel. „Gott ist mit uns.“

In Jesus kommt Gott selbst zur Welt. Er kommt als Retter zu uns. Er kommt, die Welt zu retten. Damit wir das mit allen Sinnen begreifen, hat der Evangelist Matthäus die Erzählung von Joseph, seinen Gefühlen und seinem Traum so sorgfältig aufgeschrieben. Gottes Liebe zu seinen Menschen ist so groß, dass er selbst ein Mensch wird. Das ist das Wunder. Er ist uns ganz nahe. So wie nur ein Mensch uns nahe sein kann, der uns über alles liebt.

„Er wird sein Volk retten von ihren Sünden“. Er kommt uns entgegen. Er findet uns auch dort, wohin wir durch falsche Wege gekommen sind. Er findet uns. Denn er ist selbst Mensch geworden in einem kleinen Kind. Das ist das eigentliche Wunder. Gott rettet, Gott ist mit uns.

VII. Das Leben wagen

Und Joseph? „Als nun Josef vom Schlaf erwachte, tat er, wie ihm der Engel des Herrn befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich.“

Er vertraut, er lässt ein sich auf diese besondere Frau ein. Er lässt sich auf diesen eigenartigen Gott ein. Er lässt sich ein auf dieses ganz besondere Kind. Er nimmt die Herausforderung dieser Partnerschaft und dieser Vaterschaft an. Er wagt das leben. Er wagt dieses Leben, von dem Gott ihm im Traum sagen ließ: Ich bin mit dir. Tu es.

Und er tat es: „Als nun Josef vom Schlaf erwachte, tat er, wie ihm der Engel des Herrn befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich. Und er erkannte sie nicht, bis sie einen Sohn gebar; und er gab ihm den Namen Jesus.“

AMEN

Eingangsgebet

Mit uns, großer Gott,
du mit uns, du wie wir, Mensch wie wir,
wir bestaunen das Wunder der Weihnacht.

Mit uns, kleiner Gott,
ein Kind, ohnmächtig, verletzlich, hilfsbedürftig,
wir bestaunen das Wunder der Weihnacht.

Mit uns, heiliger Gott,
rufst uns heraus aus dem Alltagstrott,
ziehst uns in deinen Bann,
wir bestaunen der Weihnacht.

Mit dir, Gott, wir sind gekommen, uns hinein zu finden
in das Wunder,
uns hinein zu glauben in deine Gegenwart
in dem Kind Jesus, deinem Christus,
uns hineinzuleben in deine Wirklichkeit der Versöhnung.

Großer Gott und Vater,
du bist Mensch geworden, wie wir es sind,
bist für uns erkennbar und berührbar geworden.
Deine Verheißungen hast du damit wunderbar bekräftigt.
Lass uns auch in unserer Zeit deine Nähe spüren.
Das bitten wir durch Jesus Christus,
deinen Sohn und unseren Bruder.

nach Ilka Werner in: Martin Evang, Gerd Kerl, Ilsabe Seibt (Hg.)
Nimm an unser Gebet, Neukirchen 2015

Fürbittengebet

Jesus Christus, unser Herr,
wir feiern das Fest deiner Geburt
und die Macht der Liebe und des Friedens,
die mit dir stark werden in der Welt.
Wir bitten dich:
Gebiete Krieg, Terror und Gewalt machtvoll Einhalt.
Verhindere das Wüten von Hass und Zerstörung.
Richte deine Macht auf in der Welt.
Wir rufen zu dir: Herr, erhöre uns.

Jesus Christus, unser Bruder,
wir feiern das Fest deiner Geburt
und die Kraft der Gemeinschaft
zwischen Gott und den Menschen.
Wir bitten dich:
Schütze die Liebenden.
Steh Eheleuten Verlobten und Singles bei.
Lass Kinder ihre Wege finden und gehen.
Durchbrich Trauer und Einsamkeit.
Birg uns bei dir.
Wir rufen zu dir: Herr, erhöre uns.

Jesus Christus, unser Meister,
wir feiern das Fest deiner Geburt und dein Vorbild,
das uns in deine Nachfolge ruft.
Wir bitten dich:
Schick uns dahin, wo wir gebraucht werden.
Heiße uns tun, was nötig ist.
Lehre uns reden, was weiterhilft.
Hilf du uns, so ist uns geholfen.
Wir rufen zu dir: Herr, erhöre uns.

Nach Ilka Werner, a. a. O.

Verfasser: Pfarrer Hartmut Mildenberger, Anna-Peters-Straße 29 A, 70597 Stuttgart


Herausgegeben vom

Logo Zentrum Verkündigung

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de

in Kooperation mit dem

Logo Gemeindedienst der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland

Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97

Logo MÖD – Missionarisch Ökumenischer Dienst
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de