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Licht in der Finsternis

von Gabriele Arnold (Bad Mergentheim)

Predigtdatum : 26.12.2016
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Christfest 2. Feiertag
Textstelle : Johannes 8,12-16
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Wochenspruch:
"Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit." (Johannes 1, 14 a)

Psalm: 96


Lesungen
Reihe I: Johannes 1, 1 - 5 (6 - 8) 9 - 14

Reihe II: Hebräer 1, 1 - 3 (4 - 6)

Reihe III: Joh 8, 12 – 16

Reihe IV: Offenbarung 7, 9 - 12 (13 - 17)

Reihe V: Jesaja 11 , 1 - 9

Reihe VI 2. Korinther 8, 9


Liedvorschläge
Eingangslied: EG 23, 1 – 4 Gelobet seist du, Jesu Christ
Wochenlied: EG 27, 1 – 3. 6 Lobt Gott, ihr Christen alle gleich
Predigtlied: EG 36, 1 – 6 Fröhlich soll mein Herze springen
Schlusslied: EG 34, 1 – 4 Freuet euch, ihr Christen alle


Predigttext Johannes 8, 12 - 16
Jesus das Licht der Welt

„Da redete Jesus abermals zu ihnen und sprach: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.
Da sprachen die Pharisäer zu ihm: Du gibst Zeugnis von dir selbst; dein Zeugnis ist nicht wahr.
Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Auch wenn ich von mir selbst zeuge, ist mein Zeugnis wahr; denn ich weiß, woher ich gekommen bin und wohin ich gehe; ihr aber wisst nicht, woher ich komme oder wohin ich gehe.
Ihr richtet nach dem Fleisch, ich richte niemand.
Wenn ich aber richte, so ist mein Richten gerecht; denn ich bin's nicht allein, sondern ich und der Vater, der mich ge-sandt hat.

Hinführung
In Joh 8, 12 begegnet uns das zweite der „Ich-bin-Worte“ des Johannesevangeliums. Die „Ich-bin-Worte“ sind eine Selbstvorstellung Jesu – und zwar nicht des Menschen, son-dern des Gottessohnes mit Vollmacht – und insofern auch eine Selbstvorstellung Gottes: „Wer mich sieht, sieht den Vater“ (Joh 14,19). Die „Ich-bin-Worte“ beschreiben in kla-ren Bildern und Symbolen die Heilsbedeutung Jesu für die Welt und für die Einzelnen.

Möglicherweise steht das Wort vom Licht ursprünglich im Zusammenhang mit dem jüdischen Laubhüttenfest. Teil dieses Erntedankfestes war eine nächtliche Festbeleuchtung im Tempelvorhof mit goldenen Schalen, in denen Öl brann-te. Das Feuer leuchtete weithin. Religionsgeschichtlich ist das Licht oft ein Symbol für Gott. So z. B. in Ägypten für den Sonnengott Re, in Rom für den Sol invictus, in Qumran für die Söhne des Lichts, in den Psalmen für den Gott Isra-els. Das heißt: In dem Wort vom Licht wird an augenschein-liche Erfahrung, aber auch an religionsgeschichtliche Vorläu-fer direkt angeknüpft. Klar ist aber auch bei allen Assoziati-onen: Nur Christus ist das Licht der Welt. Nur er vertreibt das Dunkel.

Wer in der Nachfolge Jesu lebt – und das bedeutet, ihm zu glauben, ihm zu vertrauen –, der ist aus dem Dunkel geret-tet und hat Leben im hellen Schein: Leben im Hier und Heu-te, aber auch Leben in der Ewigkeit Gottes. Das Wort vom Richten will in diesem Zusammenhang nicht Angst machen, sondern ermutigen. Der Richter ist der Retter.

Auch heute haben Menschen ganz elementare Erfahrungen und Assoziationen zum Licht. Besonders in der Weihnachts-zeit ist das Lichtthema von Bedeutung. Die Predigt will das aufgreifen. Und sie will die Bedeutung des Kommens Jesu in den Vordergrund stellen. Allerdings liegt die Betonung am zweiten Weihnachtsfeiertag nicht mehr auf dem Kind in der Krippe, sondern auf dem Gottessohn, der zum Heil und Licht der ganzen Welt gekommen ist.

Gliederung
I. Erinnerung an das Licht
II. Licht und Dunkel in unserem Alltag
III. Jesus ist Licht
IV. Oft sehen wir das Licht nicht
V. Unsere Hoffnung und unser Auftrag
VI. Die Hoffnung, die trägt
VII. Licht und nicht Gericht für alle

Ziel
Die Predigt will ermutigen und stärken.
Der Anspruch Jesu auf den ganzen Kosmos soll deutlich werden, aber auch der Trost, den er ganz konkret in das Leben der Einzelnen bringt.

Ich habe mich bewusst dafür entschieden, auch das Thema „Gericht“ aufzugreifen. Das stört vielleicht die weihnachtli-che Idylle, aber gerade an Weihnachten brechen ja auch elementare Lebens- und Glaubensfragen auf. Die Menschen, die am zweiten Feiertag im Gottesdienst sind, wollen nicht mehr nur Weihnachtsstimmung, sondern auch Stärkung für den Alltag, der wieder beginnt, und vielleicht auch theologi-sche Klärung. Dass Nachfolge auch ganz konkrete Bedeu-tung hat für unser Tun und Handeln, soll auch an Weihnach-ten nicht aus dem Blick geraten.


Predigt
[I. Erinnerungen an das Licht]

Liebe Gemeinde,
erinnern Sie sich noch an die lauen, hellen Sommernächte? Als wir abends auf dem Balkon saßen und es gar nicht dun-kel wurde. Und dann die Glühwürmchen, die mit ihrem Auf-leuchten einen Zauber aus Kindertagen brachten. Ja, und die Kinder wollten gar nicht einschlafen, weil es ja noch so hell war und so schön und so warm.
Und jetzt ist es um fünf stockdunkel. Und wir haben den Kragen hochgeschlagen, als wir aus dem Büro nach Hause eilten. Besonders schlimm war es im November. Bis dann endlich der Advent kam und wir mit Kerzen und Lichterketten innen und außen ein wenig Wärme und Licht und den Anschein von Heimat in das Dunkel bringen konnten.

Und jetzt endlich ist Weihnachten und der Christbaum leuchtet im Zimmer und die Straßen sind hell und feierlich erleuchtet und es liegt jener merkwürdige Weihnachtslicht-zauber über Städten und Dörfern. Jedenfalls heute noch.

[II. Licht und Dunkel in unserem Alltag]
Ist das nicht unvorstellbar: Erst seit Ende der 1940er Jahre ist ganz Deutschland an das Stromnetz angeschlossen. Erst seit damals also ist Licht jederzeit und überall verfügbar. Wir kommen nach Hause und drücken den Lichtschalter. Für die Kinder brennt ein Nachtlicht und für unsere Alten auch.
Dunkelheit macht Angst. Wir wissen nicht, wo wir sind, fin-den den Weg nicht, geraten ins Stolpern, sehen nicht, wer ums Haus schleicht. Die Menschheit war Jahrtausende lang dem Wechsel von Tag und Nacht hilflos unterworfen und versuchte, mit Fackeln, Öllampen und Kerzen der Dunkelheit zu trotzen. Und noch immer gibt es an vielen Stellen der Welt nicht immer Licht.

Gott sei Dank haben wir hier Licht. Wir baden sozusagen im Licht. In diesen Weihnachtstagen erstrahlen die elektrischen Kerzen am Christbaum. Im Garten leuchtet der Tannenbaum oder der kahle Flieder und Lichterketten hängen über der Haustür.

Wer jahrelang ohne das Licht der Sonne eingesperrt ist, wird krank. Das wissen wir und an den Pflanzen sehen wir es auch. Ohne Licht kann nichts und niemand überleben.

[III. Jesus ist Licht]
Ohne Jesus können wir nicht leben. Das ist die selbstbe-wusste Aussage, die wir heute Morgen in unserem Predigt-text gehört haben. „Ich bin das Licht der Welt“, sagt Jesus. Ich bin das Licht des Kosmos, müsste man genauer über-setzen. Also ich bin das Licht für alles, was ist. Nicht nur für unsere Welt, sondern für alle Welten, für alle Räume, die wir kennen, und für all die unendlich vielen, die wir nicht kennen. Ich bin das Licht nicht nur heute, sondern für alle Zeiten. Licht für Raum und Zeit und Ewigkeit.

Dieser Jesus, der heute Morgen zu uns spricht, ist nicht mehr das kleine Kind in der Krippe, das am Heiligen Abend unser Herz erwärmt und erfreut hat. Heute Morgen spricht der große Christus, der Herr der Welt. Ihn sehen wir in den großen Mosaiken der alten Kirche in goldenem Glanz mit der Weltkugel in der Hand, die Finger zum Segen erhoben. Groß und erhaben, prächtig und hell. So ist er eins mit Gott, von dem es heißt: „Licht ist dein Kleid, das du anhast.“ (2)

Ich bin das Licht der Welt. Das heißt doch: ich bin es ein-fach. Auch wenn ihr es nicht glaubt. Auch wenn ihr es leug-net. Auch wenn ihr euch darüber lustig macht. Ich bin es einfach. Ich bin es auch dann, wenn ihr es nicht seht. Ich bin das Licht der Welt. Durch mich lebt, was lebt. Durch mich lebt, wer lebt.

Heute Morgen sind wir wieder eine kleine Schar. Am Heiligen Abend waren es so viele. Darüber müssen wir nicht jammern. Wir dürfen uns freuen, dass so viele der Sehn-sucht ihres Herzens gefolgt sind. Und hoffen und beten, dass die vielen, die vorgestern Abend hier waren, etwas von dem Licht gesehen haben. Das Licht ist da. Christus ist da. Auch wenn wir es oft nicht sehen.

[IV. Oft sehen wir das Licht nicht]
Wer wollte auch die Dunkelheit leugnen. Das Elend der Flüchtlinge, die vielen Toten, die durch Krieg und Gewalt ihr Leben verlieren, die Einsamkeit der herumirrenden Jugend-lichen, die Todesangst der Kranken, das stille Leiden der Alten. So viel Dunkelheit.
Man könnte den Glauben verlieren, dass da Christus ist. Dass da Licht ist. Man könnte. Aber wir tun das nicht. Christen müssen das Dunkel nicht leugnen. Wir müssen uns die Welt nicht schönreden. Wir müssen nichts tun, um sie zu vergessen. Im Gegenteil: Wir können hinschauen. Ganz genau hinschauen und reden und handeln.

[V. Unsere Hoffnung und unser Auftrag]
Weil wir wissen: Das Dunkel ist nicht das Geschick dieser Welt. Das Ziel, die Verheißung, ist das Licht. Wenn wir bei Jesus sind, wenn er unser Herz erfüllt, dann haben wir das Licht und damit leben wir und leuchten die Dunkelheiten dieser Welt aus. Deswegen setzen wir uns für die Flüchtlinge ein. Deswegen halten wir das Recht auf Leben für Behin-derte hoch. Deswegen teilen wir und helfen den Armen die-ser Erde. Christen sind Lichtanzünder und Lichtboten.

Ich bin das Licht der Welt. Aber nicht nur das: Wer mir nachfolgt, muss nicht im Dunkeln tappen, sondern wird das Licht haben. Wird mich haben und wird seinen, wird ihren Weg ins Leben gehen im Licht. Ja, wir gehen nicht nur im Licht. Wir werden gesehen von Christus, der das Licht ist. Er sieht unsere Wege. Er bewahrt unsere Seele. Er gibt uns Herz und Mut und Kraft und Verstand. Und wenn es sein muss, gibt er uns Trost: Licht, wenn alles andere Licht ver-loschen ist.

[VI. Hoffnung, die trägt]
Ich bin das Licht der Welt. Ich bin das Licht des Kosmos jenseits von Raum und Zeit. Das heißt doch dann auch: Dieses Licht scheint selbst dann noch für mich, wenn alle Lichter verloschen sind. Ich gehe ins Licht. Ich gehe selbst durch die lange Todesnacht nicht ohne Licht. Und am Ende wartet der auf mich, der das Licht ist. Wie das gehen soll, weiß ich nicht. Aber dann werde ich wissen, was ich jetzt glaube. Zwischen mir und dem Leben, zwischen mir und dem Licht, wird nichts mehr sein. Christus, das Licht, leuchtet mir und ich werde ihn sehen und geborgen sein in seinem Licht.
[VII. Licht und nicht Gericht für alle]
Und noch ein wunderbares Geheimnis entdeckt Christus mir. Sein Licht erleuchtet alles, dringt durch alles, offenbart alle Finsternis, deckt alles auf. Den größten Betrug und die kleinste Hinterlist. Und dann sagt er: „Ich richte niemanden.“ Ja, wir haben richtig gehört: „Ich richte niemanden.“ Können wir das aushalten? Es gibt doch auch ganz andere Aussagen in der Bibel. Schreckliche und erschreckende, die vom Gericht erzählen. Von Dunkelheit und Zähneklappern. Ja, die gibt es. Aber hier sagt Christus: Ich richte nicht. Und weiter sagt er: Wenn ich richte, richte ich gerecht.

Christus richtet nicht wie wir. Nicht nach dem Augenschein. Nicht nach eigenem Gutdünken. Sein Richten schafft Ge-rechtigkeit und nicht Verdammnis. Und erfüllt so alle unsere Sehnsucht. Der, der richtet, wenn er überhaupt richtet, sieht mehr und genauer. In seinem Licht sehen die Dinge anders aus, als wir sie oft sehen. Und ich glaube fest, dass sein Licht nicht unbarmherzig ist und grell. Sein Licht deckt auf. Aber was er sieht in seinem Licht, sieht er mit den Augen des Erbarmens. Er, der richtet, ist der Heiland. Wie wir gesungen haben: „Heut schließt er wieder auf die Tür zum schönen Paradeis“ (3).

Darin gründet unsere ganze Weihnachtsfreude. Weil Gott gekommen ist in diesem Kind mit seinem Licht. Gekommen, um unsere Angst zu verjagen vor der Welt und vor Gott. Deshalb die ganze Weihnachtsfreude. Weil wir uns vor Gott nicht mehr zu fürchten brauchen.

Amen.


Eingangsgebet
Herr unser Gott,
du hast das Licht in die Dunkelheit dieser Welt gebracht,
Licht von deinem Licht.
Erscheine allen, die im Dunklen tasten.
Komm denen entgegen, die traurig und mutlos sind.
Lass uns Jesus Christus erfahren
als frohe Kunde für unsere Welt,
als Licht und Trost für unser Leben
in alle Ewigkeit.


Fürbittengebet
Barmherziger, gnädiger Gott,
du hast uns in diesen Tagen das weihnachtliche Wort reichlich verkündigen lassen. Wir danken dir dafür.
Du hast uns daran erinnert, dass du unser irdisches Leben teilst. Wir danken dir dafür.
Du hast durch deine Liebe unser Leben erhellt und uns ge-stärkt für alles Kommende. Wir danken dir dafür.

Wir bitten dich:
Lass die Freude mit uns wandern und den Frieden bei uns bleiben.
Verleihe Frieden und Freude allen Völkern und denen, die sie leiten.
Gib Licht und Kraft allen Christen, die bedrängt sind.
Bleibe uns nahe in den letzten Tagen dieses Jahres,
und sei unser Begleiter, bis wir dich in deinem Licht von Angesicht sehen. (1)



Verfasserin: Pfarrerin Gabriele Arnold
Härterichstraße 18, 97980 Bad Mergentheim





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Anmerkungen
(1) Nach Manfred Seitz, in: Manfred Seitz, Friedrich Thiele (Hg.), Wir beten. Gebete für Menschen für heute, 9. Auflage, Neu-kirchen-Vluyn 1984, S. 227
(2) Psalm 104, 2
(3) EG 27, 6

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