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Licht in der Finsternis

von Gundi Bäßler (Harxheim)

Predigtdatum : 26.12.2013
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Christfest 2. Feiertag
Textstelle : 2. Korinther 8,9
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Wochenspruch:
"Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit." (Johannes 1, 14 a)

Psalm: 96

Lesungen
Altes Testament: Jesaja 11, 1 - 9

Epistel: Hebräer 1, 1 - 3 (4 - 6)

Evangelium: Johannes 1, 1 - 5 (6 - 8). 9 - 14

Liedvorschläge
Eingangslied: EG 42 Dies ist der Tag, den Gott ge-macht
Wochenlied: EG 23 Gelobt seist du, Jesu Christ
Predigtlied: EG 27 Lobt Gott, ihr Christen alle gleich
Schlusslied: EG 542 Stern über Bethlehem

Liebe Gemeinde,

ich bin sicher, dass jeder und jede von uns – die Konfirman-dinnen und Konfirmanden vielleicht ausgenommen – in den letzten Wochen mehr Post im Briefkasten hatten als sonst. Und damit meine ich nicht die Post, mit der wir uns gegen-seitig ein Frohes Fest, gesegnete Weihnachten oder besinn-liche Feiertage wünschen. Nein, ich meine all die Schreiben, aus denen uns große runde Kinderaugen anblicken. Kinder-augen, die uns an all das Elend direkt vor unserer Haustür und auf der ganzen Welt erinnern. Kinderaugen, die uns anrühren, zu Herzen gehen und letztlich erreichen, dass wir unsere Hände öffnen und spenden. Gerade um die Weih-nachtszeit berührt uns das Leid der anderen. Warum das so ist, kann jede und jeder selbst beurteilen, aber: es ist so. Auch bei denen, die ansonsten mit Weihnachten und seiner Bedeutung für uns Christinnen und Christen nichts oder nur wenig anzufangen wissen. Ja, Weihnachten ist das Fest der Nächstenliebe…

Aber Hand aufs Herz: wie sieht es denn bei uns Christinnen und Christen tatsächlich mit der Bedeutung von Weihnachten aus? An Heilig Abend, besonders zum Krippenspiel, aber eigentlich zu allen Gottesdiensten sind unsere Kirchen min-destens gut besucht, wenn nicht sogar voll. Selbst ich, die ich ungern einen Sonntagsgottesdienst auslasse, selbst ich komme an Heilig Abend mit einer etwas anderen Intention hierher. Auch ich will mir mein Weihnachtsgefühl abholen: die Botschaft vom Kind in der Krippe, arm, elend, nackt und bloß. Von dieser Botschaft, von diesem Kind will ich mich ergreifen lassen. Der Zauber der Nacht, das Kerzenlicht, die Freundlichkeit, mit der die vielen Menschen einem „Frohe Weihnachten!“ wünschen, und das Kind in der Krippe, all das gehört dazu, all das rührt mich in meinem Innersten an. All das gibt mir ein gutes, wohliges Gefühl.

Mache ich mir, machen Sie sich dabei eigentlich begreiflich, um was es an Weihnachten tatsächlich geht? Selbstver-ständlich geht es um all das, was ich eben schon angespro-chen habe: Menschwerdung, Gottes Liebe zu uns Menschen, Nächstenliebe, Friede auf Erden…

Und es geht noch um mindestens einen weiteren Aspekt. Diesen Aspekt beleuchtet unser heutiger Predigttext, der so bedeutend ist und doch so leicht übersehen wird, der nur aus einem einzigen Vers besteht. Ich lese aus Kapitel 8 des 2. Briefes an die Gemeinde in Korinth (Vers 9):

Denn ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus: obwohl er reich ist, wurde er doch arm um euretwillen, da-mit ihr durch seine Armut reich würdet.
(Herr, öffne uns die Augen für deine Gegenwart. Amen.)

Liebe Gemeinde,

was ist das nun für ein Aspekt, der im Zusammenhang mit Weihnachten übersehen wird? Wir haben es gerade eben selbst gesungen: (dies passt selbstverständlich nur, wenn das Wochenlied EG 23 auch vor der Predigt gesungen wird, insbesondere Vers 6)
„Er ist auf Erden kommen arm, dass er unser sich erbarm und in dem Himmel mache reich und seinen lieben Engeln gleich.“

Oder wie es der heutige Predigttext sagt:
„Obwohl er reich ist, wurde er doch arm um euretwillen, damit ihr durch seine Armut reich würdet.“

Oder auch wie es in einem anderen Weihnachtslied heißt:
„Er wechselt mit uns wunderlich: Fleisch und Blut nimmt er an und gibt uns in seins Vaters Reich die klare Gottheit dran. Er wird ein Knecht und ich ein Herr, das mag ein Wechsel sein! Wie könnt es doch sein freundlicher, das herze Jesulein!“
(EG 27, V. 4 und 5 – lässt sich gut als Lied nach der Predigt verwenden, dann könnte an dieser Stelle darauf verwiesen werden!)
Vertraute Texte – doch helfen sie uns, das was der Predigt-text aussagen will, tatsächlich zu verstehen? Sie mögen ja dasselbe ausdrücken, aber auch diese Sprache ist alt, 500 Jahre alt. Also noch mal von vorne:

„Denn ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus: obwohl er reich ist, wurde er doch arm um euretwillen, da-mit ihr durch seine Armut reich würdet.“

Es geht um Jesus Christus und es geht um die Empfänger des Briefes, und damit letztlich um uns, die wir heute Mor-gen hier zum Gottesdienst zusammengekommen sind. Jesus ist reich und wurde trotzdem arm. Da heißt es nicht, dass er einmal reich war und dann arm wurde. Das wäre nämlich nicht erwähnenswert. Das wäre für uns nur in dem Sinne interessant, wie wir uns mit den Nachrichten über die Reichen und Schönen dieser Welt befassen. Da kommt es halt schon mal vor, dass jemand heute viel, viel Geld hat und morgen ist alles futsch, verzockt, verspekuliert oder einfach verprasst und es kommt kein Nachschub. Nein, so ist es hier nicht gemeint: Jesus ist reich und wurde doch arm. Und eben nicht: Jesus war reich und wurde dann arm. Obwohl Jesus arm wurde, ist er immer noch, ist er weiterhin reich. Schon daran merken wir auch, dass hier nicht der Reichtum der Reichen und Schönen dieser Welt gemeint sein kann. Hier geht es um Werte, ganz gewiss, aber bestimmt nicht um Werte wie Geld und Gold: mein Haus, mein Boot, mein Auto. Das ist nämlich Reichtum, den die Motten zerfressen…

Liebe Gemeinde,

was ist es also, was unser Leben reich macht? Was ist es, was Ihr Leben, das mein Leben reich macht? Sicher: ein gewisses finanzielles Polster ist nicht verkehrt, schließlich wissen wir alle: Geld macht nicht glücklich, aber es beruhigt ungemein!

Und weiter: Gesundheit – ganz wichtig. Aber was machen wir, wenn uns die Gesundheit verlässt, wenn Krankheit und körperliche Einschränkungen nach uns greifen? Ist dann unser Leben arm, armselig?

Ich habe die Frage danach, was unser Leben reich macht mit den Frauen in unserem ökumenischen Frauengesprächskreis diskutiert. Auch da wurden materieller Reichtum und Gesundheit ganz schnell genannt, aber schon bald kamen wir auf: ein Dach über dem Kopf und ausreichend Nahrung, die Familie, die Freunde, genauso wie Heimat, sich zu Hause fühlen. Das letzte will ich so zusammenfassen: ist man in der Familie, im Freundeskreis eingebunden, so erlebt man selbst in der Fremde ein Stück Heimat. Heimat heißt dann: da sein, wo man hingehört, wo man nicht allein oder ausgegrenzt ist, wo man weiß, auf wen man sich verlassen kann, wo man beschützt, geborgen ist, wo man sich gegenseitig respektiert und eben gut miteinander umgeht. Das macht unser Leben reich.

Selbst wenn Sie mir darin zustimmen, werden Sie jetzt viel-leicht fragen, was all das mit Jesus und Weihnachten zu tun hat. Ja, wir war das, wie ist das mit Jesus?

Im Evangelium vorhin haben wir gehört:
„Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort“ (Joh. 1, 1)
und im Fortgang dazu dann:
„Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns…“ (Joh. 1, 14a).

Jetzt ersetze ich den Begriff „das Wort“ durch den Begriff „Jesus“. Dann sagt das heutige Evangelium:
Im Anfang war Jesus und Jesus war bei Gott und Gott war Jesus… und Jesus wurde Fleisch – also Mensch – und wohnte unter uns.

Von Anfang an waren Gott, der Schöpfer, und Jesus eins.
Wenn Gemeinschaft, Geborgenheit, geliebt werden, aufei-nander vertrauen, wenn all das unser Leben reicht macht, dann war, dann ist diese Einheit Gott/Jesus Reichtum. Und diese Einheit besteht fort. Jesus war von Anfang an bei Gott und Gott war von Anfang an Jesus. Jesus wurde Mensch, und doch war und ist er weiterhin mit Gott eins, eine Einheit.
Indem Jesus Mensch wurde, ein Kind in der Krippe, ein Ju-gendlicher, der mit den Gelehrten im Tempel diskutierte, ein Wanderprediger, der so manche unangenehme Wahrheit laut aussprach, der vielen Menschen half, sie heilte, ein Mann, der als Verbrecher hingerichtet wurde, indem Jesus Mensch wurde, wurde er arm. Auch wenn Jesus Gott ist, so wurde er doch ganz und gar Mensch, mit all dem, was uns Menschen umtreibt, was uns glücklich macht, was uns Angst macht, was uns so mit Sorge belastet, dass wir nachts nicht schlafen. Auch wenn Jesus Gott ist, so wurde er doch ganz und gar Mensch. Für uns: für Sie und sie, für dich und auch für mich. Jesus wird arm für mich, er verlässt seinen Reich-tum, sein Reich – für mich. Er opfert sich – für mich.

Und ich? Will ich das überhaupt? Kann ich dieses Opfer an-nehmen? Bei der Menschwerdung Jesu hat mich keiner ge-fragt. Und doch soll er das für mich gemacht haben? Und doch soll er dieses Opfer für mich gebracht haben?

Das ist doch so wie jetzt zu Weihnachten: da gab es auch das eine oder andere Geschenk, das uns keine Freude berei-tet hat. Vielleicht kann ich mit diesem Geschenk gar nichts anfangen. Vielleicht ist mit diesem Geschenk eine Erwartung des Schenkenden verbunden, die ich nicht erfüllen kann oder nicht erfüllen will. Vielleicht ist das Geschenk viel zu teuer, unverhältnismäßig. Vielleicht fühle ich mich durch so ein Geschenk zu etwas verpflichtet, was dann nicht von Herzen kommt, sondern eben nur aus Pflichtgefühl… Sie kennen solche Situationen.

Jesus schenkt an Weihnachten sich selbst. Er wird arm – um unsertwillen. Mit seinem Geschenk will er uns reich machen. Mit seinem Geschenk will er uns an seinem Reichtum teilha-ben lassen. Mit seinem Geschenk öffnet er uns den Weg zu Gott, zu einem Leben mit Gott, zu einem reichen, lebens-werten Leben. Aber anders als bei den unliebsamen Ge-schenken unterm Tannenbaum: wir werden hier gefragt, jeder und jede einzelne von uns wird hier gefragt.

Auch wenn wir es nicht begreifen, was Weihnachten eigent-lich bedeutet, was dieses Geschenk uns ermöglicht, welchen Weg uns diese Geschenk eröffnet, auch wenn wir es nicht mit unserem menschlichen Verstand erfassen können, so ist es da, dieses Geschenk. Und es liegt an uns, es anzuneh-men. Es liegt an uns, „Ja“ zu sagen. Ja zu Weihnachten, ja zu Jesus, der Mensch geworden ist, ja zu sagen zu Gott. Auch wenn keiner und keine von uns vor mehr als 2000 Jahren gefragt worden ist, so werden wir aber hier und heu-te gefragt! Was hindert uns, dieses Geschenk anzunehmen? Sagen wir „ja“, sagen wir „Danke!“. Nehmen wir doch das Geschenk an! Lassen wir uns doch hinein nehmen in diesen Reichtum, lassen wir uns doch hinein nehmen in dieses Leben mit Gott! In ein Leben, in dem wir uns von Gott geliebt und geborgen wissen.

Und der Friede Gottes, der mehr ist, als wir mit unserem menschlichen Verstand begreifen können, bewahre unsere Herzen und unsere Gedanken in Jesus Christus, unserem Herrn und Bruder. Amen.

Verfasserin: Prädikantin Gundi Bäßler
Moselstraße 6, 55296 Harxheim

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