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Licht in der Finsternis

von Markus Granzow-Emden (70374 Stuttgart)

Predigtdatum : 26.12.2020
Lesereihe : III
Predigttag im Kirchenjahr : Christfest 2. Feiertag
Textstelle : Hebräer 1,1-4(5-14)
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Wochenspruch: Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit. (Johannes 1,14a)

Psalm: 96,1-3.7-13 (EG 738)

Lesungen

Reihe I: Römer 1,1-7
Reihe II: Matthäus 1,18-25
Reihe III: Hebräer 1,1-4(5-14)
Reihe IV: Jesaja 7,10-14
Reihe V: Matthäus 1,1-17
Reihe VI: 2. Korinther 8,7-9

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 39, 1-4+7 Kommt und lasst uns Christus  ehren
Wochenlied: EG 36, 1-3+6 Fröhlich soll mein Herze springen
Predigtlied: EG 38, 1-3 Wunderbarer Gnadenthron
Schlusslied: EG 27, 1.3.6 Lobt Gott, ihr Christen alle gleich

Predigttext Hebräer 1,1-4(5-14)

1 Nachdem Gott vorzeiten vielfach und auf vielerlei Weise geredet hat zu den Vätern durch die Propheten,
2 hat er zuletzt in diesen Tagen zu uns geredet durch den Sohn, den er eingesetzt hat zum Erben über alles, durch den er auch die Welten gemacht hat.
3 Er ist der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Ebenbild seines Wesens und trägt alle Dinge mit seinem kräftigen Wort und hat vollbracht die Reinigung von den Sünden und hat sich gesetzt zur Rechten der Majestät in der Höhe
4 und ist so viel höher geworden als die Engel, wie der Name, den er ererbt hat, höher ist als ihr Name.

(5 Denn zu welchem Engel hat Gott jemals gesagt (Psalm 2,7): »Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt«? Und wiederum (2. Samuel 7,14): »Ich werde sein Vater sein und er wird mein Sohn sein«?
6 Und abermals, wenn er den Erstgeborenen einführt in die Welt, spricht er (Psalm 97,7): »Und es sollen ihn alle Engel Gottes anbeten.«
7 Von den Engeln spricht er zwar (Psalm 104,4): »Er macht seine Engel zu Winden und seine Diener zu Feuerflammen«,
8 aber von dem Sohn (Psalm 45,7-8): »Gott, dein Thron währt von Ewigkeit zu Ewigkeit, und das Zepter der Gerechtigkeit ist das Zepter deines Reiches.
9 Du hast geliebt die Gerechtigkeit und gehasst die Ungerechtigkeit; darum hat dich, o Gott, dein Gott gesalbt mit Freudenöl wie keinen deiner Gefährten.«
10 Und (Psalm 102,26-28): »Du, Herr, hast am Anfang die Erde gegründet, und die Himmel sind deiner Hände Werk.
11 Sie werden vergehen, du aber bleibst. Und sie werden alle veralten wie ein Gewand;
12 und wie einen Mantel wirst du sie zusammenrollen, wie ein Gewand werden sie gewechselt werden. Du aber bist derselbe, und deine Jahre werden nicht aufhören.«
13 Zu welchem Engel aber hat er jemals gesagt (Psalm 110,1): »Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel unter deine Füße lege«?
14 Sind sie nicht allesamt dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die ererben sollen die Seligkeit?)

Hinführung

Der Predigttext besteht im griechischen Urtext aus einem einzigen, überreich gefüllten Satz in feierlicher Sprache. Ziel meiner Predigt ist es, der staunenden Haltung dieser Hebräerbrief-Ouvertüre so gut wie möglich zu entsprechen. Vor der Verlesung des biblischen Textes beschäftigt sich die Predigt exemplarisch mit dem Staunen – am Ende lädt sie wieder zum Staunen ein und dazu, Gott zu loben. Was auch sonst für die Verlesung eines Predigttextes gilt, gilt für Hebräer 1, 1-4 in besonderem Maße: Er sollte in großer Ruhe und konzentriert vorgetragen werden. Die (insgesamt acht) Näherbestimmungen des Gottessohnes aus den Versen 2b-4 werden in den Teilen III und IV der Predigt betrachtet.  Zu erwägen ist, ob zur Feier des Tages als Glaubensbekenntnis das Nicänum (EG 687) gemeinsam gesprochen werden kann. Dies wäre dann nach der Schriftlesung in die Liturgie einzufügen.

Wie in der Musik sonst, klingt auch in dieser Ouvertüre viel Kostbares aus dem Gesamtwerk im Voraus an. Das macht Lust zu weiteren Entdeckungen. Dafür ist zu anderer Zeit sicherlich einmal Gelegenheit – die Predigt am zweiten Christtag sollte damit nicht überlastet werden.

Gliederung

Die Teile II. – V. der Predigt gehen den vier Versen der Perikope entlang:

I. Zum Staunen
II. Gott redet  (zu V.1)
III. Im Sohn spricht Gott uns an  (zu V.2a)
IV. Wesen und Weg des Sohnes: lauter Liebe  (zu V.2b-3)
V. Höher als die Engel: der Sohn – zusammen mit den Engeln: unser Lob  (V.4)

Ziel

Zusammen mit dem Verfasser des Hebräerbriefs ins Staunen finden.

Predigt

I. Zum Staunen

Liebe Gemeinde,

glücklich ein Mensch, der staunen kann!

Ein Kind sieht zum ersten Mal im Leben den Christbaum, an dem die Lichter brennen. Mit offenen Augen steht es da, nimmt den Glanz und Duft in sich auf.

Ein Bräutigam wartet auf seine Braut – und dann kommt sie ihm entgegen. Wie er sich freut!

Bestimmt hat auch Lukas gestaunt, als er von der Geburt Jesu erzählte. Von Maria und Josef, die eine Herberge suchten. Von Hirten, die nachts auf den Feldern wachten. Von der wunderbaren Geburt, von den Engeln und ihrem Lobgesang.

Gott kommt zu den Menschen. Er begegnet ihnen in einem Kind in der Krippe – ist das nicht zum Staunen?

Heute am zweiten Feiertag dürfen wir weiter staunen über Gott, der zu den Menschen kommt.

Wir hören den Anfang des Hebräerbriefs. Aus Kapitel 1 die Verse 1 bis 4:

Lesen des Predigttextes

II. Gott redet

Gott kommt zu den Menschen. Es ist die gleiche Geschichte wie am Heiligen Abend.

Nur die Blickrichtung hat sich geändert. Wir schauen nun gewissermaßen über den Rand der Krippe hinaus, ganz weit nach oben – und wieder ist es zum Staunen.

Feierlich verkündet der Verfasser des Hebräerbriefes: Gott hat geredet.

Bereits seinem Volk Israel hat Gott sich mitgeteilt. Er hat Abraham und Sara auf einen Weg gerufen. Er hat sein Volk aus der Sklaverei in Ägypten befreit, hat große Wunder getan. Er hat ihnen Gebote gegeben und ihnen den Weg zu einem guten Leben eröffnet. Propheten trugen sein Wort weiter, Gottes mahnendes und tröstendes Wort. Gott hat geredet.

Reden – das ist oft der Anfang von Leben. „Gott sprach: Es werde Licht. Und es ward Licht.“ Oder: Ein Kind kommt zur Welt und erfährt, dass Eltern mit ihm sprechen.

Menschen finden ins Leben, weil jemand sie anspricht. Das Leben entdecken und unseren Platz darin finden wir, wenn jemand mit uns spricht, uns beim Namen ruft.

Und bis zuletzt sind wir angewiesen darauf, dass ein Mensch zu uns spricht. Wenn wir, am Ende unseres Weges, zu schwach sind, um selber sprechen zu können, dann hoffen wir doch, dass jemand da ist und zu uns spricht. Dass wir auch dann gehalten und getragen werden von einem Wort, das wir hören.

Ein Wort ist der Anfang. So finden Menschen ins Leben. So finden, die zerstritten waren, wieder zusammen. Ein Wort überwindet das Schweigen. Ein Wort ist die Brücke, der Anfang zu etwas Neuem.

Wie gut, dass Gott redet! Gott bleibt nicht bei sich, sondern sucht Gemeinschaft. Schon das ist etwas Großes. Aber nun bezeugt der Hebräerbrief noch etwas, und das lässt ihn besonders staunen: „Gott hat zu uns geredet durch den Sohn.“

Das ist die gute Nachricht des Festes, damit beginnt eine neue Zeit: „Gott hat zu uns geredet durch den Sohn.“

III. Im Sohn spricht Gott uns an

Gott hat sich mit seinem Sohn Jesus Christus ausgedrückt. So wie es manchmal auch zwischen uns geschieht, wenn wir uns beschenken. Ich habe dann – hoffentlich – den beschenkten Menschen im Blick. Ich schenke etwas, womit er etwas anfangen kann und was ihm Freude macht. Ich zeige mit meinem Geschenk, dass es mir um eine gute Beziehung geht. Ich lege beim Schenken auch etwas von mir selbst mit hinein, lasse aber die nötige Freiheit.

Gut zu schenken ist eine Kunst. Denn es geht ja um Liebe beim Schenken. Es geht mehr um die beschenkte Person, als um die, die schenkt.

„Gott hat zu uns geredet im Sohn“das hören wir heute am Festtag auch so: Wir sind reich beschenkt von Gott. In seinem Sohn schenkt er etwas von sich selbst. Und wir verstehen: Wir Menschen sind ihm wichtig. Wir liegen ihm am Herzen.

IV. Wesen und Weg des Sohnes: lauter Liebe

Dieser Sohn, so heißt es in der Mitte unserer Verse, sei „der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Ebenbild seines Wesens“. Nicht weniger als der göttliche Glanz leuchtet in ihm auf! Die Lichtherrlichkeit des Höchsten, Gottes Ehre und Gewicht: Hier treten sie zutage.

Der Sohn, in dem Gott sich ausdrückt und schenkt, ist ganz und gar von ihm selbst geprägt und erfüllt. Wie ein Siegelabdruck ist der Sohn. Wir sagen: „Schau ihn an: Ganz der Vater“.

Was ist im Sohn Gottes von Gottes Wesen zu sehen? Was drückt sich aus, was leuchtet auf in Gottes Sohn? Zu sehen ist Gottes Wesen. Zu sehen ist seine Liebe.

Niemand anders entspricht Gott so wie der Sohn. Niemand wird je in dieser Weise Gottes Wesen ausdrücken, wie der Sohn es tut. „Gott von Gott, Licht vom Licht“, rühmt ihn das alte Bekenntnis. (1)

Was da geschehen ist, ist nicht mehr zu überbieten. Eine neue Zeit hat begonnen.

Hier geschieht etwas Endgültiges. Das, was bleibend gilt, hat nun begonnen. Mit dieser Geschichte hat Gott sich ausgesprochen. Der Sohn ist sein end-gültiges Wort.

In feierlichen Aussagen stellt der Verfasser des Hebräerbriefes gleich in seinen ersten Versen den Sohn Gottes ins hellste Licht: Den Sohn hat Gott „eingesetzt zum Erben über alles“. Durch den Sohn „hat er die Welt gemacht“. Durch den Sohn wird die Welt gehalten und getragen: „Alle Dinge trägt er mit seinem kräftigen Wort“.

Dass die Welt ist, und dass die Welt besteht: Daran beteiligt Gott den Sohn. Alle seine Absichten, was er plant und tut, vollbringt Gott im Einklang mit ihm.

Und auch die große Störung inmitten der Schöpfung, das Nein der Menschen zu Gottes Willen und Weg, überwindet der Sohn: „Er hat vollbracht die Reinigung von den Sünden.“ Da klingt am Christtag der Karfreitag an. Der Gottessohn schafft Versöhnung, spricht sein Wort: „Es ist vollbracht!“ Das kann nur einer, der mit höchster Autorität ausgestattet ist. Der die Herrlichkeit Gottes in sich trägt, der das liebende Wesen Gottes ausdrückt wie kein anderer neben ihm.

Diesem Sohn, der den Weg ganz in die Tiefe ging, wird dann auch die Ehre zuteil, erhöht zu werden: „Er hat sich gesetzt zur Rechten der Majestät in der Höhe.“

Der Platz zur Rechten Gottes zeigt die Bestimmung des Sohnes: Mit dem Vater zu regieren – und bereit zu sein, Gottes Werk zu vollenden.

V. Höher als die Engel: der Sohn – zusammen mit den Engeln: unser Lob

Zuletzt kommt dem Sohn noch eine besondere Auszeichnung zu: Der Sohn ist erhabener als die Engel. „Er ist so viel höher geworden als die Engel, wie der Name, den er ererbt hat, höher ist als ihr Name.“

Liebe Gemeinde, was wäre das Weihnachtsfest ohne Engel? Der Engel sagt den Hirten, was in dieser Nacht geschehen ist. Der Chor der Engel singt Gott das Lob.

Das ist ihr Auftrag: Dem Höchsten zu dienen, ihm das Lob zu singen. Aber die Engel sind nur Diener Gottes.

Im Lied „Ihr Kinderlein, kommet“ heißt es ja: „Hoch droben schwebt jubelnd der Engelein Chor“. So passt es zum Blickwinkel des Heiligen Abends. Da staunen wir ja darüber, wie Gott als Kind in der Krippe ankommt. Am Heiligen Abend sind die Engel und ihr Jubel der höchste Ton im Lied.

Wenn wir heute mit dem Hebräerbrief das gleiche Geschehen von der anderen Seite aus in den Blick nehmen, sozusagen von der Krippe aus in die höchsten Höhen schauen, dann bemerken wir: Dort, zur Rechten Gottes, sind nicht die Engel. Dort ist Gottes Sohn. Und in diesem Sohn hat Gott zu uns geredet. So verkündet der Hebräerbrief das Weihnachtsevangelium, aus seinem Blickwinkel.

Der Sohn ist gekommen. Glanz von Gottes Glanz, Ebenbild seines Wesens, Weltschöpfer, Welt-Erhalter und Welt-Versöhner. In ihm hat Gott sein Jawort gesprochen.

Loben wir ihn, staunen wir über seine Wege, singen wir zur Ehre seines Namens! Amen.

Anmerkung:
(1) Nicänisches Bekenntnis, EG 805

Eingangsgebet

Leite uns, Gott,
dass wir dein Weihnachten finden:
dein Wunder mitten in unserem Leben.
Lass uns nicht aufgeben, nicht stehen bleiben –
bis uns dein Geheimnis anrührt,
deine Liebe uns umfängt.
Gott, du bist in unsere Welt gekommen
in deinem Sohn Jesus Christus.
Dafür danken wir dir und loben dich.

Stephan Goldschmidt, Denn du bist unser Gott, 2018, S. 48

Fürbittengebet

Treuer Gott und Herr,
gedenke deiner Gemeinde,
die du in Christus aus allen Völkern erworben hast.
Höre ihr Gebet, schenke ihr Einigkeit im Geist.

Erhalte uns dein Wort und den Trost deiner Gegenwart.
Lass deine Gemeinde auf Erden bei dir bleiben.

Gedenke unseres Landes und aller, die uns regieren.
Lass Frieden und Eintracht herrschen
und wehre allem Krieg und allem Unrecht unter den Völkern.

Gedenke der Kinder und ihrer Eltern,
der Alleinstehenden und der Familien,
der Kranken und der Alten,
der Einsamen und Verzagten,
der Trauernden und Verfolgten.
Sende ihnen Hilfe und leite sie auf deinen Wegen.

Bleib uns gnädig zugewandt.
Geh uns voran und lass uns dir folgen.
Führe uns durch die Zeiten
und zur Vollendung in deinem Reich.
Amen.

nach Gottesdienstbuch Württemberg, S.291f.

Verfasser: Pfarrer Markus Granzow-Emden, Burckhardtstr. 75, 70374 Stuttgart


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