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Mut für den Weg durch das Jahr empfangen

von Gerrit Boomgaarden (61191 Rosbach)

Predigtdatum : 01.01.2009
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Neujahrstag
Textstelle : Lukas 4,16-21
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Wochenspruch:

Alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater durch ihn (Kolosser 3,17)

Psalm: 8 (EG 705)

Lesungen

Altes Testament:
Josua 1, 1 – 9
Epistel:
Jakobus 4, 13 – 15
Evangelium:
Lukas 4,16 – 213

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 62
Jesus soll die Losung sein
Wochenlied:
EG 65
Von guten Mächten
Predigtlied:
EG 347
Ach bleib mit deiner Gnade
Schlusslied:
EG 44
O du fröhliche

Vorwort:
Die Situation des Neujahrtages ist der Übergang und der Anfang. Wir kommen vom vergangenen Jahr her und gehen in ein neues Jahr hinein. Für viele Menschen ist das eine gute Möglichkeit zum Anhalten und Innehalten, zum Nachdenken und Ziele setzen. Das nimmt die folgende Predigt auf und verbindet es mit Situation und Inhalt der sog. Antrittspredigt Jesu in Nazareth, mit der dessen öffentliche Tätigkeit begann. Jesu Umsetzung dieses Programms mithilfe ständiger Kontaktaufnahme zu seinem Vater und die Gnadenverkündigung für uns Menschen sind die beiden Kernaussagen der Predigt.

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen. Amen.

Liebe Gemeinde!
Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte:
Im nächsten Leben würde ich versuchen, mehr Fehler zu machen.
Ich würde nicht mehr so perfekt sein wollen.
Ich würde mich mehr entspannen.
Ich wäre ein bisschen verrückter, als ich es gewesen bin.
Ich würde viel weniger Dinge so ernst nehmen.
Ich würde mehr riskieren, würde mehr reisen, Sonnenuntergänge betrachten, mehr bergsteigen, mehr in Flüssen schwimmen.
Ich war einer dieser klugen Menschen, die jede Minute ihres Lebens fruchtbar verbrachten.
Freilich hatte ich auch Momente der Freude, aber wenn ich noch einmal anfangen könnte, würde ich versuchen, mehr gute Augenblicke zu haben.
Falls du es noch nicht weißt: Aus diesen besteht nämlich das Leben, nur aus Augenblicken.
Vergiss nicht den jetzigen.
Wenn ich noch einmal leben könnte, würde ich von Frühlingsbeginn an bis in den Spätherbst hinein barfuss gehen.
Und ich würde mehr mit Kindern spielen, wenn ich das Leben noch vor mir hätte.
Aber sehen Sie, jetzt bin ich 85 Jahre alt und weiß, dass ich bald sterben werde.

Soweit Sätze von dem Schriftsteller Jorge Luis Borges, die 1983 auf Deutsch veröffentlicht wurden.
Wenn ich noch einmal leben könnte, dann würde ich vieles anders machen. Das kennen wir. Wir schauen zurück und spüren, dass wir uns überfordert haben, dass wir Prioritäten falsch gesetzt haben, dass wir uns mehr Zeit für Kinder und den Partner hätten nehmen sollen usw. Ja, es ist gut, inne zu halten und zurück zu schauen, auch wenn es weh tut und schmerzt. Aber dann ist es gut auch nach vorne zu schauen und sich zu fragen: Was kann ich jetzt verändern, damit ich nicht am Lebensende dastehe und mir Vorwürfe machen muss? Was kann ich jetzt modifizieren? Was kann ich jetzt intensivieren? Wo kann ich Prioritäten besser setzen?
Es ist gut, sich immer wieder diese Fragen u stellen und die Zeit der Jahreswende ist sicher eine besonders gute Zeit dafür. In diesen Tagen spüren wir zum einen in besonderer Weise, dass Zeit vergeht und uns zwischen den Fingern zerrinnt. Und zum anderen sind diese Tage für die meisten Menschen etwas unaufgeregter und ruhiger als der Rest des Jahres. So ist diese Zeit eine gute Gelegenheit, Dinge Revue passieren zu lassen und Perspektiven zu entwickeln. Und wenn es das Beste gewesen wäre, schon viel länger etwas verändert zu haben, so ist es das zweitbeste, es jetzt zu tun. Und so setzen sich viele Menschen Ziele für das neue Jahr. Was haben Sie sich vorgenommen? Wo wollen Sie sich verändern oder etwas verändern? Was ist ihr Ziel? Notieren Sie sich das irgendwo, sei es im Tagebuch oder an der Pinnwand oder am Kühlschrank. Es ist eine gute Hilfe.
Jesus hatte seine Ziele auch schriftlich vorliegen, als er seine aktive Tätigkeit begann. Er machte sie öffentlich und konnte so sich selbst an ihnen messen und von anderen an ihnen messen lassen. Er ging dazu in die Synagoge, das jüdische Gotteshaus, und las eine Stelle aus dem Alten Testament vor, der Bibel der Juden. Ich lese den für den Neujahrstag vorgeschlagenen Predigttext aus dem 4. Kapitel des Lukasevangeliums, die Verse 16-21:

16 Jesus kam nach Nazareth, wo er aufgewachsen war, und ging nach seiner Gewohnheit in die Synagoge und stand auf und wollte lesen. 17 Da wurde ihm das Buch des Propheten Jesaja gereicht. Und als er das Buch auftat, fand er die Stelle, wo geschrieben steht:
18 ‚Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat, zu verkündigen das Evangelium den Armen; er hat mich gesandt, zu predigen den Gefangenen, dass sie frei sein sollen, und den Blinden, dass sie sehen sollen, und den Zerschlagenen, dass sie frei und ledig sein sollen, 19 zu verkündigen das Gnadenjahr des Herrn.’
20 Und als er das Buch zutat, gab er’s dem Diener und setzte sich. Und aller Augen in der Synagoge sahen auf ihn. 21 Und er fing an, zu ihnen zu reden: Heute ist diese Wort der Schrift erfüllt vor eueren Ohren.

Diesen Abschnitt beinhaltet die Antrittspredigt Jesu in Nazareth. Es war sein erster öffentlicher Auftritt. Er fand in der Synagoge statt und erregte ungeheures Aufsehen. Stellen Sie sich vor, Sie wären als Bewohner von Nazareth mit dabei gewesen. Jesus liest einen Text aus dem Alten Testament vor und hält dann seine Predigt: „Der, von dem Jesaja gesprochen hat, der bin ich!“ – Ich weiß nicht, ob ich in Jubel ausgebrochen wäre oder ob sich nicht vielmehr Gedanken und Gefühle der Skepsis und des Mistrauens eingestellt hätten. Vielleicht hätte ich gedacht: „Jetzt bleib mal hübsch auf den Boden der Tatsachen.“ Aber rückblickend wissen wir, dass die Tatsachen Jesus bestätigt haben, dass er wirklich nach diesem Programm gelebt und gehandelt hat. Jesus erfüllt, was im Alten Testament im Blick auf ihn vorausgesagt war.
Aber er konnte das nicht allein. Er hat nicht aus sich selbst heraus so predigen und so heilen können. Dann wäre er bei all den Anfeindungen und Ablehnung, bei aller Skepsis der Menschen mit Sicherheit gescheitert. Aus sich selbst heraus wäre er zu schwach gewesen. Deshalb hat er immer wieder neue den Kontakt zu seinem Vater gesucht. Immer wieder lesen wir davon, dass er sich frühmorgens zurück zog zum Beten und zur Stille, sozusagen zum Auftanken und Vergewissern seines Auftrages. Nur damit konnte er das durchstehen, was auf ihn zukam. Die ständige Verbindung zu Gott, seinem Vater, der Kraftquelle und Tankstelle, war sein Geheimnis, nach diesem Programm zu leben und es umsetzen zu können.
Für uns heute am Anfang des neuen Jahres ist es gut zu sehen, wie es Jesus gemacht hat, ihn sozusagen als Vorbild für unsere Vorhaben zu nehmen. Ich weiß nicht, was Sie sich vorgenommen haben, was Sie umsetzen wollen, was sie intensivieren wollen usw. Als Christinnen und Christen wissen wir, dass für unseren Glauben und unser Leben die Verbindung zu Gott entscheidend ist. Davon leben wir, davon bekommen wir Inspiration, Kraft und Mut, Durchhaltevermögen und genügend Selbsterkenntnis, vielleicht auch die Erkenntnis, dass die selbstgesteckten Ziele nicht die richtigen sind, also Korrektur.
Die Verbindung zu Gott wird uns dazu helfen in diesem neuen Jahr bei all den Dingen, die von außen auf uns zukommen und die wir nicht beeinflussen können, sei es Schönes oder Schweres. Jesus ermutigt uns, uns Ort und Zeiten zu suchen zum Innehalten, zum Auftanken: Sei es der Gottesdienst oder der Haus- bzw. Gesprächskreis, das Lesen der Losungen oder der Neukirchener Kalender, sei es eine stille Ecke im Haus oder der Wohnung, sei es das regelmäßige Gebet. Sie wissen selbst am besten, was Ihnen gut tut. Wir brauchen regelmäßige und beständige Kontaktstellen zu Gott, so wie Jesus sie auch hatte. Gott hält viel Gutes für uns bereit.
Aber Jesus ist mehr als nur ein Vorbild für uns. Er ist gleichzeitig auch der Herr, der zu uns spricht. Er gehört nicht nur auf die Seite von uns Menschen, sondern auch auf Gottes Seite. Von ihm her kam er und zu ihm geht er wieder zurück. Durch ihn redete und wirkte Gott in einer unvergleichlichen Vollmacht. Er war selbst die Erfüllung der Worte in Person, wenn er sagt: „Heute ist dieses Wort der Schrift erfüllt vor euren Ohren.“ Gott redet mit diesen Worten auch zu uns. Deshalb hören wir noch einmal genau auf Jesu Worte: „Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat, zu verkündigen den Armen das Evangelium; er hat mich gesandt, zu predigen den Gefangene, dass sie frei sein sollen, und den Blinden, dass sie sehen sollen, und den Zerschlagenen, dass sie frei und ledig sein wollen, zu verkündigen das Gnadenjahr des Herrn.“ Und ganz am Ende des Abschnittes heißt es: „Und sie wunderten sich, dass solche Worte der Gnade aus seinem Mund kamen.“
Es sind Sätze, die nichts mit Selbstverwirklichung und hohen Zielen zu tun haben, sondern die sich ganz und gar auf Menschen in Not beziehen, Menschen, die Hilfe brauchen. Es sind Worte der Gnade, deren Erfüllung Jesus selbst ist, es sind Worte auch für uns. Gnade kann ich mir selbst nicht zusprechen. Das kann nur jemand anders für mich tun. Sie ist etwas wie unverdientes Glück. Und so gelten diese Worte Jesu und damit sein Auftrag auch uns. Er ist auch für uns gekommen, um uns stets neu die gute Nachricht des liebenden Gottes zu zuzusprechen, uns von allen falschen Bindungen frei zu machen. Er ist gekommen, uns offene Augen zu schenken für uns selbst und für andere. Er will uns nicht liegen lassen, wenn wir in diesem Jahr Niederlagen, Scheitern, Rückschlägen und Leid erleben. Er will uns helfen wieder aufzustehen, weiter zu machen und weiter zu leben. Wir sind gemeint und angesprochen. Es sind Worte der Gnade über unserem Leben und über diesem Jahr mit all den Vorhaben, Plänen und Zielen. Lassen Sie uns diese Worte hören und bewahren: Gott schenkt uns in Jesus seine Gnade, unverdientes Glück. So kann dieses Jahr wie im Text ausgedrückt für uns ein Gnadenjahr werden.
„Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte, dann würde ich vieles anders machen“, so begann der Text von Jorge Luis Borges am Anfang der Predigt. Lassen Sie uns für dieses Jahr das verändern, was wir verändern können, das akzeptieren und hinnehmen, was wir nicht verändern können, und lernen, das eine vom anderen zu unterscheiden. Lassen Sie uns bei allem, was kommt, an der Kraftquelle Gottes dranbleiben wie Jesus es getan hat. Wir dürfen darauf vertrauen, dass es für dieses Jahr genug Gnade für uns gibt, denn Jesus ist aus Liebe zu uns gekommen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herr. AMEN

Verfasser: Pfarrer Gerrit Boomgarden, Bergstraße 10, 61191 Rosbach v.d.H.

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