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Mut für den Weg durch das Jahr empfangen

von Eckart Stief (Kaiserslautern)

Predigtdatum : 01.01.2018
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Neujahrstag
Textstelle : Josua 1,1-9
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Wochenspruch:
"Alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater durch ihn." (Kolosser 3, 17)
Psalm: 8 (EG 705)

Lesungen
Reihe I: Lukas 4, 16 - 21
Reihe II: Jakobus 4, 13 - 15
Reihe III: Johannes 14, 1 - 6
Reihe IV: Josua 1, 1 - 9
Reihe V: Sprüche 16, 1 - 9
Reihe VI Philipper 4, 10 - 13 (14 - 20)

Liedvorschläge
Eingangslied: EG 58, 1 - 6 Nun lasst uns gehn und treten
Wochenlied: EG 425, 1 - 3 Gib uns Frieden jeden Tag
Predigtlied: EG 65, 1 - 4 Von guten Mächten
Schlusslied: EG 331, 9 - 11 Sieh dein Volk in Gnaden an


Predigttext Josua 1, 1 – 9
Vorbereitung für den Einzug in das verheißene Land
Lass dir nicht grauen, entsetze dich nicht
1 Nachdem Mose, der Knecht des Herrn, gestorben war, sprach der Herr zu Josua, dem Sohn Nuns, Moses Diener:
2 Mein Knecht Mose ist gestorben; so mach dich nun auf und zieh über den Jordan, du und dies ganze Volk, in das Land, das ich ihnen, den Israeliten, gebe.
3 Jede Stätte, auf die eure Fußsohlen treten werden, habe ich euch gegeben, wie ich Mose zugesagt habe.
4 Von der Wüste bis zum Libanon und von dem großen Strom Euphrat bis an das große Meer gegen Sonnenunter-gang, das ganze Land der Hetiter, soll euer Gebiet sein.
5 Es soll dir niemand widerstehen dein Leben lang. Wie ich mit Mose gewesen bin, so will ich auch mit dir sein. Ich will dich nicht verlassen noch von dir weichen.
6 Sei getrost und unverzagt; denn du sollst diesem Volk das Land austeilen, das ich ihnen zum Erbe geben will, wie ich ihren Vätern geschworen habe.
7 Sei nur getrost und ganz unverzagt, dass du hältst und tust in allen Dingen nach dem Gesetz, das dir Mose, mein Knecht, geboten hat. Weiche nicht davon, weder zur Rech-ten noch zur Linken, auf dass du es recht ausrichten kannst, wohin du auch gehst.
8 Und lass das Buch dieses Gesetzes nicht von deinem Mun-de kommen, sondern betrachte es Tag und Nacht, dass du hältst und tust in allen Dingen nach dem, was darin ge-schrieben steht. Dann wird es dir auf deinen Wegen gelin-gen, und du wirst es recht ausrichten.
9 Habe ich dir nicht geboten: Sei getrost und unverzagt? Lass dir nicht grauen und entsetze dich nicht; denn der Herr, dein Gott, ist mit dir in allem, was du tun wirst.

I.
Sie heißen Salah, Fahmi, Hasan oder Obada und kommen aus Hebron, Jenin, Nablus oder Gaza. Sie sind Palästinenser und studieren bei uns in Deutschland an Unis und Hochschu-len.
Über ihre Heimat, einem Land, das es gibt, aber das interna-tional von vielen Staaten nicht anerkannt ist und das von Israel kontrolliert wird, wissen sie viel zu berichten – viel zu viel, und täglich kommt Neues hinzu.

Wohlhabend sind die Menschen dort nicht, sie fühlen sich eingesperrt hinter einer hohen Mauer. Es bedarf immenser Anstrengungen der Familien, ihre begabten Kinder im Aus-land studieren zu lassen – und doch tun sie das Richtige: sie setzen auf Bildung.

II.
„Lass dir nicht grauen, entsetze dich nicht!“ – Derjenige, dem diese aufmunternden Worte zugesprochen werden, formuliert und festgehalten von Priestern und Gelehrten in Israels späterer Zeit, vielleicht im Babylonischen Exil, ist ein Mann der vorstaatlichen Zeit. Sein Name ist Josua, hebräisch Jehoschua – auch Jesus trägt diesen Namen.

Mit Josua verbindet sich für die, die biblische Geschichten kennen, die so genannte Landnahme der zwölf israelitischen Stämme. Unter Führung von Mose waren sie aus Ägypten, wo sie Sklavendienste leisten mussten, geflohen, verfolgt vom Pharao mit seinen Streitkräften. Und nach einer Jahr-zehnte langen abenteuerlichen Wanderung durch Wüste und Steppe standen sie an der Grenze des Landes, das einstmals Kanaan genannt wurde – ein alter Name für Gesamtpalästi-na, Kanaanäer war die Bezeichnung für dessen Bewohnerin-nen und Bewohnern vor der Landnahme. Mose starb alt und hochbetagt, Josua – davon berichtet das letzte Kapitel im 5. Buch Mose – wurde von ihm zum Nachfolger bestimmt.

Unser Text setzt an dieser Stelle ein.
Der historische Josua war ein Angehöriger des Stammes Ephraim, zweifellos eine Führungsfigur. Ob er wirklich der große Nationalheld und mächtige Krieger war, als den ihn das heutige Josuabuch beschreibt, darf bezweifelt werden. Viele sehen ihn eher als eine Art Schlichter, wenn es um Streitigkeiten und Stammesbeschwerden ging.

Gleichwohl, kein leichter Job in diesen wirren Zeiten: den Zuspruch „Lass dir nicht grauen, entsetze dich nicht!“ wird er sicher gerne vernommen haben. Erfolg, und jetzt auch über-tragen auf Landnahme und Landverteilung, wird ihm ver-sprochen, wenn er sich streng an die Buchstaben des jüdi-schen Gesetzes hält: „Betrachte es Tag und Nacht, dass du hältst und tust in allen Dingen nach dem, was darin geschrie-ben steht ...“
Hier sprechen Priester.

III.
Gott an der Seite der Krieger: die zwölf Stämme ziehen über den Jordan, Priester tragen die Bundeslade mit den Geset-zestafeln, Jericho wird erobert und zerstört, die Stadt Ai folgt darauf und so geht es weiter – das ganze Land in der Hand Israels.

Ein junger Theologiestudent unserer Tage gräbt mit seinem Professor, einem biblischen Archäologen, und mit Studieren-den aus aller Welt eine eisenzeitliche Siedlung in Südisrael aus. Wie staunt er, als er erfährt, dass der Ort gar nicht befestigt war – damals in der Zeit Josuas. Das bestätigt die Annahme, dass die Landnahme weitgehend friedlich erfolgte, durch nomadische Stämme im Zuge des Weidewechsels ihrer Herden. Die Forschung spricht von Transmigration, also all-mählicher Eingliederung.

Ihren eigenen Glauben an den einen Gott brachten sie freilich mit und sie haben ihn fortan behalten – bis in die Zeit Jesu und bis in unsere Zeit.

Der Nahost-Konflikt, das ist heute, und er ist im Grunde ge-nommen sehr alt. Er stellt eines der vielen ungelösten politi-schen Probleme dar, mit denen wir auch in diesem neuen Jahr 2018 konfrontiert bleiben. Er beschäftigt Staatslenken-de, zivilgesellschaftliche Organisationen und Privatpersonen. Nicht wenige sagen, er sei gar der Schlüssel für die Lösung anderer weltpolitischer Fragen.
Fest steht: dieser Konflikt ist eine Schande. Wegsehen ge-lingt nicht.

Orthodoxe Juden beten an der Klagemauer in Jerusalem zu JHWH (sprich: Jahwe), bitten womöglich um das ganze Land zwischen Euphrat und Mittelmeer – gemäß der an Josua ge-richteten priesterlichen Zusage.

Fromme Sunniten beten in der Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg in der Jerusalemer Altstadt zu Allah, dass alle Jüdinnen und Juden das nach diversen Kriegen „unrechtmä-ßig“ besetzte Land verlassen mögen.

So kann es nicht gehen. Rückwärts gewandtes Denken bietet keine Lösungen.

Ungelöste globale Probleme – gewiss nicht nur in Nahost – bringen Menschen dazu, in Resignation zu versinken, sich abzuwenden, der Politik zu misstrauen – oder Lösungen durch Ausgrenzung und Gewalt zu suchen und im Extremfall Terror zu verbreiten.
Was würde Jesus dazu sagen?

IV.
„Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen.“ Dieser Satz klingt im Ohr. Er stammt aus der Bergpredigt (Mt 5, 44 a), er provoziert.

Mit dieser Ansicht, mit der Vision der bedingungslosen Fein-desliebe, kann man keine Politik machen, sagen viele. Und natürlich hat der Staat die Aufgabe, vornehmlich Menschen zu schützen. Dabei muss er in Grenzfällen auch Gewalt ein-setzen können – Beispiele gibt es zuhauf.
Aber man kann damit leben, im Privaten damit beginnen. Man kann es immer wieder versuchen, auch im beginnenden Jahr 2018. Man muss es mit dem Herzen wollen.
Und natürlich kann man wie Jesus damit scheitern. Tut so, fügt er hinzu, „damit ihr Kinder seid eures Vaters im Him-mel“. (V. 44 b)

Wie zäh und mühsam ist doch der Prozess des Aufeinander-zugehens von Juden und Jüdinnen, Muslims und Muslimas, Christen und Christinnen im Alltag – das, was wir interreligiö-sen oder interkulturellen Dialog nennen. Doch wir müssen akzeptieren: alle Menschen sind Kinder des Vaters im Him-mel – wirklich alle. Von Gott so gewollt.

Und keine Religion steht über der anderen. Zum Schutz der Menschen durch den Staat gehört auch die Religionsfreiheit. Niemandem darf vorgeschrieben werden, was er oder was sie zu glauben hat oder nicht zu glauben hat. Religion ist Pri-vatsache.
Eine solche Einsicht hat Konsequenzen.


V.
Salah, Fahmi, Hasan und Obada sind Muslims – sie sind das, weil sie in Palästina geboren und so erzogen wurden. Sie sind freundliche Repräsentanten einer neuen Generation von jun-gen Menschen, die eine gute Schulbildung genießen, sich poli-tisch weder von PLO noch von Hamas aufhetzen lassen, die eine eigene Meinung besitzen. Sie glauben an eine bessere Zukunft für sich persönlich und für das kleine Land, das sich zwei Völker teilen müssen. Wie immer auch diese Zukunft aussehen mag.

„Lass dir nicht grauen, entsetze dich nicht!“, man könnte meinen, dass dieser Zuspruch auch für sie gilt. Als spätere Ingenieure, Ärzte oder Lehrer werden sie dazu beitragen, dass sich ihre Heimat weiterentwickelt – friedlich, ohne reli-giöse Bevormundung, voller Hoffnung.

Gott hat mit diesem Land noch mehr vor: wir dürfen beten, helfen, erwartungsvoll nach vorn blicken, staunen.

Verfasser: Eckart Stief
Studierenden- und Hochschulpfarrer
ESG-Zentrum TU Kaiserslautern
Hermann-Hesse-Straße 50, 67663 Kaiserslautern

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