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Nachfolge

von

Predigtdatum : 07.03.1999
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Reminiszere
Textstelle : Markus 12,41-44
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Wochenspruch:

Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes. (Lukas 9,62)

Psalm: 34,16-23 (EG 718)

Lesungen

Altes Testament:
1. Könige 19,1-8 (9-13a)
Epistel:
Epheser 5,1-8a
Evangelium:
Lukas 9,57-62

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 440
All Morgen ist ganz frisch und neu
Wochenlied:
EG 82
oder EG 96
Wenn meine Sünd’ mich kränken
Du schöner Lebensbaum des Paradieses
Predigtlied:
EG 396
oder EG 632
Jesu, meine Freude
Wenn das Brot, das wir teilen
Schlußlied:
EG 170
Komm, Herr, segne uns

Zur Exegese:
Die Geschichte ist eine „ideale Szene“ (Gnilka, EKK z. St.) Die Szene ist geradezu lehrbuchhaft, deshalb werden die Jünger herbeigerufen, denn sie sollen aus der Begebenheit lernen. Es ist kein Interesse daran erkennbar, wie Jesus so hat beobachten können, wieviel die Menschen geben.
Das Thema ist nicht die Eitelkeit derer, die viel geben und dabei gesehen werden wollen, sondern zentrales Thema ist, daß sie wenig geben in Relation zu ihrem Besitz. Das rabbinische Sprichwort „Je nach dem Kamel die Last“ (s. Gnilka, EKK z.St.) zeigt an, daß die Reichen in Relation zu ihrem Reichtum viel zu wenig geben, ihre Last ist federleicht, die der Witwe angemessen.
Der Kontext legt aber die Intention nahe, daß die Reichen ihre relativ großzügigen Gaben geben, um religiös Eindruck zu schinden. In Mk 12,40 kritisiert Jesus das Verhalten der Gesetzeslehrer, deren Gebete eine Darstellung nach außen sind, aber deren Verhalten gerade den Witwen (!) gegenüber unehrlich und betrügerisch ist. In der Geschichte selbst wird dieser Akzent der öffentlichen Selbstdarstellung jedoch nicht betont.
Die Verse 43b und 44a sind die eigentliche Pointe. Das Verhalten der Witwe zeigt an, wie kleinlich und ärmlich das vermeintliche große Opfer der Reichen in Wirklichkeit ist.
Der Schlußvers 44b legt einen ergänzenden Akzent dazu: Die Witwe gab alles, den ganzen Lebensunterhalt. Nicht die Relativität der Gabe zum Besitz des Gebers wird zum Thema, sondern das Thema Vertrauen wird hiermit stärker betont. Die Witwe zeigt ihr Vertrauen zu Gott, indem sie alles gibt, was ihr zum Leben noch bleibt.

Liebe Gemeinde,
ich stelle Ihnen zu Beginn eine schwere Frage. Waren Sie gerne in der Schule? Ich meine richtig gern? Hat sie Ihnen Spaß gemacht? Und was hat Ihnen Spaß gemacht? War es nicht eher der erste Kuß auf dem Schulhof oder die erste Zigarette verboten hinter dem Schulgebäude gepafft? im Ernst: Hat Ihnen das Lernen Spaß gemacht? Wahrscheinlich war das eher nicht der Fall. Wahrscheinlich haben Sie, so wie viele, die beiden größten Sünden schlechter Pädagogik kennenlernen und ertragen müssen: Lernen erstens mit Langeweile und zweitens aus Angst.
Oder hat es sie doch gegeben: Die Momente, in denenGroschen hörbar gefallen sind, die Geistesblitze, in denen Funken übergesprungen sind: Lernen, das Spaß macht. Heureka, ich hab’s kapiert. Ich kann eine andere Sprache; die Welt der Naturwissenschaft ist faszienierend, was man da entdecken kann; und dieses Gedicht von Hermann Hesse, das geht mir ganz schön nach. Die Frage, ob man für die Schule oder für das Leben lernt, erübrigt sich dann.
Jesus von Nazareth war Zimmermannssohn. Er hat dieses Handwerk von seinem Vater Josef gelernt. Aber als er 30 Jahre alt war, ist er Lehrer geworden.
Da hat er nicht als erstes einen Klassensaal gebaut mit einer schwarzen Tafel, sondern ist mit seinen Freunden losgezogen. Diese Freunde heißen in der Bibel Jünger, eigentlich „Mathätai“, das heißt Schüler. Im Englischen übersetzt mit „disciples“, darin steckt das Wort Disziplin.
Was Jesus mit seinen Freunden gemacht hat, war eine spannende Lebensschule, in der die Groschen gefallen und die Funken übergesprungen sind. Jesus ist mit seinen Jüngern durch die engen Städte Israels gezogen und sie haben die Menschen beobachtet und immer wieder hat er sie herbeigerufen, ihnen die Augen aufgemacht: Schnell, jetzt könnt Ihr es sehen.
Heute morgen geht es um so eine Geschichte aus der Lebensschule Jesu. In ein paar Sekunden ist sie schon wieder vorbei. Passen Sie auf, damit Sie hören, wie der Groschen fällt!
41 Und Jesus setzte sich dem Gotteskasten gegenüber und sah zu, wie das Volk Geld einlegte in den Gotteskasten. Und viele Reiche legten viel ein. 42 Und es kam eine arme Witwe und legte zwei Scherflein ein; das macht zusammen einen Pfennig. 43 Und er rief seine Jünger zu sich und sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr in den Gotteskasten gelegt als alle, die etwas eingelegt haben. 44 Denn sie haben alle etwas von ihrem Überfluß eingelegt; diese aber hat von ihrer Armut ihre ganze Habe eingelegt, alles, was sie zum Leben hatte.
Schnell kommt her! Da schaut! Aus einiger Distanz hat Jesus seine Schüler herbeigerufen, damit dieser kostbare Moment, in dem sie mehr begreifen als in vielen Schulstunden, nicht vorübergeht. Seht die Witwe: Was sie hinein gelegt hat, war viel mehr als das viele Geld der Reichen! Einige der Jünger haben wie immer ungläubig geschaut: Äh, das verstehe ich nicht, das waren doch nur zwei Pfennig!
Andere, die Streber, werden sofort mit Notizbuch und Bleistift aufgeschrieben haben, was Jesus gesagt hatte, ohne kapiert zu haben.
Einige werden mit offenen Augen gestaunt haben, weil sie im Kopf und im Herz etwas begriffen haben. Was die Witwe gegeben hat, war mehr, obwohl es doch so wenig war? Höchste Zeit für uns, darüber nachzudenken!
Die erste Frage: Was ist das Geld wirklich wert, wenn wenig mehr sein kann als viel ? Und die zweite Frage: Was sind hinter der Fassade des Geldes denn die Menschen wert? Kann es sein, daß wir so oft auf die Nase fallen, weil der Geld-Schein trügt?
1. Frage: Was ist das Geld wert?
Nun kommt ja bald der Euro. Die geliebte D- Mark geht nach gut 50 Jahren in den Vorruhestand, und ein neues Geld gilt von Portugal bis Skandinavien.
Haben Sie Angst davor? Geld ist Vertrauenssache. Der Bank vertraue ich mein Geld an. Manchmal erinnern sich ältere Menschen daran, wie das war in den 20er Jahren, als das Geld nichts wert war in der Inflationszeit, wie Scheine mit Billionen am nächsten Tag nur noch Papierwert hatten. Was das Geld einem wert ist, merkt man dann, wenn man es zu verlieren droht.
Die arme Witwe, die Jesus am Tempel entdeckt hatte, hatte nichts mehr zu verlieren. Das, was sie dabei hatte, war alles, was ihr geblieben war. Und sie wirft die zwei kleinen Geldmünzen, ein - lächerlich wenig.
Das, was die reichen Männer gegeben haben, war zwar ordentlich, aber gemessen an ihrem Besitz eigentlich nur „Peanuts“, nicht der Rede wert. Manchmal ist man ja froh, wenn man das Kleingeld aus dem Portemonnaie rausbekommt, damit es nicht so drückt... So ähnlich mag es gewesen sein.
Doch für die arme Frau, die als Witwe keine Staatsrente bekam, keiner Sozialfürsorge sicher sein konnte, von der Liebe ihrer Kinder lebte, wenn sie welche hatte, oder von den Almosen der Leute, wenn sie welche bekam, war das Winzige alles. Es war ihre ganze Vermögensrücklage und wenn sie das gab, legte sie ihr Leben in Gottes Hand. Geld hat mit Vertrauen zu tun. Das, was diese Frau tat, war ein Vertrauensbeweis Gott gegenüber.
Gott sieht unser Geld mit seinen Augen. Er hat schon viele Währungen kommen und gehen sehen. Geld hat einen anderen Wert für ihn.
Natürlich - zum Unterhalt des Tempels haben diese zwei winzigen Münzen nichts beigetragen. Das zu behaupten, wäre sozialromantischer Kitsch. Es war so gut wie nichts. Die Gelder der Reichen haben den Betrieb aufrechterhalten, für die Gehälter gesorgt und die Löcher im Dach gedeckt. (Doch wenn Sie am Ausgang in die Kollekte nun auch nur einen Pfennig legen, so wie die arme Witwe, haben sie eher alles mißverstanden.)
Bei Gott hat alles einen anderen Wert. Er sieht hinter die mit Geld gestaltete Kulisse und sieht, ob da Geld im Überfluß und Vertrauen ist.
Die Zukunft der Kirche wird immer mehr davon abhängen, ob Menschen ihr Geld im Vertrauen geben, daß eine gute Arbeit geschieht, die Menschen dient, Menschen froh macht. Wenn die Kirche Zukunft haben will, braucht sie Gelder von der Qualität dessen, was die Witwe gegeben hat. Die Zukunft der Kirche wird auch davon abhängen, ob Menschen da sind, die sich und ihr Geld mit Hingabe und Vertrauen einsetzen.
Es gibt ein altes Sprichwort, daß Geld nicht stinkt. „Non olet“, sagen die Lateiner. Das mag sein, auf die Summe kommt es an. Aber Jesus ruft uns, so wie die Jünger hinzu, die Dinge noch einmal anders zu sehen. Es gibt viel Geld, das ist wenig wert und wenig, das ist viel wert.
2. Was ist der Mensch wert?
Jesus hat die Jünger so eilig hergerufen, weil sich hinter dem Geld Menschen verbergen. Mit Geld kann man eine perfekte Maske gestalten. Und diese Maske wirkt, je nach Geschmack anziehend und elegant oder neureich und plump.
Der Reichtum einer englischen Lady und der Reichtum eines dubiosen Waffenhändlers unterscheiden sich. Das eine finden wir faszinierend, - so reich und trotzdem so bescheiden - das andere ekelhaft - Geld verdirbt den Charakter.
Und Jesus ruft die Jünger zu sich, um ihnen etwas zu zeigen: Durch die Maske hindurch sehen, die Kulisse herunterreißen. Auf was kommt es wirklich an? Es gibt Menschen, die können sich durch ihr Geld eine vornehme Ausstattung leisten, mit einem Äußeren umgeben, das treffsicheres Stilempfinden, Eleganz und guten Umgang verheißt. Die Maske kann glänzen, aber dahinter kann sich ein Mensch verbergen, der sich nichts mehr wünscht, als auch einmal ohne alles Brimborium akzeptiert und geliebt zu werden. Hinter der Maske kann ein Mensch stecken voller Unsicherheiten und Fragen.
Und es gibt Menschen, die können sich schlecht verkaufen. Bei der Entscheidung, ob guter oder schlechter Geschmack, werden sie immer daneben greifen und sich mit viel Kitsch umgeben. Sie haben kein großes Vermögen und vermögen es auch nicht, etwas Tolles darzustellen. Und wir denken: Dahinter muß sich ein armer Charakter verbergen.
Wir werden magnetisch vom Glanz angezogen, bewerten Menschen nach ihrem Äußeren, nach ihrem Auftreten.
Und oft werden wir nach einiger Zeit enttäuscht, wenn das Äußere nicht hält, was es verspricht, und manchmal sind es wir selbst, die auf diese Art andere enttäuschen.
Oft entgeht uns die Einsicht, daß die vermeintlichen Mauerblümchen Orchideen sind, die nur keiner in die Sonne gestellt und gegossen hat.
* Jetzt haben Sie einer ganzen Predigt zugehört. Aber das ist noch keine Lebensschule. Die fängt gleich an, wenn Sie sich bei der Kollekte verwirrt fragen, wieviel denn jetzt mehr ist. Viel oder wenig? Und die Lebensschule geht nach dem Gottesdienst weiter. Gehen sie doch einfach beim Kirchencafé mal auf jemand zu, den Sie noch nicht kennen und fragen ihn oder sie, was er oder sie die Woche über so gemacht hat. Wahrscheinlich werden Sie lange reden.
Oder Sie nehmen sich diese Woche einmal vor, mit zwei Menschen zu reden, die sie bislang als Mauerblümchen links haben liegen lassen. Vielleicht werden Sie nächste Woche noch Orchideen blühen sehen. Amen.

Verfasser: Pfr. Andreas Klein, Goethestr. 7, 64367 Mühltal

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