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Sieghafter Glaube

von Manfred Wiefel (99084 Erfurt)

Predigtdatum : 03.10.2004
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 15. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Römer 10,9-17.(18)
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Wochenspruch:

Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat. (1. Johannes 5,4)

Psalm: 25,8-15 (EG 713)

Lesungen

Altes Testament:
Jesaja 49,1-6
Epistel:
Römer 10,9-17 [18]
Evangelium:
Matthäus 15,21-28

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 452
Er weckt mich alle Morgen
Wochenlied:
EG 346
Such, wer da will, ein ander Ziel
Predigtlied:
EG 343
oder EG 374
Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ
Ich steh in meines Herren Hand
Schlusslied:
EG 145
Wach auf, wach auf, du deutsches Land

9 Wenn du mit deinem Munde bekennst, dass Jesus der Herr ist, und in deinem Herzen glaubst, dass ihn Gott von den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet. 10 Denn wenn man von Herzen glaubt, so wird man gerecht; und wenn man mit dem Munde bekennt, so wird man gerettet. 11 Denn die Schrift spricht (Jesaja 28,16): »Wer an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden.« 12 Es ist hier kein Unterschied zwischen Juden und Griechen; es ist über alle derselbe Herr, reich für alle, die ihn anrufen. 13 Denn »wer den Namen des Herrn anrufen wird, soll gerettet werden« (Joel 3,5).
14 Wie sollen sie aber den anrufen, an den sie nicht glauben? Wie sollen sie aber an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie aber hören ohne Prediger? 15 Wie sollen sie aber predigen, wenn sie nicht gesandt werden? Wie denn geschrieben steht (Jesaja 52,7): »Wie lieblich sind die Füße der Freudenboten, die das Gute verkündigen!« 16 Aber nicht alle sind dem Evangelium gehorsam. Denn Jesaja spricht (Jesaja 53,1): »Herr, wer glaubt unserm Predigen?« 17 So kommt der Glaube aus der Predigt, das Predigen aber durch das Wort Christi.
[18 Ich frage aber: Haben sie es nicht gehört? Doch, es ist ja »in alle Lande ausgegangen ihr Schall und ihr Wort bis an die Enden der Welt« (Psalm 19,5).]

Liebe Gemeinde!
Haben Sie schon einmal „durchgehört“? Sie wissen nicht, was das ist - durchhören? So charakterisieren Programmmacher in den Funkhäusern ihre Hörer, die am Morgen das Radio einschalten und stundenlang laufen lassen. Mal hören sie hin, dann wieder ist das Radio nur Geräuschkulisse, bis wieder eine Zeit des Zuhörens kommt. Und danach ist dann auch das Programm: hier ein Stückchen Symphonie, da ein Chanson, schließlich eine Filmmusik und dann wieder Bach oder Pachelbel. Manchmal auch ein Wortfetzen dazwischen. Aber bitte nicht zu lang. Der Mensch kann ja nicht mehr konzentriert über eine längere Strecke zuhören. Sind wir „Durchhörer“?
Oder gehören wir mehr zu den „Wortplapperern“? Die versammeln sich am Sonntagabend bei Frau Christiansen oder bei den anderen unzähligen Talkshows. Sie reden und reden ohne viel zu sagen. Hauptsache, man sagt das Gegenteil von dem, was der Vorredner gerade gesagt hat. Oder etwas, was einem gerade so einfällt.
Wortplapperer kann man auch auf der Straße erleben. Plötzlich hört man hinter sich jemand sprechen, der mit schnellen Schritten näher kommt. Hat er mich gemeint? Nein, nur sein Handy, dem er erzählt, dass er nun auf der Hauptstraße ist und viele Menschen da sind und er in zwei Minuten vor der Haustür steht und was der wichtigen Dinge mehr sind.
Durchhörer? Wortplapperer? - vielleicht brauchen wir das, um unsere Einsamkeit zu übertönen. Dem Apostel Paulus dürfte so etwas nicht reichen. Ihm geht es ums Hinhören, ums genaue Hinhören sogar und ums Reden, ums ernsthafte Reden. Und es geht ihm um den Glauben.
Ach, Herr Pastor, meinen Glauben lasse ich mir nicht nehmen, sagte die Frau, die schon vor vielen Jahren aus der Kirche ausgetreten ist. Damals sagte sie: die Kirche brauche ich nicht mehr. Nun sitzt sie nach der Beerdigung ihrer Mutter neben ihm am Tisch und will ihr schlechtes Gewissen beruhigen. War ihre Mutter doch bis zum Schluss Sonntag für Sonntag im Gottesdienst. Und Jesus war für sie Halt im Leben. Und Gott vertraute sie, trotz allem was sie durchgemacht hatte.
Und der Pastor weiß, wie sie darunter gelitten hat, dass ihre Tochter aus der Kirche ausgetreten ist. Irgendwie hat sie sich die Mitschuld daran gegeben. Sie hat schließlich nicht verstanden, ihren Glauben an die Tochter weiterzugeben. Und nun das: meinen Glauben lasse ich mir nicht nehmen. Der Pastor ist versucht zurückzufragen. Was für einen Glauben meinen Sie denn? Den Ihrer Mutter? Oder nur so ein diffuses Gefühl von einem höheren Wesen? Oder ist es nur die Höflichkeit gegenüber dem Pastor, dass sie so redet? Meint sie es ihm schuldig zu sein? Aber er verzichtet auf eine solche Frage. Schließlich weiß er, wie beide, Mutter und Tochter, unter diesem Riss gelitten haben.
Wie erscheint das doch beim Apostel Paulus so einfach, auch wenn es kompliziert klingt. Beinahe wie ein logische Abfolge. Von hinten her aufgerollt. Glaube setzt genaues Hören voraus. Hören setzt Predigen voraus. Und Predigen setzt Sendung voraus.
Oder, wenn wir es auf die Füße stellen: am Anfang steht die Sendung, so wie sich der Apostel von Gott gesandt weiß seit dem Geschehen vor den Toren von Damaskus. Die führt zur Verkündigung. Verkündigung bringt zum Hören, Hören ruft Glauben hervor, und, wer glaubt, empfängt das Heil. So einfach könnte alles sein. Aber Paulus hat ja erfahren, dass es so nicht ist. Die einen hören die gute Nachricht und glauben Jesus. Die anderen hören sie auch, aber ihnen ist weiterhin gleichgültig, was da mit diesem Jesus ist. Sie haben ihr Gesetz, das sie zu einem Leben in Gerechtigkeit führt. Dazu brauchen sie Jesus nicht.
Ein Handlungsrezept für neue missionarische Erfolge ist das offenbar nicht, was Paulus da vorstellt. Was ist es dann?
Wir haben heute den 3. Oktober. Zum 14. Mal werden wir daran erinnert, dass zwei Teile eines Landes nun wieder zusammengehören. Wir werden daran erinnert, welche Freude diese Botschaft vor mehr als 14 Jahren auslöste, als sich die Grenzen öffneten und Menschen wieder zueinander konnten, die so lange getrennt waren. Wir werden auch daran erinnert, wie viel Ungerechtigkeit sich seitdem angesammelt hat, in Ost und West, und wie diese Ungerechtigkeit die Freude von einst zu ersticken droht.
Damals haben viele von ausgleichender Gerechtigkeit geträumt, haben geträumt davon, dass ihnen nun endlich Gerechtigkeit widerfährt, dass der Rechtsstaat mit seinen Gesetzen Gerechtigkeit schafft. Viele haben eine heile Welt erträumt. Auch in der Kirche. Dass der Glaube nun wieder Einzug hält im Osten. Heute nach 14 Jahren kann man das alles viel nüchterner sehen, viel illusionsloser. Aber das muss nicht unbedingt hoffnungsloser sein. Und damit sind wir wieder beim Apostel Paulus.
Uns wird Rettung zugesagt. Rettung aus unserer Unzufriedenheit. Rettung vor dem Jammertal, in das wir uns geflüchtet haben. Rettung aus der Zukunftsangst mit der ständigen unausgesprochenen Frage: was wird das alles, wenn es so weitergeht?
Es wird uns nicht gesagt, dass wir uns diese Rettung verdienen könnten. Verdienen durch fleißige Arbeit, verdienen durch Verzicht auf liebgewordene Privilegien. Sie lässt sich nicht herbeizwingen, diese Rettung. Im Gegenteil. Wir können sie sogar ausschlagen. Geschenke nehmen wir nicht an, können wir sagen. Wir vertrauen allein auf unsere eigene Kraft und Stärke. Wir wollen nicht auf andere angewiesen sein.
Aber wir können natürlich auch dankbar sein, dass uns Hilfe angeboten wird. Wir können zugreifen, wenn es heißt: wenn du mit deinem Munde bekennst, dass Jesus der Herr ist und in deinem Herzen glaubst, dass ihn Gott von den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet. Ob unser Glaube dazu ausreicht? Oder ob wir wieder leer ausgehen, weil wir zu wenig davon haben? Der Glaube ist ein lebendiger Vorgang, ein lebendiger Prozess, sehr unterschiedlich bei jedem Einzelnen und zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich. Und wir wissen nicht, wie viel Glaube vorhanden sein muss, dass er vor Gott gilt.
Gott steht nicht an der Seite mit einem Glaubensmesser, um uns zu testen. Er macht uns ganz schlicht die Zusage: du wirst gerettet, wenn du dich auf mich einlässt, wenn du mir vertraust. Es hieße den Apostel Paulus missverstehen, wenn man die Abfolgekette: erst die Sendung, dann die Verkündigung, dann das Hören, dann der Glaube als eine Kette von Vorbedingung verstehen wollte für den Glauben. Nein, wir haben von Gott gehört. Wir kennen Menschen, die ihm vertrauen. Das Wort Christi ist uns bekannt. So können wir Gott getrost glauben.
Dorothee Sölle erzählt in einem ihrer Bücher die Geschichte aus einer alten Chronik: Ich hörte von alten Emigranten aus Spanien, dass ein Schiff mit Flüchtlingen von der Pest heimgesucht wurde. Der Kapitän warf sie auf einem unbebauten Ort ans Land. Viele starben vor Hunger, einige rafften sich auf und gingen, bis sie einen bewohnten Ort fänden.
Einer der Juden hatte seine Frau und zwei kleine Söhne mit sich. Die Frau, des Marschierens ungewohnt, wurde schwach und starb. Der Mann trug seine Kinder weiter, bis er ohnmächtig niedersank. Als er aufwachte, fand er beide Söhne tot. In seinem Schmerz stand er auf und sprach: „Herr der Welten! Viel tust du, damit ich meinen Glauben aufgebe. Wisse aber, dass ich sogar den Himmelsbewohnern zum Trotz ein Jude bin und ein Jude sein werde. Da wird nichts nützen, was du auch über mich gebracht hast und noch über mich bringen magst.“ Dann raffte er ein wenig Staub und Gräser auf, bedeckte damit die toten Kinder und ging seines Weges, um eine bewohnte Stätte zu suchen.
Das ist eine andere Hiobgeschichte. Ein Mensch, der auch in seinem größten Leid an seinem Glauben nicht irre wird. Keiner von uns könnte sagen, ob er solch ein Vertrauen in Gott aufbringen würde. Aber das ändert nichts an der Zusage Gottes für unser Heil. Darum ist es gut, wenn wir genau hinhören, was er uns sagen will und nicht „durchhören“, und darum ist es gut, ernsthaft zu reden, wenn es um unseren Glauben geht und nicht „wortplappern“. Amen.

Verfasser: Sup. i. R. Manfred Wiefel, Glockenquergasse 1, 99084 Erfurt

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