Menü

Sieghafter Glaube

von Katharina Stoodt-Neuschäfer (Ev. Immanuel-Gem. Königstein)

Predigtdatum : 30.09.2012
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 15. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Jesaja 49,1-6
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Ihre E-Mail

Wochenspruch:
 

„Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.“ (1. Johannes 5, 4)
 

Psalm: 145, 15
 

Lesungen
 

Altes Testament: Jesaja 49, 1 – 6
 

Epistel: 2. Korinther 9, 6 - 15
 

Evangelium: Matthäus 15, 21 – 28
 

Liedvorschläge
 

Eingangslied: EG 508, 1 - 4 Wir pflügen und wir streuen
 

Wochenlied: EG 502, 1, 4 + 5 Nun preiset alle
 

Predigtlied: EG 420, 1 - 5 Brich mit dem Hungrigen dein Brot
 

Schlusslied: EG 324, 1 + 8 + 13 Ich singe dir
 

Rut 1-4, stark gekürzt und durch Paraphrasierungen verbunden
 

Zu der Zeit, als die Richter richteten, entstand eine Hungersnot im Lande. Und ein Mann von Bethlehem in Juda zog aus ins Land der Moabiter, um dort als Fremdling zu wohnen, mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen.
 

Der hieß Elimelech und seine Frau Noomi und seine beiden Söhne Machlon und Kiljon; die waren Efratiter aus Bethlehem in Juda.
 

Und als sie ins Land der Moabiter gekommen waren, blieben sie dort.
 

Und Elimelech, Noomis Mann, starb und sie blieb übrig mit ihren beiden Söhnen.
 

Die nahmen moabitische Frauen; die eine hieß Orpa, die andere Rut. Und als sie ungefähr zehn Jahre dort gewohnt hatten, starben auch …. Machlon und Kiljon, sodass Noomi …. (ihre beiden) Söhne und ihren Mann überlebte.
 

Da machte sie sich auf mit ihren beiden Schwiegertöchtern und zog aus dem Land der Moabiter wieder zurück; …
 

Und als sie unterwegs waren, um ins Land Juda zurückzukehren, sprach sie zu ihren beiden Schwiegertöchtern: Geht hin und kehrt um, eine jede ins Haus ihrer Mutter! … Mein Los ist zu bitter für euch, denn des HERRN Hand ist gegen mich gewesen.
 

Da erhoben sie ihre Stimme und weinten …
 

Und Orpa küsste ihre Schwiegermutter, (und ging fort) Rut (aber) antwortete: Rede mir nicht ein, dass ich dich verlassen und von dir umkehren sollte.
 

Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch.
 

Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe ich auch, da will ich auch begraben werden.
 

Der HERR tue mir dies und das, nur der Tod wird mich und dich scheiden.
 

Es war aber ein Mann, ein Verwandter des Mannes der Noomi, von dem Geschlecht Elimelechs, mit Namen Boas; der war ein angesehener Mann.
 

Und Rut, die Moabiterin, sprach zu Noomi: Lass mich aufs Feld gehen und Ähren auflesen bei einem, vor dessen Augen ich Gnade finde. Sie aber sprach zu ihr: Geh hin, meine Tochter!
 

Rut ging hin und las auf, den Schnittern nach, auf dem Felde.
 

Und es traf sich, dass dies Feld dem Boas gehörte, der von dem Geschlecht Elimelechs war.
 

(Und Boas erkundigte sich nach dem Schicksal dieser fremden Frau Und tief bewegt von ihrer Treue und Liebe zu ihrer Schwiegermutter stellte er sie unter seinen persönlichen Schutz, sorgte für ihr Essen und Trinken und sprach zu seinen Knechten:)
 

Lasst sie auch zwischen den Garben lesen und beschämt sie nicht; auch zieht etwas für sie aus den Garben heraus und lasst es liegen, dass sie es auflese, und niemand schelte sie darum.
 

So las sie bis zum Abend auf dem Felde und klopfte die Ähren aus, die sie aufgelesen hatte, und es war ungefähr ein Scheffel Gerste.
 

Und sie hob's auf und kam in die Stadt, und ihre Schwiegermutter sah, was sie gelesen hatte. Da zog Rut hervor und gab ihr, was sie übrig behalten hatte, nachdem sie satt geworden war.
 

Da sprach ihre Schwiegermutter zu ihr: Wo hast du heute gelesen und wo hast du gearbeitet? Gesegnet sei, der dir freundlich gewesen ist!
 

Sie aber sagte ihrer Schwiegermutter, bei wem sie gearbeitet hatte, und sprach:
 

Der Mann, bei dem ich heute gearbeitet habe, heißt Boas.
 

Noomi aber sprach zu ihrer Schwiegertochter: Gesegnet sei er vom HERRN, der seine Barmherzigkeit nicht abgewendet hat von den Lebendigen und von den Toten.
 

(Und Boas verliebte sich in Rut und nahm sie zur Frau) Und als er zu ihr einging, gab ihr der HERR, dass sie schwanger ward, und sie gebar einen Sohn.
 

Da sprachen die Frauen zu Noomi: Gelobt sei der HERR, …
 

Denn deine Schwiegertochter, die dich geliebt hat, hat einen Sohn geboren, die dir mehr wert ist als sieben Söhne.
 

Und Noomi nahm das Kind und legte es auf ihren Schoß und ward seine Wärterin.
 

Pfarrer Jörg Sandvoss hat diese Zusammenfassung erstellt.
 

Liebe Gemeinde,
 

die märchenhafte Geschichte von Naemi und Ruth, von Ruth und Boas ist eine Erntegeschichte in mehrerer Hinsicht.
 

Zunächst dürfen wir zuschauen, wie Menschen um ihr tägliches Brot kämpfen; wie sie, so wie das auch heute geschieht, aus Not ihr Land verlassen, ins Ausland gehen um dort Arbeit und Brot zu suchen. Bethlehem, der Ausgangspunkt der Erzählung, heißt auf Deutsch: „Haus des Brotes“. Ausgerechnet dieser für seine fruchtbare Erde bekannte Ort kann seine Bewohner nicht mehr ernähren. Eine Familie mit Vater, Mutter und zwei Söhnen wandert aus ins Nachbarland Moab, geht unter die Heiden. Leben wollen sie, da nimmt man vieles in Kauf. Die Familie wächst, die Söhne heiraten moabitische Mädchen und dann trifft das Unglück die geplagte Familie ein zweites mal: Krankheit rafft die Männer dahin. Wieder muss die Mutter namens Naemi von vorne beginnen. Soll sie nicht besser zurückkehren in die angestammte Heimat? Bethlehem ist inzwischen wieder zum „Haus des Brotes“ geworden. Nun hofft die verwitwete Naemi, auf ihre alten Tage ein Auskommen zu finden.
 

Zur Erntezeit bricht sie auf. Überall auf den Feldern wird das Korn geschnitten, als sie sich von Orpa, der einen moabitischen Schwiegertochter verabschiedet. Ruth, die andere, will sich nicht von der Schwiegermutter trennen. Sie geht mit ihr.
 

1. Erntedank heute: Was haben wir „geerntet“?
 

Das ist Ernte im übertragenen Sinn: Ein tiefes Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen den beiden Frauen gewachsen. Die junge Ruth spürt Verantwortung für die alte Frau, die allein kaum überleben kann. Naemi muss Vertrauen gesät haben, dessen Früchte sie jetzt erntet, als Ruth sich ihr anschließt mit den berühmten Worten: Wo du hingehst, da gehe ich auch hin. Dein Volk ist mein Volk. Dein Gott ist mein Gott. Nur der Tod soll uns scheiden.“
 

Solch eine Ernte im übertragenen Sinn kann uns an unsere eigene Ernte erinnern, die wir im vergangenen Jahr eingebracht haben.
 

Ernte: vielleicht ist das beruflicher Erfolg, oder doch immerhin die Erfahrung, dass das Leben nicht wesentlich schlechter geworden ist; wir sehen auch in den Gaben, die unseren Altarraum schmücken, symbolisch das versammelt, was man zum Leben braucht und was wir alle mehr oder weniger reichlich besitzen: Essen und Trinken, dazu ein Haus oder eine Wohnung und das Dekorative; und Wichtiges wie Reisen und geordnete Freizeit, die wir genießen können. Auch Speise für die Seele haben wir empfangen: Musik, Literatur, Kunst, freundschaftliches Zusammensein mit Menschen, die wir mögen, Geselligkeit, Tanz.
 

Ernte im persönlichen Bereich: das können Freundschaften sein, die wir geknüpft haben, eine menschliche Begegnung, die einen besonders bewegt hat; Erfahrungen, durch die man selbst reifer geworden ist; oder die durchgestandene Krankheit. Vielleicht auch, dass man so, wie Naemi, ein Echo bekommen hat: jemand hat einen spüren lassen, dass man wichtig war, dass man gemocht wird. Alles das legen wir im Geiste mit auf den Altar und freuen uns darüber, dass Gott uns viel Gutes hat erfahren lassen.
 

Wenn Ruth und Naemi in Bethlehem eintreffen, dann prallen zwei Welten aufeinander: hier die mittellosen Frauen mit ihrem Bündel Kleider, mehr werden sie nicht gehabt haben; dort die Bauern, Knechte, Mägde, die mit der Erntearbeit beschäftigt sind. Sie haben ein Dach überm Kopf und - in ihrer damaligen Welt - alles das, wofür auch wir heute in unserer Welt Dank sagen wollen: Besitz, der das Leben sichert.
 

Arm und Reich stehen sich gegenüber. Es ist die besonders liebenswürdige Seite der Geschichte von Ruth, dass uns mitgeteilt wird, wie einfach es sein kann, aus armen Leute glückliche Menschen zu machen. Rut und Naemi müssen nicht stehlen gehen. Wer sich an Flucht und Vertreibung erinnert, weiß noch die Tricks, die man damals benötigte, um den Magen füllen zu können: Kartoffeln klauen, Kohlen „organisieren“, Waren auf dem Schwarzmarkt handeln.
 

Etwas Derartiges bleibt den beiden Frauen erspart. Das altisraelitische Recht sah vor, dass man ein Feld nicht ratzekahl aberntete, sondern liegen ließ, was beim ersten Lesen nicht eingesammelt worden war. Das durften die Armen sich nehmen. Wie wir hören, sammelt die fleißige Rut alsbald eine ganze Schürze voll Korn. Und sie sammelt zugleich die bewundernden Blicke des reichen Boas, dem sicher nicht nur der Fleiß der jungen Rut gefallen hat. Als unverheirateter Mann interessiert er sich ganz besonders für diese Frau, deren Zuverlässigkeit und Treue sich bereits herumgesprochen haben.
 

2. Was lassen wir beim Ernten übrig für andere?
 

Hier spinnt sich in unsere Erntegeschichte ein zweiter Faden ein, der höchst bedeutsam ist: die Barmherzigkeit. Sie steht letztlich hinter dem glücklichen Ausgang der Geschichte von Ruth: weil Menschen ihre Habe nicht gnadenlos verteidigen, sondern sozusagen an den Rändern etwas ausfransen lassen, so dass auch andere noch etwas abbekommen können, und weil nicht jeder, der ein Habenichts ist, verjagt wird, sondern sich da etwas holen darf, wo genug da ist, kommt es zur schicksalhaften Begegnung der Moabiterin Ruth mit Boas. Die Grenze zwischen Arm und Reich wird durchlässiger, aufgeweicht. Wie im Märchen hören wir vom guten Ende: Ruth und Boas heiraten, beide bekommen ein Kind, Naemi wird doch noch Großmutter und hat wieder eine richtige Familie.
 

Und wie steht es mit der Barmherzigkeit in unserer Ernte? Denn wenn auf den Feldern Bethlehems genug liegenbleibt, damit auch die Mittellosen noch gesättigt werden, so ist das für uns die Frage: was lassen wir übrig? Welche Reste, welche Überschüsse geben wir einfach so her?
 

Deutschland ist bekannt für seine große Spendenbereitschaft. Viele von uns kümmern sich in sozialen Einrichtungen oder in der Nachbarschaft um andere. Dennoch müssen wir uns fragen lassen: was lassen wir übrig? Was hinterlassen wir der nächsten und der übernächsten Generation auf dieser Erde? Einen großen kulturellen Reichtum und jedenfalls hier in Europa relativ geordnete Verhältnisse. Aber auch einen gigantischen Schuldenberg. Atommüll, der noch in tausenden von Jahren strahlt. Weniger Pflanzen- und Tierarten, als es in unserer Kindheit gegeben hat. Leergefischte Meere. Wir hinterlassen enge Spielräume und damit zugleich den Zwang, in einer zugestellten, übervölkerten, immer stärker ausgelaugten Welt mit immer mehr Menschen auszukommen.
 

Dieser Hinweis auf die Barmherzigkeit, die in unsere Geschichte eingewoben ist, muss uns nachdenklich stimmen. Ist es nicht allerhöchste Zeit, dass wir die Erde als Schöpfung achten lernen? Das Wort „Schöpfung“ verweist doch darauf, dass wir die Welt nicht gemacht haben, und dass sie uns auch nicht gehört. Sie ist nicht einfach nur „Natur“, mit der man schalten und walten kann. Wir sind auf dieser Erde, die uns Gott der Schöpfer anvertraut hat, vielmehr Gäste, nicht die Eigentümer. Genau dieses Bewusstsein steht ja auch im Hintergrund, wenn die alten Israeliten sich nicht anmaßten, alles, was sie gesät hatten, auch für sich zu ernten und zu behalten. Nein, dass etwas liegenblieb, hatte auch mit dem Dank an den Schöpfer zu tun, der alle Menschen geschaffen hat, auch die Armen, auch die anderen, die Fremden.
 

3. Ernten dürfen macht dankbar
 

Umgekehrt aber lautet die gute Botschaft dieser Geschichte:
 

Du darfst dort ernten, wo du selbst nicht gesät hast! Und wer hätte das nicht schon tausendfach getan und wie Ruth Ähren aufgesammelt auf einem Feld, das man nicht selbst bestellt hatte? Wirklich menschliches Leben gibt es nur da, wo nicht immer haarscharf abgerechnet wird.
 

„Was der Mensch sät, wird er ernten“, sagt ein Sprichwort aus der Bibel. Meist hat dieses Wort einen drohenden Unterton. Hier ist es einmal anders: Die Geschichte der Ruth verleiht dem biblischen Sprichwort einen positiven, ermutigenden Klang. Ruth sät Beziehung und sie erntet ein gutes Leben in dem Land, in dem sie eigentlich eine Fremde ist. Ihre Hoffnung läuft nicht ins Leere. Gott segnet Ruth in ihrem Vertrauen und in ihrer Treue zu Naemi.
 

Das Erntedankfest erinnert daran, wie viel gute Saat im eigenen Leben aufgegangen ist. Sich an den Früchten zu freuen, dazu ist dieser Tag da. Zum Fest aber wird unser Erntedank, wenn wir in die Freude Gott, unseren Schöpfer einschließen. Und dankbar anerkennen, dass Gott uns nicht nur die vielen Früchte unserer Mühen gönnt, vielmehr in seiner Barmherzigkeit uns auch dort ernten lässt, wo wir nicht gesät haben. Amen.
 

Verfasserin: Pfarrerin Katharina Stoodt-Neuschäfer
 

Burgweg 16, 61462 Königstein
 

Herausgegeben vom Referat Ehrenamtliche Verkündigung:
 

Pfarrerin Dr. Christiane Braungart, Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
 

 069 71379-140   069 71379-131
 

E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de
 

in Verbindung mit dem
 

Gemeindedienst der
 

Evangelischen Kirche
 

in Mitteldeutschland
 

Provinzialpfarrer Karsten Müller
 

Zinzendorfplatz 3, 99192 Neudietendorf
 

 036202 771797
 

und Pfarrer i. R. Wolfgang Hartmann
 

Edelweißweg 19, 06118 Halle/Saale
 

Die „Predigtvorschläge“ sind auch auf CD-ROM (Text- und WINWORD-Datei) erhältlich
 

und im Internet abrufbar (http://www.zentrum-verkuendigung.de/predigten.html)
 

E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de
 


Herausgegeben vom

Logo Zentrum Verkündigung

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de

in Kooperation mit dem

Logo Gemeindedienst der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland

Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97

Logo MÖD – Missionarisch Ökumenischer Dienst
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de