Menü

Simeon

von Hansjürgen Günther (64342 Seeheim-Jugenheim)

Predigtdatum : 02.01.2000
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 1. Sonntag nach dem Christfest
Textstelle : 1. Johannesbrief 2,21-25
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Ihre E-Mail

Wochenspruch:

Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit. (Johannes 1,14)

Psalm: 71,14-18 (EG 732)

Lesungen

Altes Testament:
Jesaja 49,13-16
Epistel:
1. Johannes 1,1-4
Evangelium:
Lukas 2, (22-24) 25-38 (39-40)

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 542
Stern über Bethlehem
Wochenlied:
EG 25
oder EG 34
Vom Himmel kam der Engel Schar
Freuet euch, ihr Christen alle
Predigtlied:
EG 50
Du Kind, zu dieser heilgen Zeit
Schlußlied:
EG 368
In allen meinen Taten

1 Der Geist Gottes des HERRN ist auf mir, weil der HERR mich gesalbt hat. Er hat mich gesandt, den Elenden gute Botschaft zu bringen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu verkündigen den Gefangenen die Freiheit, den Gebundenen, daß sie frei und ledig sein sollen;
2 zu verkündigen ein gnädiges Jahr des HERRN und einen Tag der Vergeltung unsres Gottes, zu trösten alle Trauernden,
3 zu schaffen den Trauernden zu Zion, daß ihnen Schmuck statt Asche, Freudenöl statt Trauerkleid, Lobgesang statt eines betrübten Geistes gegeben werden, daß sie genannt werden »Bäume der Gerechtigkeit«, »Pflanzung des HERRN«, ihm zum Preise.
[4 Sie werden die alten Trümmer wieder aufbauen und, was vorzeiten zerstört worden ist, wieder aufrichten; sie werden die verwüsteten Städte erneuern, die von Geschlecht zu Geschlecht zerstört gelegen haben.
9 Und man soll ihr Geschlecht kennen unter den Heiden und ihre Nachkommen unter den Völkern, daß, wer sie sehen wird, erkennen soll, daß sie ein Geschlecht sind, gesegnet vom HERRN.]
10 Ich freue mich im HERRN, und meine Seele ist fröhlich in meinem Gott; denn er hat mir die Kleider des Heils angezogen und mich mit dem Mantel der Gerechtigkeit gekleidet, wie einen Bräutigam mit priesterlichem Kopfschmuck geziert und wie eine Braut, die in ihrem Geschmeide prangt.
11 Denn gleichwie Gewächs aus der Erde wächst und Same im Garten aufgeht, so läßt Gott der HERR Gerechtigkeit aufgehen und Ruhm vor allen Heidenvölkern.

Liebe Gemeinde!
“Wie du wieder aussiehst”, sagte sie sich, als sie in den Spiegel schaute, morgens, gleich nach dem Aufstehen. Das Gesicht vom Schlaf leicht geschwollen, Ränder unter den Augen. Was sie sah, war nicht gerade ermutigend! Auch nicht der Ausblick auf den Tag. Ihre Kinder würde sie aus dem Bett werfen müssen, freiwillig standen die nicht auf. Dann das übliche Alltagseinerlei. Haushalt, Einkaufen, Essen machen. Kochen hatte ihr noch nie Spaß gemacht. In den Beruf hatte sie immer zurückgewollt, aber jetzt war sie zu lange draußen. Nein, da war kein Platz mehr für sie. - Verliebt war sie schon seit Jahren nicht mehr. “Was zieh ich nur an?”, dachte sie, während sie sich den farblosen Rock von gestern und ein T-Shirt überzog. “Trauerkleid”, - sagte sie tonlos, “ja, Trauerkleid, das paßt!” -
Liebe Gemeinde, vielleicht kennen Sie diese Alltagshoffnungslosigkeit. Auch im neu erschienenen Jahr 2000 keine wirkliche Perspektive. Vom Leben wird nichts mehr erwartet. Wie gelangt man heraus aus diesem Loch, aus dieser Lähmung, aus dieser Resignation? -
Es gibt auch eine Perspektivlosigkeit im großen. Davon ist in unserem Predigttext die Rede:
Das Volk Israel ist aus dem babylonischen Exil zwar zurückgekehrt, aber die Hoffnungen sind großer Resignation gewichen. Weder der Tempel noch die Häuser sind aufgebaut. Es fehlt an Kraft und Zukunftsvision. Die Menschen hausen zwischen Trümmern und in politischer Unsicherheit. Die Heilsgeschichte scheint mit der Zerstörung des Tempels zuende. Offenbar hat Gott sein Volk vergessen.
In diese Situation hinein ergeht das Wort des Tritojesaja: “Ich habe eine gute Botschaft für Euch. Gott hat mich gesandt, Eure zerbrochenen Herzen zu verbinden! Gottes Herrlichkeit ist auf dem Weg zu Euch! Sein Licht wird Eure Dunkelheit hellmachen, Hoffnung wird Eurer Trauer weichen. Die Trümmer werden wieder aufgebaut, auch Eure seelischen Trümmer werden zusammengefügt und neue Lebensfreude erleben!”
Die Menschen erleben es tatsächlich: Gott knüpft an seine Geschichte mit seinem Volk wieder an. So wie Menschen auf dem Weg durch die Trauer hindurch das Leben wieder finden, so erfährt das Volk Israel die Wandlung seines Elends, weil es eine Hoffnung, eine Perspektive hat. Ohne Hoffnung kann kein Mensch wirklich leben. Das Leben geht nur, wenn man redet und handelt, als ob es ginge. - Und siehe da, es geht doch oft, was ich zuvor für unmöglich hielt. Es sind Berge, die da zuweilen versetzt werden! -
Bei seiner ersten Predigt in Nazareth hat Jesus an diese Stelle aus dem Jesajabuch angeknüpft und in seiner Heimatgemeinde behauptet, daß mit ihm Gott seine Heilszusagen erfüllen will. Damals hat man ihn fortgejagt.
Zu unscheinbar war das, was da vor ihren Augen stand: Ein junger Mann, der von Trauer und allen falschen Bindungen befreien wollte. Andere haben es in seiner Gegenwart erfahren:
Neuanfänge in aller Schuld, Freude in aller Trauer, Heilung an Leib und Seele. Aber es stimmt, das kleine Senfkorn Hoffnung ist unscheinbar und wird leicht zertreten. In einem unscheinbaren Stall begann diese Hoffnungsgeschichte Gottes mit uns Menschen. Am Kreuz schien diese Hoffnungsgeschichte an ihr Ende gelangt. Aber dem ist nicht so! Keiner hat die Welt so verändert wie dieser Jesus von Nazareth, und seine Hoffnung auf eine Welt der Gerechtigkeit und Geschwisterlichkeit verleiht auch heute vielen Menschen Flügel. Die Hoffnung und die Liebe, die ihn trugen, hat Menschen angesteckt bis heute. Diese Hoffnung und diese Liebe sind nicht totzukriegen, weil darin Gott am Werk ist! -
Alle Weihnachtsgeschichten erzählen von Menschen, die gegen allen Augenschein hoffen, die gegen alles Dunkel, das uns umgibt, auf ein Licht zuwarten. Ja, mehr noch: das Licht hat einen Namen: Jesus, Heiland und Retter! An ihm ging den Menschen immer wieder auf, was Gott damit gemeint hat, als er uns das Leben gab. In ihm berührten sich Himmel und Erde. Alles, was wahr ist, beginnt schon hier auf der Erde. Alles, worauf wir zugehen in den Verheißungen Gottes, will schon heute in unseren Herzen lebendig werden, trotz einer angefochtenen, bedrohten Welt.
Tritojesaja beginnt seine Prophetie mit dem in den Adventstagen oft zitierten Wort: “Mache dich auf, werde Licht, denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir!” -
Weil Gott im Kommen ist, weil er mit dieser Welt und mit meinem Leben etwas Neues und Großes vorhat, deshalb müssen Dunkel und Hoffnungslosigkeit weichen.
Es gibt zwei Weisen, die Zeit zu erleben: Ist unser Kopf leer und unser Herz hohl, so dehnt sich die Zeit in unendlicher Langeweile. Dann schlagen wir die Zeit tot und erwarten von der Zukunft nichts Neues. –
Die andere Weise, die Zeit zu erleben, ist die, von der Zukunft, ja, von jedem Augenblick Neues zu erwarten, weil es von Gott geschenkte Zeit ist.
Wir schreiben seit zwei Tagen das Jahr 2000. Christen gliedern die Zeit mit Bedacht nach der Zeitenwende, die mit Christus erschienen ist. Christen wissen, es ist Zeit in Gottes Händen. Mit uns will Gott Neues gestalten. Nichts soll so bleiben, wie es ist. Weder auf dieser Erde, noch in meinem persönlichen Leben. Die Zeit ist kein ewiger Kreislauf, sondern Gott hat mit dieser Welt und mit mir persönlich ein Ziel. Dafür bürgt der auferstandene Christus, dessen vergewissern wir uns in der Taufe auf seinen Namen.
Wir haben allen Grund in den Jubel des Propheten am Ende unseres Predigttextes einzustimmen: “Ich freue mich im Herrn, und meine Seele ist fröhlich in meinem Gott. Denn er hat mir die Kleider des Heils angezogen!” Amen.

Verfasser: Pfr. Dr. Hansjürgen Günther, Villastr. 3, 64342 Seeheim

Herausgegeben vom

Logo Zentrum Verkündigung

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de

in Kooperation mit dem

Logo Gemeindedienst der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland

Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97

Logo MÖD – Missionarisch Ökumenischer Dienst
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de