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Simeon und Hanna

von Tilmann Cremer (99991 Großengottern)

Predigtdatum : 30.12.2012
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 1. Sonntag nach dem Christfest
Textstelle : Johannes 12,44-50
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Wochenspruch:

Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit. (Johannes 1,14)

Psalm: Psalm 71, 14-18

Lesungen

Altes Testament: Jesaja 49, 13 - 16

Epistel: 1. Johannes 1, 1 - 4

Evangelium: Lukas 2, (22 - 24).25 - 38.(39 - 40)

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 23 Gelobet seist du, Jesu Christ

Wochenlied: EG 25 oder

EG 34 Vom Himmel kam der Engel Schar

Freuet euch, ihr Christen alle

Predigtlied: EG 46 Stille Nacht, heilige Nacht

Schlusslied: EG 44 O du fröhliche

Kurze Hinführung:

Am 30. Dezember wird wohl längst nicht in allen Gemeinden Gottesdienst gefeiert werden. Wo jedoch kein Gottesdienst entfällt, werden wir in diesem Jahr mit einer ganzen Reihe von Texten aus dem Johannesevangelium konfrontiert.

Im Heiligabend-Gottesdienst steht das Gesandt-Sein Jesu im Mittelpunkt des Predigttextes. Am 1. Weihnachtstag wird dieses nochmals berührt und um den Schwerpunkt des im Glauben begründeten ewigen Lebens ergänzt. Fünf Tage später tauchen beide Aspekte wieder auf, bereichert um Gerichts-Gedanken und das Licht, das durch Jesus in die Finsternis der Welt gekommen ist. Letzteres wird von den Hörern wohl am ehesten mit Weihnachten verbunden werden, obwohl an Finsternis gerade in diesen Wochen wenig zu erleben ist, zumindest im wörtlichen Sinn.

Die Predigt schreitet die Themenfelder des Predigttextes ab, ohne ihn Vers für Vers auszulegen.

Der Predigttext wird während der Predigt verlesen.

Liebe Gemeinde,

„Das Kind ist ja ganz der Vater” oder auch „ganz die Mutter” mancher meint schon kurz nach der Geburt erkennen zu können, welchem Elternteil ein Kind ähnlich sieht.

Die Weihnachtserzählungen deuten Vergleichbares für die Geburt des Christkindes an: Schon im Neugeborenen Jesus erkennen einige den Vater, nun allerdings nicht den leiblichen Vater, sondern den himmlischen Vater. Maria, Joseph und auch die Hirten erkennen ihn in der Weihnachtsgeschichte des Lukas; Matthäus erzählt, wie die königlichen Weisen den Gottessohn erkennen.

Auch der alte Simeon und die Prophetin Hanna (von denen die Evangeliumslesung berichtete) gehören zu den Erkennenden. Sie erkennen, wie Gott selbst, wie also der himmlische Vater in diesem Menschenkind Gestalt annahm und anschaulich wurde.

Der Predigttext für den 1. Sonntag nach dem Christfest geht wieder darauf ein, wie Gott in Jesus zu erkennen ist. Allerdings blicken wir diesmal nicht auf das Kind in der Krippe, sondern auf den Mann, der schon seinem Gang ans Kreuz entgegensieht.

Wir hören den Predigttext aus dem 12. Kapitel des Johannesevangeliums:

Verlesung des Predigttextes

In und durch Jesus können wir Gott erkennen

„Man muss doch an etwas Höheres Glauben.” Sätze wie diesen hört oder liest man immer mal wieder. Das gehört wohl auch zu den Beweggründen, die unsere Kirchen am heiligen Abend voll werden lassen.

Hier aber wird es ganz konkret: „Wer an mich glaubt”, sagt Jesus. – Ist das vielleicht das Problem, über das viele den Rest des Jahres stolpern?

‚An etwas Höheres glauben’ – ja, das geht noch – aber an Jesus glauben(?), an den Jesus,

• der nicht nur das Kind in der Krippe war, sondern eben auch der Mann, der die Menschen aufgefordert hat, das Leben von Gott her prägen zu lassen

• der klare Weisungen aussprach,

• der alles andere als religiöse Beliebigkeit lehrte und selbst auch dementsprechend lebte?!?

Kann man – und will man an diesen Jesus glauben?

Damit verbunden ist ja auch die theologische Frage: Darf man einem Menschen jene Verehrung entgegenbringen, die nur Gott gebührt, darf man an einen Menschen glauben, wie man an Gott glaubt?

Damit keine Missverständnisse aufkommen, hebt der Evangelist Johannes immer wieder die göttliche Einheit von Vater und Sohn hervor: Wer an mich glaubt, der glaubt nicht an mich, sondern an den, der mich gesandt hat. (Vers 44) An anderer Stelle sagt Jesus kurz und knapp: Ich und der Vater sind eins. (Joh 10, 30)

„Wer an mich glaubt ...” – Dieser Glaube an Jesus zielt letztlich immer auf den Glauben an Gott. Darum bezeichnet sich Jesus als „den Weg, die Wahrheit und das Leben” (Joh 14, 6). Jesus ist der Glaubensweg zum himmlischen Vater. Und wer ihn sieht, der sieht den, der ihn gesandt hat. (Vers 45)

In Jesus lässt sich Gott sehen. Zu Weihnachten wird Gott sichtbar und bleibt doch zugleich unsichtbar.

[Wer den Aufwand nicht scheut, kann den folgenden Vergleich nicht nur erzählen, sondern auch anschaulich demonstrieren. Für einen Familiengottesdienst könnte man diese Veranschaulichung noch ausbauen und dafür anderes kürzen.]

Man kann sich das annähernd an einem Projektor veranschaulichen [Diaprojektor, Beamer oder ähnliches]. Das Licht und damit das Bild, das der Projektor aussendet, ist im Raum. Aber es ist nicht wirklich sichtbar. (Man nimmt höchstens die Lichtstrahlen wahr.) Es braucht eine Projektionsfläche, um das vorhandene Bild für uns sichtbar werden zu lassen.

Wer mich sieht, der sieht den, der mich gesandt hat, sagt Jesus. Er ist – im Bilde gesprochen – für uns wie eine Projektionsfläche, durch die wir Gott erkennen können.

In und durch Jesus können wir Gottes Licht für uns scheinen lassen

So kommt durch Jesus das Licht Gottes in die Welt:

Ich bin in die Welt gekommen als ein Licht, damit, wer an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibe.

Finsternis im realen Sinn erleben wir ja kaum noch, höchstens in Wald und Feld oder bei Stromausfall. Sonst sind auch die langen Winternächte bei uns gut erleuchtet, gerade zur Weihnachtszeit. Hier geht es aber um finstere Lebensabschnitte und dunkle Momente, um die Dunkelheiten des Herzens.

Ich bin in die Welt gekommen als ein Licht, sagt Jesus, damit, wer an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibe.

In der Weihnachtszeit stellt uns das vor die Frage: Reicht mir der Lichterschein der Weihnachtsmärkte und Lichterketten, der Weihnachtsbäume und -kerzen oder suche ich nach dem Licht des Schöpfers, nach dem Licht, das in Jesus für uns mit Weihnachten aufleuchtet?

Die Gottesdienstgemeinde am 1. Sonntag nach Weihnachten steht mehrheitlich vermutlich dem Letzteren nahe. Und mancher von Ihnen wird wohl aus eigenem Erleben schildern können, wie dieses Weihnachtslicht in manchen Momenten Klarheit ins Leben brachte.

Wo Jesus als Gottes Licht in meinem Leben leuchtet, ist es leichter,

- die Dunkelheit meines Lebens anzusehen und auszuhalten,

- hier und da auch Licht ins Dunkel zu bringen,

- mein Leben dann insgesamt in einem anderen Licht zu sehen.

Ich bin in die Welt gekommen als ein Licht, damit, wer an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibe.

In und durch Jesus entscheidet sich unsere Rettung

Wer sein Leben und das Leben der Mitmenschen im Lichte Jesu betrachtet, muss sich nicht vom Menschen her definieren, sondern kann sich von Gott her betrachten. Nicht die eigenen Leistungen sind dann der Maßstab, sondern die Gnade Gottes. Nicht das Urteilen und Richten der Menschen hat dann das letzte Wort, sondern das Retten, von dem Jesus spricht: ich bin nicht gekommen, dass ich die Welt richte, sondern dass ich die Welt rette.

Diese Botschaft ruft Jesus den Menschen zu. Der Evangelist Johannes stellt das einleitend ausdrücklich fest: Jesus rief. Das ist im Aufbau des Johannesevangeliums sozusagen der letzte Aufruf an alle.

Dazu eine kurze Geschichte:

Ein frommer Mann wird in dem engen Tal, in dem er wohnt, von einem Hochwasser bedroht.

Die Feuerwehr will ihn warnen: „Kommen sie schnell, noch können Sie zu Fuß das Tal verlassen.“ „Nicht nötig”, antwortet der fromme Mann, „Gott wird mich retten.”

Das Wasser steigt. Der Mann flüchtet in den ersten Stock. Bald darauf kommt die Feuerwehr mit einem Boot zum Rettungseinsatz. „Nicht nötig, Gott wird mich retten.”

Das Wasser steigt weiter. Der fromme Mann flüchtet auf das Dach.

In letzter Minute will man ihn mit dem Hubschrauber retten. Aber er bleibt dabei: „Gott wird mich retten.”

Das Wasser aber steigt weiter. Und so steht der fromme Mann schließlich vor Gott und beklagt sich: „Wo warst du, Gott? Warum hast du mich nicht gerettet?”

„Nun”, bekommt er zur Antwort, „habe ich dir nicht dreimal Rettung geschickt? Worauf hast du gewartet?”

Darum lasst uns nicht warten, sondern jetzt singen und dann vor allem auch leben, was in den vollen Kirchen am Heiligen Abend immer wieder und wohl überall gesungen wird: „Christ der Retter ist da”.

Amen.

Verfasser: Pfarrer Tilmann Cremer

Ludolfweg 10, 99085 Erfurt


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