Menü

Taufe und neues Leben

von Martin Hecker (Bad König)

Predigtdatum : 07.07.2024
Lesereihe : VI
Predigttag im Kirchenjahr : 6. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Apostelgeschichte 8,26-39
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Ihre E-Mail

Wochenspruch: "So spricht der HERR, der dich geschaffen hat, Jakob, und dich gemacht hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!" (Jesaja 43,1)

Psalm: 139,1-12

Predigtreihen

Reihe I: 1. Petrus 2,2-10
Reihe II: 5. Mose 7,6-12
Reihe III: Matthäus 28,16-20
Reihe IV: Römer 6,3-8(9-11)
Reihe V: Jesaja 43,1-7
Reihe VI: Apostelgeschichte 8,26-39

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 262 Sonne der Gerechtigkeit
Wochenlied: EG 200 Ich bin getauft auf deinen Namen
Predigtlied: EG+ 87 Lobe den Herrn, meine Seele 
Schlusslied: EG 357 Ich weiß, woran ich glaube

Predigttext: Apostelgeschichte 8,26-39

(wird im unten abgedruckten Vorschlag erst während der Predigt verlesen)

26 Aber der Engel des Herrn redete zu Philippus und sprach: Steh auf und geh nach Süden auf die Straße, die von Jerusalem nach Gaza hinabführt und öde ist. 27 Und er stand auf und ging hin. Und siehe, ein Mann aus Äthiopien, ein Kämmerer und Mächtiger am Hof der Kandake, der Königin von Äthiopien, ihr Schatzmeister, war nach Jerusalem gekommen, um anzubeten. 28 Nun zog er wieder heim und saß auf seinem Wagen und las den Propheten Jesaja. 29 Der Geist aber sprach zu Philippus: Geh hin und halte dich zu diesem Wagen! 30 Da lief Philippus hin und hörte, dass er den Propheten Jesaja las, und fragte: Verstehst du auch, was du liest? 31 Er aber sprach: Wie kann ich, wenn mich nicht jemand anleitet? Und er bat Philippus, aufzusteigen und sich zu ihm zu setzen. 32 Die Stelle aber der Schrift, die er las, war diese: »Wie ein Schaf, das zur Schlachtung geführt wird, und wie ein Lamm, das vor seinem Scherer verstummt, so tut er seinen Mund nicht auf. 33 In seiner Erniedrigung wurde sein Urteil aufgehoben. Wer kann seine Nachkommen aufzählen? Denn sein Leben wird von der Erde weggenommen.« 34 Da antwortete der Kämmerer dem Philippus und sprach: Ich bitte dich, von wem redet der Prophet das, von sich selber oder von jemand anderem? 35 Philippus aber tat seinen Mund auf und fing mit diesem Schriftwort an und predigte ihm das Evangelium von Jesus. 36-37 Und als sie auf der Straße dahinfuhren, kamen sie an ein Wasser. Da sprach der Kämmerer: Siehe, da ist Wasser; was hindert’s, dass ich mich taufen lasse? 38 Und er ließ den Wagen halten und beide stiegen in das Wasser hinab, Philippus und der Kämmerer, und er taufte ihn. 39 Als sie aber aus dem Wasser heraufstiegen, entrückte der Geist des Herrn den Philippus und der Kämmerer sah ihn nicht mehr; er zog aber seine Straße fröhlich.

Predigt

Reisezeit. Etliche sind schon unterwegs. Auch in Hessen (alternativ: in vielen Bundesländern) beginnen in einer Woche die Schulferien. Und viele werden eine Reise antreten. Wer eine Reise macht, erweitert seinen Horizont. Kann etwas erleben. Begegnet Menschen. Macht Bekanntschaften.

So ähnlich war’s wohl auch bei jenem Reisenden damals. Der war schon auf der Heimreise. Ein weiter Weg lag vor ihm. Rund 2000 km sind es von Jerusalem nach Äthiopien. Und er war nicht mit dem Auto unterwegs, sondern mit einer Kutsche. Ein bis zwei PS vermutlich – das dauert …

Längst nicht jeder konnte sich damals so eine Reise leisten. Er schon. Er war Käm­merer, Schatzmeister, Finanzminister am Hof der mächtigen Königin Kandake in Äthiopien (heute so arm – damals ein mächtiges Land). Er war also ein gemachter Mann. Er war reich. Richtig reich.

Nur – sein Reichtum war nicht alles. Offensichtlich fehlte ihm etwas. Etwas, was seinem Leben Halt geben konnte und Sinn. In seiner äthiopischen Heimat hat er vom Gott der Juden gehört. Und weil er es sich leisten konnte und weil er diese große Sehnsucht in sich hatte, hat er sich auf den Weg nach Jerusalem gemacht, um anzubeten. 2000 km, um anzubeten. Wochenlange Stra­pazen, um anzubeten. Was nehmen wir eigentlich auf uns, um Gott anzubeten? Dabei müssen Sie dazu gar keine weite Reise unter­nehmen – Gott ist nie weiter entfernt als ein Gebet weit.

Aber der Herr Finanzminister machte sich auf die weite Reise bis nach Jerusalem. Dort dürfte er allerdings eine große Enttäuschung erlebt haben. Als männlicher Beamter am Hof einer Königin war er ein Eunuch, ein entmannter Mann. So steht das im griechischen Text. Das aber bedeutet, dass ihm der Zutritt zum Tempel nicht erlaubt war. 2000 km umsonst. Wochenlange Strapazen umsonst. Vermutlich hat er nicht gefunden, was er gesucht hat.

Enttäuscht tritt er die Heimreise an. Und da kommt es nun zu drei Begegnungen, von denen ich erzählen will. Drei Begegnungen, drei Reisebekanntschaften, die für uns alle wichtig sind auf unserer Lebensreise. Und auf unserer Glaubensreise. Wir hören den Bericht aus der Apostelgeschichte:

[Predigttext lesen]

1. Begegnung: Jesaja

Liebe Gemeinde,

in Jerusalem hat der Herr Minister sich eine Schriftrolle gekauft mit dem Buch des Propheten Jesaja. So eine handgeschriebene Schriftrolle war teuer. Aber er kann sich das leisten. Die Schriftrolle ist nicht für die Vi­trine zuhause gedacht, sondern zum Lesen. Gleich unterwegs fängt er damit an. Der Mann liest in der Bibel. Die Begegnung mit Jesaja ist eine Begegnung mit der Bibel.

Heute kostet eine Bibel ein paar Euro. Die kann sich jeder und jede leisten. Und es gibt Bibeln in vielen unterschiedlichen Übersetzungen – da ist für jede und jeden was Passendes dabei. In Deutschland gibt's – zumindest in den alten Bundesländern – in so ziemlich jedem Haushalt mindestens eine Bibel. Nur – die Bibel steht im Regal. Liegt in der Schublade. Aber sie wird nicht gelesen. Die Bibel ist der große Bestseller. Aber sie ist der ungelesene Bestseller. Es kommt bei immer weniger Menschen zur Begegnung mit der Bibel. Wie viele von uns sind Bibelbesitzer? Sind Sie auch Bibelbenutzer? Bei vielen Konfirmandinnen und Konfirmanden in der Gemeinde kann man sehen, dass die immer weniger biblische Geschichten kennen. Auch sonst: Tauf- und Trau­sprü­che finden die Meisten nicht mehr in der Bibel, sondern im Internet. Google lässt grüßen. 

Ich google auch gerne. Aber, liebe Leute, wir müssen dringend wieder anfangen, die Bibel zu lesen. Bibeln statt googeln. Das ist unsere Sache als Christenmenschen. Die tägliche Begegnung mit der Bibel, mit dem Wort Gottes, ist so wichtig wie die tägliche Mahlzeit.

Und das wünsche ich Euch und Ihnen: Begegnungen mit der Bibel. Begegnungen mit Jesaja und all den anderen, von denen da berichtet wird. Und mit dem, der durch die Bibel redet. Im Gottesdienst. In Bibel­krei­sen. Im Hauskreis. Aber auch zuhause, im Privatleben, im Alltag. Jeden Tag eine Begegnung mit der Bibel. Das ist was Großartiges.

2. Begegnung: Philippus

Da steht ein Mann am Straßenrand. Ein Anhalter. Der hält nicht den Daumen hoch, weil er mitgenommen werden will. Der hebt beide Hände hoch, weil er die Kutsche anhalten will.

Der Anhalter ist Philippus. Mitarbeiter der Christen-Gemeinde in Jerusalem. Er hat von Gott einen etwas merkwürdigen Auftrag bekommen: „Geh zur Straße, die nach Gaza führt, in die Wüste, in die Einsamkeit.“ Und das, obwohl es in Jerusalem so viel für ihn zu tun gäbe. Aber er lässt die Arbeit liegen und gehorcht Gott.

Als er hört, was der Reisende in der Kutsche da liest – damals war es üblich, dass man laut las – spricht er ihn an: „Verstehst Du auch, was du liest?“ Die Bibel ist ja wirklich nicht immer leicht zu verstehen. Das haben viele schon gemerkt, die's probiert haben. Dafür muss einem Gott die Augen öffnen. Und das Herz. Und manchmal macht er das, indem er andere Menschen beauftragt und sie zu Lese-Helfern macht.

Der Finanzminister hält an, lässt den Anhalter einsteigen, und bald sind die beiden in ein angeregtes Gespräch über Jesaja vertieft und über den, von dem Jesaja redet. Das hilft oft beim Bibellesen: Gemeinsam lesen. Und drüber reden. In Bibelkreisen. Hauskreisen. Usw.

Der Reisende begegnet Philippus. Der äthiopische Finanzminister begegnet dem Jerusalemer Gemeindemitarbeiter. In ihm begegnet er der Gemeinde.

Gemeinde – das ist eine tolle Erfindung Gottes. Gemeinde, das sind Menschen, die auf dem gleichen Weg sind wie ich. Die manch­mal auch im Weg stehen und genau da­durch zu Wegweisern werden können. Ge­meinde, das sind Mitreisende auf dem Weg durch dieses Leben, Mitreisende auf dem Weg zur Ewigkeit. Gemeinde, das sind Menschen mit ganz unterschiedlichen Begabungen und Fähigkeiten, die sich aber wunderbar ergänzen. Menschen, die für mich da sind und für die ich da sein darf. Menschen, die für Sie, für Euch da sind. Und für die Ihr da sein dürft, für die Sie da sein dürfen.

Bitte halten Sie sich zur christlichen Gemeinde. Allein geht man ein. Solo-Christentum funktioniert nicht. Mir sagen oft Menschen: „Ich kann meinen Glauben auch alleine leben.“ Nein, können Sie nicht. Weil Gott Ihnen nicht alles gegeben hat, was Sie für Ihre Glaubensreise brauchen, sondern weil er das zum Teil andern gegeben hat, die Sie ergänzen sollen. Die mit Ihnen auf dem Weg sind. Sie können nicht Gott zum Vater haben, ohne seine anderen Söhne und Töchter als Geschwister zu bekommen.

Das wünsche ich Euch und Ihnen: Dass Sie Ihren, dass Ihr Euren Platz in der Gemeinde findet. Und damit bei dem, der in seiner Gemeinde gegenwärtig ist. Hier kommt’s zu Begegnungen mit Menschen und mit Gott. Das ist was Großartiges.

3. Begegnung: Jesus

Der Finanzminister liest eine schwierige Stelle im Propheten Jesaja. Da geht’s um ein Schaf, das verurteilt und erniedrigt und geschlachtet wird, ein Schaf, das unzählige Nachkommen haben wird. Der hohe Beamte versteht nur Bahnhof. Und Philippus fängt mit diesem Wort der Schrift an und erzählt ihm – von Jesus. Da, in dem, was wir das Alte Testament nennen, geht’s um Jesus. Jesus, der wie ein Schaf geschlachtet wurde – am Kreuz von Golgatha. Jesus, der verurteilt wurde an unserer Stelle. Jesus, der erniedrigt wurde, damit wir erhöht werden können zu einem Leben mit Gott. Jesus, der unzählige Nachkommen, Nachfolger hat – nämlich alle, die an ihn glauben, die ihm vertrauen, die sich ihm anvertrauen.

Das ist jetzt die entscheidende Begegnung. Dahin führen die anderen Begegnungen. Die Begegnung mit der Bibel führt zur Begegnung mit Jesus. Die Begegnung mit der Gemeinde führt zur Begegnung mit Jesus. Der Finanzminister begreift: Jesus, der Gekreuzigte, der Auferstandene, der Lebendige – das ist der, nach dem ich suche. Jesus ist die Antwort auf meine Fragen. Jesus ist das Ziel meiner Sehnsucht. Jesus ist der Halt für mein Leben. Bei Jesus finde ich Sinn. Bei Jesus finde ich Vergebung. Bei Jesus finde ich Zukunft. Bei Jesus finde ich Leben. Ewiges Leben. Weil er das Leben in Person ist. Bei Jesus bin ich zuhause – auch wenn ich noch auf der Reise bin.

Jesus, der Auferstandene, begegnet auch heute Menschen. Durch das Wort der Bibel. Durch die Gemeinschaft der Gemeinde. Durch das gesprochene Wort der Predigt. Vielleicht begegnet er ja gerade jetzt Ihnen und Euch. Damit Ihnen die Augen aufgehen wie dem Minister. Damit Ihr begreift: Jesus – der ist's den ich suche. Jesus – der ist's den ich brauche. Jesus – das ist der, der mich schon lange gefunden hat und der mit mir leben will. 

Eine Lebensreise mit Jesus ist eine großartige und herrliche Sache. Mit ihm führt Ihre, Eure Reise ans Ziel. Die Reise mit Jesus ist immer eine Heimreise.

Der Finanzminister nutzt die nächste Pfütze, um sich taufen zu lassen. Weil er klar machen will: Ich will zu Jesus gehören. Ich will meine Reise mit ihm fortsetzen. Und dann heißt es: „Er zog seine Straße fröhlich.“ 

Das wünsche ich Euch und Ihnen allen. Vielleicht sind heute manche hier, die ihre Reise gerade begonnen haben, die auf der Suche sind, wo und wen und wie sie denn anbeten können. Denen hat Gott versprochen, dass er sich finden lassen wird. Vielleicht sind manche hier enttäuscht von der Kirche, wie der Finanzminister, der in Jerusalem abgewiesen wurde. Die dürfen dem begegnen, der aus unserm Stückwerk sein Werkstück machen kann und bei dem sich Vergebung lernen lässt wie bei keinem andern. Auf einer Durststrecke ruft Jesus Ihnen zu: „Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke.“ Im finstern Tal sollen Sie erfahren und wissen und bekennen: „Du bist bei mir. Dein Stecken uns Stab trösten mich.“ Wenn Sie vielleicht schon lange mitlaufen, aber sich nicht so recht trauen, den letzten Schritt hin zu Jesus zu machen, dann sagt er zu Ihnen: „Fürchte dich nicht! Glaube nur!“ Und wenn Sie auf dem letzten Abschnitt Ihrer Lebensreise sind, dann will Ihnen der begegnen, der gesagt hat: „Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt!“

Ich wünsche Euch, ich wünsche Ihnen solche Begegnungen auf Ihrer, auf Eurer Reise. Begegnungen mit der Bibel. Begegnungen mit der christlichen Gemeinde. Begegnungen mit dem lebendigen Jesus selbst. Damit Sie, damit Ihr, damit wir alle fröhlich unsre Straße ziehen können. Ich wünsche eine fröhliche und gute Reise!

Verfasser: Pfarrer Martin Hecker, Martin-Luther-Straße 9a, 64732 Bad König


Herausgegeben vom

Logo Zentrum Verkündigung

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de

in Kooperation mit dem

Logo Gemeindedienst der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland

Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97

Logo MÖD – Missionarisch Ökumenischer Dienst
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de