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Teste dich selbst und dann vertraue der Treue Gottes

von Ralf Friedrich (Dieburg)

Predigtdatum : 24.08.2008
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 12. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : 1. Thessalonicher 5,14-24
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Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!

Amen

Liebe Gemeinde,

Ratgeber sind in, Ratgeber boomen. Wenn wir uns die Bestseller-Listen in den Buchhandlungen anschauen, dann finden wir Bücher wie „Simplify your Life“, Vereinfache dein Leben auf Deutsch. Dort können wir lesen, wie wir unser Leben einfacher gestalten können. Doch so viel Geld für Ratgeber brauchen wir gar nicht ausgeben.

Einen Ratgeber finden wir auch in der Bibel und dort im Besonderen in unseren heutigen Predigttext aus dem 1. Thessalonicher¬brief, der 14 Tipps für Christen und Christinnen bereit hält, wie wir uns auf die Begegnung mit Jesus Christus vorbereiten können.



Der Brief wurde geschrieben in einer Zeit, wo die frühen Christen glaubten, das Jesus bald zurückkommen werde, allerdings waren in der Zwischenzeit schon einige Gemeindemitglieder gestorben und es herrschte Verwirrung in der Gemeinde. Daraufhin hat Paulus den Brief geschrieben und, wie es offiziell richtig heißt, die 14 Ermahnungen verfasst. Ich spreche lieber von Tipps für christliches Verhalten. Ich lese den heutigen Predigttext:



14 Wir ermahnen euch aber, liebe Brüder: Weist die Unordentlichen zurecht, tröstet die Kleinmütigen, tragt die Schwachen, seid geduldig gegen jedermann.

15 Seht zu, dass keiner dem andern Böses mit Bösem vergelte, sondern jagt allezeit dem Guten nach untereinander und gegen jedermann.

16 Seid allezeit fröhlich,

17 betet ohne Unterlass,

18 seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus an euch.

19 Den Geist dämpft nicht.

20 Prophetische Rede verachtet nicht.

21 Prüft aber alles und das Gute behaltet.

22 Meidet das Böse in jeder Gestalt.

23 Er aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch und bewahre euren Geist samt Seele und Leib unversehrt, untadelig für die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus.

24 Treu ist er, der euch ruft; er wird's auch tun.

Amen



Ein Satz, der für mich wirklich viel Weisheit enthält ist "Prüft aber alles und das Gute behaltet". Ich sehe häufig, wie das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird. Alles was alt ist, wird weggeworfen, ungeprüft! Auf der anderen Seite wird das Neue häufig ungeprüft übernommen. Auch das Neue sollten wir nach Paulus prüfen.

Dieser Prozess der Prüfung, alles zu prüfen soll dazu führen, das Böse und Schlechte zu vermindern und das Gute zu stärken. Die Idee hinter diesem Satz ist daher über die Zeit hinweg gültig. Für mich eine universelle Weisheit.



Prüft aber alles, und das Gute behaltet. Was soll ich den prüfen, frage ich mich, wenn ich den Predigttext lese. Die Antwort ist alles! Das klingt nach viel Arbeit. Das klingt für mich fast unmöglich!



Nun, der Brief wurde ja auch nicht an mich geschrieben, sondern an eine ganze Gemeinde. Da die Gemeinde jedoch aus den Gemeindemitgliedern besteht, möchte ich die paulineschen Tipps zuerst auf jeden Einzelnen von uns anwenden. Die Annahme ist, dass wenn jeder Einzelne sich nach diesen paulinischen Tipps verhält, dann verhält sich auch die ganze Gemeinde danach und die Weisheiten können dann über den Einzelnen hinweg wirken.



Also fange ich an und prüfe doch einfach mal die einzelnen Punkte des Predigttextes. Sie haben dazu ein Blatt erhalten, in dem Sie Ihre eigenen Ergebnisse eintragen können. Am Ende des Tests können Sie dann sehen, wie rund die Weisheiten in Ihrem Leben laufen. Die Idee dahinter ist, dass wenn alle Weisheiten in unserem Leben einen Platz haben, dann dürfte unser Leben als Ganzes auch rund laufen, was wiederum Alles beinhaltet. Womit wir wieder bei Vers 21 wären: „Prüft aber alles und das Gute behaltet.“



Beginnen wir mit dem Vers 14

Wir ermahnen euch aber, liebe Brüder: Weist die Unordentlichen zurecht, tröstet die Kleinmütigen, tragt die Schwachen, seid geduldig gegen jedermann.



Die Unordentlichen in der eigenen Familie zu Recht weisen, ja das klappt. Die Kinder sind da auch manchmal sehr dankbare Menschen, die mir einen Anlass dazu geben. In der Öffentlichkeit ist das schon anders. Wenn ich dort Menschen sehe, die Müll auf die Straße werfen, dann bin ich schon weniger motiviert ihr Verhalten anzusprechen. Was ist der Grund für mein eigenes Verhalten? Vielleicht ist es Angst, dass diejenigen böse und aggressiv reagieren oder ist es vielleicht ein Gefühl von. „Dafür bin ich nicht zuständig. Das soll das Ordnungsamt oder die Polizei übernehmen.“ Die Gründe können verschieden sein.



Tragt die Schwachen. Ja die unterstütze ich. Allerdings wie? Eigentlich durch Spenden und wenn ich sehe, dass ein Mensch Hilfe braucht, biete ich sie an. Allerdings auch nur eingeschränkt. Wenn der Mensch mir Angst macht oder wenn andere Menschen um mich herum stehen, dann fühle ich mich wieder weniger verantwortlich.



Und wie sieht es mit der Geduld aus? Beim Kunden bin schon geduldig, bei meiner Frau oder bei den Kindern wird zweimaliges nachfragen schon mit etwas Kritik in der Antwort gegeben.

Also, so richtig klasse sieht das bei mir nicht aus. Ich gebe mir hier eine 5 von 10 möglichen Punkten.



Sehen wir uns nun den Vers 15 an.

Seht zu, dass keiner dem andern Böses mit Bösem vergelte, sondern jagt allezeit dem Guten nach untereinander und gegen jedermann.



Alles menschliche Verhalten hat eine positive Motivation. Das Ziel ist sicher erstrebenswert, allerdings ist unser Verhalten manchmal ungeeignet zur Zielerreichung. Das kann daran liegen, dass das Ziel schlecht formuliert ist oder wir uns ein anderes Verhalten schlecht vorstellen können. Ein Beispiel: Meine Frau sagt: „Mach bitte den Toilettendeckel zu!“ Ich höre, „Du bist zu faul im Haushalt zu helfen.“ Wie reagiere ich auf den Satz: „Und du könntest auch den Deckel auf die Zahnpastatuben wieder aufschrauben.“ Wie geht die Unterhaltung wohl weiter?

Ich könnte auch anders reagieren: „Schatz, dein Bedürfnis nach einem ordentlichen, schönen Bad ist verletzt und du wünscht dir, dass ich dir helfe dieses Bedürfnis zu erfüllen?“ Mit diesem Ansatz, hat das Böse weniger Möglichkeiten sich in der Beziehung breit zu machen. Es sind ab-und-zu die Wege die zum Ziel führen, die schlecht sind. Seitdem ich darauf achte, meine eigenen Bedürfnisse klarer wahrzunehmen und auch die Bedürfnisse anderer Menschen um mich herum, wird mein Jähzorn weniger und einen Fehdehandschuh lasse ich gerne liegen. Marshall Rosenberg, der Begründer der gewaltfreien Kommunikation, hat einmal gesagt: "Willst du glücklich werden oder Recht haben? Beides zusammen geht nicht." Diesen Satz nehme ich mir zu Herzen. Ich gebe mir für diese Weisheit eine 8 von 10.



Hören wir noch einmal den Vers 16:

Seid allezeit fröhlich,

Das ist für mich schwierig. Ich denke, dass ein erfülltes Leben darin besteht, alle seine Tränen zu weinen und all sein Lachen zu Lachen. Ich bin häufiger fröhlich als traurig, das stimmt. Allezeit fröhlich zu sein, dass schaffe ich nicht. Ich gebe mir hier eine 6 von 10 möglichen Punkten. Und ich weiß auch gar nicht, ob ich daran etwas ändern möchte.

Was sagt Vers 17?

betet ohne Unterlass,

Beten ist ein weites Feld. Bei mir fängt es morgens an mit Luthers Morgensegen und abends mit Luthers Abendsegen. Die Texte sind in unserem Gesangbuch in den Nummern über 800.

Dazwischen bete ich auch mal. Ein Stoßgebet vor einer schwierigen Besprechung oder kurz vor dem Mittagessen. So beten ohne Unterlass, dass mache ich nicht. Ich gebe mir hier 8 von 10 Punkten. Schauen wir uns den nächsten Vers an:

seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus an euch.



Ja, die Dankbarkeit. Dankbar für schöne Tage, dankbar für Situationen in denen ich lernen konnte, dankbar, dass ich meine Rechnungen bezahlen kann, dankbar, dass ich eine tolle Familie habe. Ja, dankbar bin ich unserem Herrn wirklich. Hier gebe ich mir eine 10 von 10. Weiter mit Vers 19:

Den Geist dämpft nicht.

Was bedeutet das eigentlich: Den Geist dämpfen? Ich bin hier auf 2 Möglichkeiten gekommen. Die Erste ist den Geist mit Alkohol und Drogen betäuben. Ja ich trinke ab und zu ein Glas Wein, gedämpft wird mein Geist dadurch nicht. Die Andere Möglichkeit ist, meinen Geist dämpfen indem ich Wahrnehmungsfilter benutze. Wir benutzen alle Wahrnehmungsfilter, sonst könnten wir alle Informationen die wir empfangen gar nicht verarbeiten. Wenn ich mich mit anderen Menschen unterhalte, dann achte ich schon aktiv darauf, den Anderen wirklich zuzuhören und nachzufragen was sie meinen. Dann achte ich darauf was ich selbst sage und wie das wirkt und ankommt. Und doch klappt es nicht immer so, wie ich das vorstelle. Also hier gebe ich mir eine 7 von 10. Hören wir den Vers 20:



Prophetische Rede verachtet nicht.



Prophetische Rede, das ist für mich heute ehrliche Rede. Ein anderes Wort dafür ist Feedback. Heute ist es immer gutes Feedback zu bekommen und zu geben. Feedback kann ein Verhalten verstärken oder ein ungewünschtes Verhalten stoppen. Manchmal sind wir uns unserer eigenen Stärken und unserer eigenen Schwächen nicht bewusst. Da ist es für uns hilfreich, wenn ein Freund oder die Partnerin oder der Partner uns darauf auf eine ehrliche und mitfühlende Weise darauf aufmerksam machen. Ja, ich freue mich, wenn ich Feedback erhalte und ich gebe auch gerne ehrliches Feedback. Hier gebe ich mir eine 9 von 10.



Schauen wir uns den Vers 21 an:

Prüft aber alles und das Gute behaltet.

Ja. Das ist eine Weisheit, die finde ich richtig wertvoll für unsere heutige Zeit. Wie häufig führen wir Veränderungen durch und gießen dabei das Kind mit dem Badewasser aus. Bevor wir etwas anders machen, sollten wir schauen, wo das Gute, das Erhaltenswerte liegt und dann das Gute behalten. Bevor wir etwas Neues einführen oder etwas Neues kaufen, sollten wir es auf das Gute prüfen. Und das in allen unseren Lebensbereichen, auf der Arbeit und im Privaten.

Was ist das Wertvolle an unserer Partnerschaft, an unserer Ehe? Was ist das Gute an unserer Wohnung oder an unserem alten Auto? Muss es etwas Neues sein oder ist Gute in dem Bestehenden genug?

Ja, diese Fragen sollte ich mir selbst häufiger stellen anstatt einfach alles mit dem Kehrbesen nach draußen, außerhalb meines Leben, zu befördern. Hier gebe ich mir eine 5 von 10.



Der letzte Vers der Weisheitsliste:

Meidet das Böse in jeder Gestalt.

Bevor ich das beantworten kann, stellt sich mir eine wichtige Frage: Was ist eigentlich Böse? Wenn ich meine kleine Tochter frage, dann antwortet sie mir, böse ist wenn ein Klassenkamerad sie schlägt oder ich mit ihr schimpfe, nur weil sie ihre Sachen nicht aufgeräumt hat. Böse für meine älteste Tochter ist es, wenn Machthaber strukturelle Armut in ihrem Land zulassen, Böse für einen meiner Freunde in den USA ist der Teufel. Was ist jedoch für mich böse?



Böse ist für mich ein Streit mit meiner Frau oder mit meinen Kindern. Ein Streit, der von einer leichten Brise zu einem richtigen Orkan anwächst.



Das Böse im theologischen Sinne ist eine innere, gottfeindliche Haltung, die sich auf allen Gebieten des Lebens auswirkt.



Wenn ich jetzt Jesus Doppelgebot der Liebe als Maßstab für das Gute ansetze und dann den Streit mit meiner Frau oder mit meinen Kindern dagegen halte, dann ist in dem Augenblick wenig von warmen, innigen Gefühlen zu spüren, das heißt, da ist wenig Liebe.



Allerdings haben wir auch gelernt, einen Streit zu stoppen, bevor er eskaliert. Wir machen dass indem wir auf unser Herz hören und dann entscheiden, ist es wirklich wichtig, jetzt Recht zu bekommen. Also gebe ich mir hier eine 7 von 10.



Jetzt sind wir schon mit unserem kleinen Selbsttest fertig. Wie sieht das Ergebnis aus? Läuft das Rad der Weisheit rund oder hat es Ecken? Vielleicht haben Sie ja Anregungen für sich selbst mitgenommen.



Nachdem wir uns nun selbst an Paulus Weisheiten geprüft haben, würden wir in einer Zeitung auf eine andere Seite blättern und uns die Auflösung des Tests anschauen. Heißt es: Ja ich habe ein Ergebnis mit dem könnte ich die Goldmedaille holen, wenn es eine Disziplin im Weisheitsverhalten geben würde oder muss ich zurück in einen Bibelkurs und mich als Christ nachschulen lassen?



Das Ergebnis wird Sie und euch vielleicht verblüffen. Es steht bereits im unserem heutigen Predigttext. Ich lese die Verse 23 und 24:

23 Er aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch und bewahre euren Geist samt Seele und Leib unversehrt, untadelig für die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus.

24 Treu ist er, der euch ruft; er wird's auch tun.



In anderen Worten: „Gott ist uns treu und wird uns bewahren durch alle Schwierigkeiten, Zweifel, Irrtümer, Moden hindurch – darum sind wir frei: frei uns das Gute zu wählen, frei auch das Gute zu tun.“



Mir gibt dieses Wissen eine Sicherheit

und eine wirkliche Freiheit und ich hoffe Ihnen und euch auch. Weil Gott uns bewahrt, müssen wir nicht selbst ständig damit beschäftigt sein, uns zu bewahren, oder unsere weiße Weste zu bewahren, oder die Gemeinde zu bewahren.



Wir können befreit davon, frei, „entspannt“, unseren Glauben leben. Wir können unsere Traditionen prüfen und alle neuen Moden, weltliche Modeerscheinungen und kirchliche, und können frei das Gute daraus herausnehmen.



Wir können fröhlich und dankbar die Sorge um uns selbst sein lassen und uns anderen Menschen zuwenden und Gutes tun.

Abschließend möchte ich noch einmal zu meinem Favoriten zurückkommen, den Vers 21: Prüft aber alles und das Gute behaltet. Was ist mit „gut“ in diesem Vers wirklich gemeint?



Da scheint mir doch gemeint: „Gut“ im Sinne Jesu Christi und das bedeutet: In Verbindung mit dem lebensfreundlichen Gott leben, und selbst lebensfreundlich sein. Zu sich selbst und zu anderen.



Und so wünsche ich uns allen, das Gute, das Göttliche in unserem zu sehen und unser Handeln nach unserem Schöpfer auszurichten. Unser Leben wird dann sicher noch erfüllter sein, als es jetzt schon ist.



Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.



Amen