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Trinitatis

von Ulrich Bergner (61352 Bad Homburg)

Predigtdatum : 03.06.2012
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Pfingstmontag
Textstelle : Epheser 1,3-14
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Predigt
Gnade sei mit uns und Friede von Gott unserm Vater und unserm Herrn Jesus Christus. Amen.
Wir stellen uns unter Gottes Wort, das am heutigen Sonntag Trinitatis, gepredigt werden soll. Es ist aufgezeichnet im Epheser Brief im ersten Kapitel.
Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus. Denn in ihm hat er uns erwählt, ehe der Welt Grund gelegt war, dass wir heilig und untadelig vor ihm sein sollten. In seiner Liebe hat er uns dazu vorherbestimmt, seine Kinder zu sein durch Jesus Christus nach dem Wohlgefallen seines Willens zum Lob seiner herrlichen Gnade mit der er uns begnadet hat in dem Geliebten. In ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden nach dem Reichtum seiner Gnade, die er uns reichlich hat widerfahren lassen in aller Weisheit und Klugheit.
Denn Gott hat uns wissen lassen das Geheimnis seines Willens nach seinem Ratschluss, den er zuvor in Christus gefasst hatte, um ihn auszuführen, wenn die Zeit erfüllt wäre, dass alles zusammengefasst würde in Christus, was im Himmel und auf Erden ist. In ihm sind wir auch zu Erben eingesetzt, die wir dazu vorherbestimmt sind nach dem Vorsatz dessen, der alles wirkt nach dem Ratschluss seines Willens. Damit wir etwas seien zum Lob seiner Herrlichkeit, die wir zuvor auf Christus gehofft haben.
In ihm seid auch ihr, die ihr das Wort der Wahrheit gehört habt, nämlich das Evangelium von eurer Seligkeit. In ihm seid auch ihr, als ihr gläubig wurdet, versiegelt worden mit dem Heiligen Geist, der verheißen ist. Welcher ist das Unterpfand unseres Erbes zu unserer Erlösung, dass wir sein Eigentum würden zum Lob seiner Herrlichkeit. (Eph 1, 3-14)
Gott Vater, Sohn, Heiliger Geist wende du dich uns zu. Sammle unsere Gedanken. Führe und leite uns. Amen.
Liebe Gemeinde. Das ist eigentlich zu viel, zu viel für einen Predigttext. Zuviel jedenfalls, um beim ersten und wahrscheinlich auch beim zweiten oder dritten Hören die ganze Fülle und den Reichtum dessen zu fassen, was uns der der Apostel hier mitzuteilen hat. Was ich eben vorgelesen habe, ist im griechischen Text des Neuen Testamentes ein einziger Satz. Es ist der längste Satz im ganzen Neuen Testament. Alles, was dem Verfasser wichtig ist, wofür er Gott zu loben und zu danken hat, das packt er in diesen gewaltigen nicht enden wollenden Satz hinein. Und dann ist es auch noch der erste Satz seines Rundschreibens an Gemeinden in und um Ephesus. Man kann einen Brief auch schlichter eröffnen, weniger überladen, weniger vollmundig, weniger opulent.
Aber, liebe Gemeinde, würden wir das auch sagen, wenn wir der Ouvertüre eines Konzerts lauschen, einer Oper, in der das Orchester nun mit Pauken und Trompeten strahlend und volltönend aufspielt zur Eröffnung? Der Komponist will gleich am Anfang unsere ganze Aufmerksamkeit gewinnen und will uns in das musikalische Geschehen hinein locken und hinein holen. Die leisen Töne werden folgen. Die langsamen, die nachdenklichen Sätze kommen noch. So ist dieser nicht enden wollende Satz die Ouvertüre eines Briefes, ein einziger großer, überschwänglicher Lobpreis, verfasst in der feierlichen Sprache der großen Gebete jener Zeit. Ähnliches finden wir nur in den großen Gebeten der Synagoge des ersten Jahrhunderts. Und das Ganze ist hier auch noch versehen mit einer geballten Ladung Theologie. Beinahe alle wichtigen theologischen Begriffe kommen in irgendeiner Form vor oder werden berührt.
Nein, wir werden in diesem Gottesdienst die ganze Fülle nicht auszuschöpfen vermögen. Doch hier gilt: Die nachdenklichen, die leisen Töne, die Probleme, das alles kommt noch, aber nicht heute. Jetzt, in dieser Ouvertüre, regiert der ganze Reichtum, der ganze Schatz Gottes, der uns anvertraut wird. So wird die strahlende Ouvertüre, dieser große Lobpreis, zugleich zu einem deutlichen, großen Einspruch gegen das, was in und um Ephesus damals die Menschen bewegte. Denn es gab in den kleinasiatischen Gemeinden um die Metropole Ephesus wirklich keinen Grund zum uneingeschränkten Lobpreis. Diese winzige Minderheit, die nichts anderes als eine religiöse Splittergruppe darstellte, stand in der Gefahr, sich einzuigeln, sich zurückzuziehen vor einer Öffentlichkeit, die, wenn nicht gleichgültig, dann doch sehr ablehnend war und nicht mit Anfeindungen sparte. Man stand in der Gefahr, sich einzuigeln und ein Christentum auf Sparflamme zu leben. Nur nicht zu sehr auffallen, war die Devise. Und über allem regierte auch noch die Zivilreligion des römischen Kaiserkults.
Interessanter Weise setzt da unser Briefauftakt ein. Er rückt die wahren Machtverhältnisse zurecht. Nicht regional, sondern argumentiert der Apostel, sondern global. In der Tat – er nimmt den Mund richtig voll. Keine Spur von einer zurückgezogenen apolitischen Innerlichkeit, die er den Mitchristen dort empfiehlt. Wer so in den höchsten Tönen von Gottes Wirken redet, der weist alle anderen Macht- und alle anderen Besitzansprüche in ihre Grenzen. Das alles tritt zurück. Von wegen - Christentum auf Sparflamme. Von wegen - nur nicht auffallen. Von wegen - ein Glaube, der sich zurückzieht in die eigenen vier Wände der persönlichen, privaten Frömmigkeit, weil draußen sowieso nur Spott, Anfeindung oder Gleichgültigkeit zu erwarten sind. Es gibt keine Welt, die nach eigenen Gesetzen neben Gottes Willen existieren könnte. Das ist die Botschaft. Gott regiert auch da, wo man nichts von ihm wissen will.
Und dann holt dieser Apostel unglaublich weit aus: Ehe der Welt Grund gelegt war, bevor Gott alles ins Leben gerufen hat, hat er sich schon längst entschieden. Da hat er sich für uns entschieden. Unser Leben, unser ganzes Dasein ist nicht das Ergebnis zufälliger Entscheidun-gen und Wirkungen. Wir sind gewollt. Jeder von uns ist von Gott gewollt. Das ist die Bot-schaft, die durch die Zeiten wandert, die dieser Apostel, ein gelehrter Schüler des Paulus, uns zu sagen hat. Die ganze Schöpfung, die Welt in der wir leben, ist Ausdruck der Liebe Gottes. Dass wir das nicht nur persönlich verstehen! Nein, nicht klein gedacht. Dieser Apostel denkt im wahrsten Sinne des Wortes groß.
Und die Liebe Gottes ist für ihn kein abstrakter und blutleerer Begriff. Sie hat einen Namen: Jesus Christus. In Christus hat es sich der himmlische Gott nicht nehmen lassen in den Raum unserer menschlichen Geschichte, in unsere Geschicke einzutreten. Und wie ein roter Faden durchzieht unsere Zeilen dieses wiederholte „in Christus“. Wie der Taktschlag, wie die Grundmelodie: „in Ihm“, „durch Ihn“, „in Christus“, „im Geliebten“, immer wieder Christus. Das ist die Grundmelodie der großen Ouvertüre. In Christus, da ist unser Lebensraum. In ihm hat sich das Geheimnis allen Lebens enthüllt - woher es kommt und wohin es geht.
In Christus sind wir gesegnet. Und segnen heißt nichts anderes als: „In ihm sagt Gott uns Gutes zu und Gutes nach.“ In ihm sind wir erwählt. Erwählt, wie sonst nur ein Mensch seine Geliebte, eine Geliebte ihren Geliebten erwählt. In Christus sind wir vorherbestimmt, prädestiniert dazu Gottes Kinder zu sein. In ihm und durch ihn sind wir begnadet, vom Reichtum der göttlichen Gnade umgeben wie von der Luft, die wir atmen. Größer kann man nicht vom Christusgeschehen reden als das hier der Apostel tut.
In Christus ist alles, was im Himmel und auf Erden ist, zusammengefasst. Alles, was Himmel und Erde trennt, ist in ihm aufgehoben. Ein offener Himmel über einer Erde, die sich oft genug nur mit sich selbst beschäftigt. Und der Apostel will ihn aufreißen, diesen Himmel, den wir oft zumachen. Und alles, was an uns zieht und zerrt, was uns bedrückt und bedrängt, das kann doch nie diese Beziehung zwischen Gott und uns durchtrennen, die Gott in Christus eingegangen ist - diese einzigartige göttliche Liebesbeziehung. Und wenn wir noch so oft verunsichert sind, es könnte doch neben dieser Beziehung, neben Christus noch andere Lebensräume geben, in die Gottes Liebe nicht hineinreicht, weil dort eigene Gesetze der Machtausübung gelten, dann steht dagegen, dass Gottes großes Geheimnis, seine liebevolle göttliche Einmischung, nicht Halt gemacht hat vor der Einmischung in die innersten welt-lichen Angelegenheiten. Und die innerste weltliche Angelegenheit – das ist noch immer der Tod. Als sich Gott in den Tod Jesu Christi eingemischt hat, da hat er in ihm unseren Tod in sein ewiges Leben mitgenommen.
Wir feiern heute den Sonntag Trinitatis, den Tag der heiligen Dreifaltigkeit. Wir feiern, dass Gott sich nicht mit sich selbst begnügt, dass er sein grenzenlos ewig reiches Leben nicht für sich behält, sondern dass das göttliche Leben sich im Beziehungsreichtum seiner Liebe erst recht äußert. Dass Gott der Vater, der Ursprung allen Lebens, sein ewiges Leben in Christus, in einem sterblichen Menschen, mit uns teilen will. Und dass dieses Geheimnis des Glaubens durch den heiligen Geist, mit dem wir alle in unserer Taufe versiegelt wurden, - auch darauf spielt der Epheserbrief an, - dass dieses Geheimnis des Glaubens aller Welt bekannt gemacht wird durch uns.
Das zeugt vom bewegten Leben Gottes, von dem bewegten Leben Gottes, das wir die Dreifaltigkeit des einen Gottes nennen. Gott ist und bleibt nicht für sich allein. Er tritt immer wieder aus sich heraus. Er lässt sich von dem bewegen, was uns bewegt. Er nimmt teil an den Geschicken dieser Welt. Und er mischt sich unermüdlich ein mit seiner Liebe, noch wenn wir ganz am Ende sind.
In Christus, schreibt der Apostel, sind wir zu Erben eingesetzt worden, damit wir etwas seien zum Lob seiner Herrlichkeit. Da geht es, liebe Gemeinde, nicht um natürliche Erbfolge, die uns geschuldet ist, da geht es um ein ganz besonderes Vertrauensverhältnis, wenn Gott uns in Christus zu Erben einsetzt. Da erwählt er uns zu Trägern seines Geheimnisses. Jawohl. Sie alle, wir hier miteinander - Geheimnisträger, wie sie sonst nur in den Zentren der Macht zu finden sind, wo die wichtigen Entscheidungen hinter verschlossenen Türen fallen. Wir sind Geheimnisträger, die sich jeden Sonntag in einer offenen Kirche treffen. Ein offenes Geheimnis, teilen wir miteinander. Und das nicht, - und das ist nun auffällig, - damit wir irgendetwas tun und bewirken. Davon redet der Brief an dieser Stelle mit keinem Wort. Sondern zunächst einmal, „damit wir etwas seien zum Lob seiner Herrlichkeit“.
Vielleicht ist es das, was uns am wenigsten leicht fällt. Weil wir etwas sein wollen, deshalb machen wir etwas aus uns. Und je mehr wir aus uns machen, desto weniger wagen wir das Einfachste und vergessen, wie menschlich es ist, einfach da zu sein. Denn wir sind doch erst etwas nach unserem landläufigen Verständnis, wenn wir etwas tun, wenn wir etwas vorzuweisen haben, wenn wir etwas geleistet haben. Kaum ein Bereich, in dem wir nicht Leistungsnachweise und Tätigkeitsberichte erbringen müssen. Kaum ein Bereich, in dem nicht die Performance benotet wird, in dem nicht die Bilanz stimmen muss. Der oder Die ist etwas, der eine gute Leistungsbilanz vorzuweisen hat. Solche Menschen werden gefeiert. Das gilt im Guten wie im Schlechten, dass wir geneigt sind, uns und andere mit ihren Taten zu identifizieren.
Gott dagegen leistet es sich, uns auszuerwählen, bevor wir überhaupt irgendetwas Gutes tun konnten. Ja sogar, wenn wir versagen, bleiben wir auserwählt, prädestiniert dazu, seine Kinder zu sein. Was Gott sich da leistet, darüber können wir uns nur wundern. „Ehe der Welt Grund gelegt war“, hat er uns vorherbestimmt seine Kinder zu sein, hat er uns in das Geheimnis seiner Liebe hineingezogen, ohne uns irgendwelche, auch keine frommen, Leistungsnachweise abzuverlangen. Das alles kommt hier nicht vor. Es ist reine, pure Gnadenzusage in dieser großen Ouvertüre an die bedrängten Christen Kleinasiens. Und so auch an uns. Und dazu noch schenkt er uns die Vergebung der Sünden in Christus. Das, liebe Gemeinde, können wir uns nur voller Staunen gefallen lassen. Und wenn wir uns das gefallen lassen, dass wir in Gottes Augen doch schon längst wer sind, dass er sein beziehungsreiches Leben mit uns teilen will und seine göttliche Liebesgeschichte mit uns erst am Anfang steht, dann fangen wir an etwas zu sein zum Lob seiner Herrlichkeit. Dann wird unser Herz weit zum Dank und zur Freude am Dasein Gottes.
Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, dem dreieinigen Gott, der für uns da ist und da sein wird in Ewigkeit. Amen
Pfarrer Ulrich Bergner, Evangelische Kirchengemeinde Bad Homburg-Gonzenheim

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