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Umkehr

von Bernd Rapp (London)

Predigtdatum : 20.11.2019
Lesereihe : I
Predigttag im Kirchenjahr : Buß- und Bettag
Textstelle : Römer 2,1-11
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Wochenspruch: Gerechtigkeit erhöht ein Volk, aber die Sünde ist der Leute Verderben. (Sprüche 14,34)

Psalm: 130

Predigtreihen

Reihe I: Römer 2,1-11
Reihe II: Jesaja 1,10-18
Reihe III: Matthäus 7,12-20
Reihe IV: Offenbarung 3,1-6
Reihe V: Hesekiel 22,23-31
Reihe VI: Lukas 13,(1-5)6-9

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 366, 1-4 Wenn wir in höchsten Nöten sein
Wochenlied: EG 144 Aus tiefer Not lasst uns zu Gott
Predigtlied: EG 232 Allein zu Dir, Herr Jesu Christ
Schlusslied: EG 477 Nun ruhen alle Wälder

Predigttext Römer 2, 1 -11

Gericht über alle Menschen

(Predigttext kann auch im Verlauf der Predigt gelesen werden)

1 Darum, o Mensch, kannst du dich nicht entschuldigen, wer du auch bist, der du richtest. Denn worin du den andern richtest, verdammst du dich selbst, weil du ebendasselbe tust, was du richtest.
2 Wir wissen aber, dass Gottes Urteil zu Recht über die ergeht, die solches tun.
3 Denkst du aber, o Mensch, der du die richtest, die solches tun, und tust auch dasselbe, dass du dem Urteil Gottes entrinnen wirst?
4 Oder verachtest du den Reichtum seiner Güte, Geduld und Langmut?

Weißt du nicht, dass dich Gottes Güte zur Buße leitet?

5 Du aber, mit deinem verstockten und unbußfertigen Herzen, häufst dir selbst Zorn an für den Tag des Zorns und der Offenbarung des gerechten Gerichtes Gottes,
6 der einem jeden geben wird nach seinen Werken:

7 ewiges Leben denen, die in aller Geduld mit guten Werken trachten nach Herrlichkeit, Ehre und unvergänglichem Leben;
8 Zorn und Grimm aber denen, die streitsüchtig sind und der Wahrheit nicht gehorchen, gehorchen aber der Ungerechtigkeit;
9 Trübsal und Angst über alle Seelen der Menschen, die das Böse tun, zuerst der Juden und auch der Griechen;
10 Herrlichkeit aber und Ehre und Frieden allen denen, die das Gute tun, zuerst den Juden und ebenso den Griechen.
11 Denn es ist kein Ansehen der Person vor Gott.

Liebe Schwestern und Brüder,

Büßen und Beten sollen wir heute (Abend). Der ganze Tag heute steht unter dieser Überschrift. Was soll das eigentlich heißen? Für was soll das gut sein? Ja, wie macht man das überhaupt, das Büßen und das Beten?

Ganz schön schwierige Fragen ... Überhaupt ist der Herbst, das Ende des Kirchenjahres ja immer übersät mit schwierigen Themen. Da geht es um Leid, um Tod und Trauer, ja eben auch um Buße und Gericht. Alles Themen, die uns fast irgendwie schon lästig sind auf dem Weg zum Advent und auf dem Weg Richtung Weihnachten.

Trotzdem tut es uns Menschen gut, wenn wir ab und zu mal wieder daran erinnert werden, dass unser Leben eben nicht vollkommen in Ordnung ist. Es ist gut, mal wieder daran erinnert zu werden, dass unser Leben nicht nur unter dem Zuspruch, sondern auch dem Anspruch Gottes steht. Es ist wichtig zu hören, dass Buße, dass Umkehr immer wieder nötig – und auch immer wieder möglich ist.

Paulus hat in seinem Brief an die Römer diesen Anspruch Gottes an uns beschrieben. Er hat beschrieben, wie wir eigentlich vor Gott dastehen und wie es um uns bestellt ist.

(Röm 2, 1 - 11 Verlesung des Predigttextes hier oder zu Beginn der Predigt)

Im Nachdenken über den Text ging mir folgendes Bild immer wieder durch den Kopf. Ich stellte mir immer ein großes Gerichtsverfahren vor. Mit Richter, mit einem Ankläger, und mit mir auf der Anklagebank. „Darum, o Mensch, kannst du dich nicht entschuldigen, wer du auch bist...“ so hieß es gleich am Anfang. Egal wer, ob Frau Müller oder Herr Meyer, ob Pfarrer Rapp oder Frau Doktor Schulz! Wir können uns nicht entschuldigen – nein, wir werden schuldig. Automatisch. Niemand von uns ist ohne Schuld, selbst wenn wir noch so sehr an uns arbeiten, selbst wenn wir noch so sehr uns bemühen. Denn so wie mir geht es doch allen. Ich zeige so gern mit dem Finger auf andere, die andern, die sind doch die Bösen, die Bosse dort oben, die verdienen doch so viel Geld und ziehen es den Kleinen aus der Tasche, die andern, die fangen doch immer den Streit an, immer die andern...

(Parkplatz: Hier können auch gut aktuelle Beispiele eingebaut werden)

Aber sie wissen es: wer mit einem Finger auf den andern zeigt, zeigt mit drei Fingern auf sich selbst.

Wir, wir alle sitzen auf der Anklagebank und der Richter hat allen Grund, uns schuldig zu sprechen. Der Ankläger braucht gar nicht lange bei uns zu suchen, und er wird dunkle Flecken, Ungereimtheiten, Missgunst, Schadenfreude, Unwahrheiten, Streit und vieles mehr finden. Keiner, wirklich keiner kann von dieser Bank aufstehen und sagen: Ich bin unschuldig. Da ist kein Ansehen der Person.

Wie wird das Gerichtsverfahren ausgehen? Steht meine Verteidigung? Reichen denn meine guten Werke, das ewige, unvergängliche Leben zu bekommen oder falle ich in Ungnade und Zorn, weil meine Bemühungen doch so kläglich oft scheitern?

Gottes Gericht kommt – das ist keine schöne Botschaft. Sie verängstigt, sie ist unangenehm und deshalb wird sie leicht verdrängt, nach dem Motto: eigentlich bin ich ja ein ganz ordentlicher Mensch.

Buße tun, sich wandeln, anders werden – können wir das überhaupt? Ist das in unserem Programm eigentlich drin? Wir kennen uns doch: bestimmte Ecken und Kanten, bestimmte Macken und Marotten, die bekommt man einfach nicht mehr raus, selbst wenn man es wollte.

Wie geht das Verfahren aus, kommt es zum Schuldspruch über uns, zum endgültigen Urteil?

Einen Beteiligten, den haben wir noch gar nicht erwähnt. Vom Richter habe ich gesprochen, vom Ankläger und uns als Angeklagten. Aber in jedem rechtsstaatlichen Verfahren gibt es auch einen Verteidiger. Und das ist unser Glück und unsere Hoffnung. Denn wir haben nicht nur einen Pflichtverteidiger, sondern in Jesus Christus einen Anwalt, der sich selbst für uns einsetzt.

Wir haben nun zwei Möglichkeiten. Wir können großzügig auf diesen Anwalt verzichten und versuchen, uns selbst aus der Schlinge zu ziehen. Viele machen das ja, sie machen sich selbst und den andern was vor, sie spielen den Starken, der keiner Hilfe bedarf, der allein durchs Leben und auch durch das Sterben kommt.

Die andere, weitaus bessere Möglichkeit ist das Vertrauen, das Vertrauen in diesen Anwalt, in diesen Helfer, in diesen Fürsprecher Jesus Christus. Er hat nicht nur gute Argumente, sondern sein eigenes Leben und Sterben in die Waagschale zu werfen, um unsere Schuld vor Gericht zu sühnen. Er ist selbst zum Opfer geworden, damit wir die Freiheit erlangen können.

Paulus, der den Römerbrief ja schrieb, hat das selbst an sich so erfahren. Er ist ja der Prototyp der Buße, der Umkehr, vom Saulus zum Paulus. Und wer das erfahren hat, dass Gott gerade in den Schwachen mächtig ist, dass Gott gerade denen ganz nah sein will, die seine Hilfe am dringendsten brauchen, für die ist Buße kein verordnetes schlechtes Gewissen, sondern ein Fest, ein Fest der Freude, dass Gottes Geduld mit uns kein Ende nimmt. Buße beginnt damit, dass wir umdenken, dass wir uns selbst ganz realistisch als Angeklagte sehen, die sich zwar in vielem mühen, aber doch so oft versagen. Das Umdenken geschieht darin, dass es dabei nicht bleiben muss, dass ich mich ändern darf, weil ich weiß, da hält einer zu mir, da macht mich jemand stark, gerade dann, wenn ich schwach bin. Dieser Bußtag ist eine Erinnerung an die Freundlichkeit Gottes, der auf meine Umkehr zu ihm wartet.

Ich wünsche uns, dass wir nicht nur einen Buß- und Bettag im Jahr begehen, sondern dass das Gebet unser täglicher Begleiter wird, so wie die Buße. Buße, verstanden als Freude an Gottes Geduld mit uns. Buße als Wissen, dass wir in Jesus Christus den besten Verteidiger der Welt haben. Buße als Chance, jeden Tag umzudenken und neu anfangen zu können. Buße nicht nur als Einsicht in die eigene Schwäche, sondern als Wissen darum, dass Gott gerade in den Schwachen mächtig ist. Buße als heilsame Neuausrichtung im Horizont der Liebe Gottes.  

Amen

Verfasser: Pfarrer Bernd Rapp, 22 Downside Crescent, London-Ost


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