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Umkehr

von Traude Prün (Prot. Kirchengemeinde Grünstadt)

Predigtdatum : 18.11.2020
Lesereihe : II
Predigttag im Kirchenjahr : Buß- und Bettag
Textstelle : Jesaja 1,10-18
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Wochenspruch: Gerechtigkeit erhöht ein Volk, aber die Sünde ist der Leute Verderben. (Sprüche 14,34)

Psalm: 130

Predigtreihen

Reihe I: Römer 2,1-11
Reihe II: Jesaja 1,10-18
Reihe III: Matthäus 7,12-20
Reihe IV: Offenbarung 3,1-6
Reihe V: Hesekiel 22,23-31
Reihe VI: Lukas 13,(1-5)6-9

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 389 Ein reines Herz, Herr, schaff in mir
Wochenlied: EG 428 Komm in unsre stolze Welt (Ersatzmelodie 115)
Predigtlied: EG 412 So jemand spricht: Ich liebe Gott
Schlusslied: EG 262 Sonne der Gerechtigkeit

Predigttext Jesaja 1,10-18

Gottes Anklage gegen das abtrünnige Volk

10 Höret des HERRN Wort, ihr Herren von Sodom! Nimm zu Ohren die Weisung unsres Gottes, du Volk von Gomorra!
11 Was soll mir die Menge eurer Opfer?, spricht der HERR. Ich bin satt der Brandopfer von Widdern und des Fettes von Mastkälbern und habe kein Gefallen am Blut der Stiere, der Lämmer und Böcke.
12 Wenn ihr kommt, zu erscheinen vor meinem Angesicht – wer fordert denn von euch, dass ihr meine Vorhöfe zertretet?
13 Bringt nicht mehr dar so vergebliche Speisopfer! Das Räucherwerk ist mir ein Gräuel! Neumond und Sabbat, den Ruf zur Versammlung – Frevel und Festversammlung – ich mag es nicht!
14 Meine Seele ist feind euren Neumonden und Jahresfesten; sie sind mir eine Last, ich bin's müde, sie zu tragen.
15 Und wenn ihr auch eure Hände ausbreitet, verberge ich doch meine Augen vor euch; und wenn ihr auch viel betet, höre ich euch doch nicht; denn eure Hände sind voll Blut.
16 Wascht euch, reinigt euch, tut eure bösen Taten aus meinen Augen. Lasst ab vom Bösen,
17 lernt Gutes tun! Trachtet nach Recht, helft den Unterdrückten, schafft den Waisen Recht, führt der Witwen Sache!
18 So kommt denn und lasst uns miteinander rechten, spricht der HERR. Wenn eure Sünde auch blutrot ist, soll sie doch schneeweiß werden, und wenn sie rot ist wie Purpur, soll sie doch wie Wolle werden.

Predigt

„Das ist ja Sodom und Gomorra hier!“ So sagen wir manchmal, wenn es irgendwo drunter und drüber geht, wenn die Sitten verkommen sind oder die Bosheit beispiellos. „Wie Sodom und Gomorra!“ Unsere Redensart bezieht sich auf zwei Städte am Toten Meer, die vor mehr als 3000 Jahren untergegangen sind. Von denen wird in der Bibel berichtet. Die Menschen dort sollen besonders ruchlos und böse gewesen sein: Bruch des Gastrechtes – im alten Orient ist das eine schwerwiegende Sache – sexuelle Gewalt (Gen. 19), Hochmut und Geiz (Ez 16,49). Genaueres wissen wir nicht. Jedenfalls hatte Gott beschlossen, die Städte wegen ihrer Bosheit auszulöschen. Feuer und Schwefel ließ er auf sie regnen. So kann man es nachlesen in der Bibel im 1. Buch Mose,  bei den Abrahamsgeschichten. Abraham hatte nämlich einen Neffen, Lot. Der war nach Sodom gezogen und lebte dort mit seiner Familie. Wir kommen später noch einmal darauf zurück.

Sodom und Gomorra jedenfalls sind sprichwörtlich geworden. Sie stehen für Sittenlosigkeit, für Bosheit und Ruchlosigkeit, für alles was Gott ein Gräuel ist. Sodom und Gomorra, das heißt: Schlimmer geht’s nicht mehr.

Und jetzt geht der Prophet Jesaja in den Tempel von Jerusalem. Gerade wird Gottesdienst gefeiert - ein sehr gut besuchter Gottesdienst übrigens, die Menschen drängen sich im Tempelvorhof. Und Jesaja stellt sich hin und ruft, dass es jeder hören kann: „Ihr Herren von Sodom, ihr Volk von Gomorra! Hört was Gott euch zu sagen hat!“ „Sodom und Gomorra!“ klingt anders als „liebe Gemeinde!“ Sind die Jerusalemer so schlimm? Schlimmer geht es nicht?  Sind die Menschen, die in den Tempel gekommen sind, nicht da um Gott zu ehren? Sie lassen sich die Verehrung Gottes doch einiges kosten. Sie bringen Opfer dar: Kälber, Schafe, Feldfrüchte, Räucherwerk. Was ist falsch daran?

Jesaja ruft: „Hört, was Gott sagt: Ich mag eure Opfer nicht! die Brandopfer, die Speisopfer, die Räucheropfer – ich bin das alles satt. Lasst das! Eure Festgottesdienste, eure Gebete – ich mag es nicht. Und wenn ihr noch so viel betet – ich höre nicht hin.“ Gott will tatsächlich die Gottesdienste nicht!

Was ist falsch am Gottesdienst? Die Frage ist wichtig, schließlich sind wir hier ja auch zusammen zum Gottesdienst. Könnte auch bei uns etwas falsch laufen?

Gar nichts ist falsch am Gottesdienst. Die Gebete, die Lieder, auch die Opfer die damals noch üblich waren, sie sind nicht der Kritikpunkt. Am Gottesdienst ist nichts falsch. Aber die Haltung, mit der er gefeiert wird! Die Haltung ist falsch.

„Und wenn ihr auch eure Hände ausbreitet, verberge ich doch meine Augen vor euch; und wenn ihr auch viel betet, höre ich euch doch nicht; DENN eure Hände sind voll Blut.“ Das ist es: an ihren Händen klebt Blut. An ihren Händen klebt Unrecht. Ihr Handeln passt nicht zu ihren Gebeten. Was sie im Alltag tun, geht nicht zusammen mit ihren frommen Festen, was sie in ihren Häusern machen, nicht zu dem was im Tempel passiert. „Frevel UND Festversammlung!“ Darin liegt der Widerspruch.

Man kann Gott nicht ehren im Gottesdienst, wenn man an anderem Ort redet und handelt, als gäbe es ihn nicht. Wer Gott wirklich ehrt, der ehrt ihn eben nicht nur im Gottesdienst, der ehrt ihn auch im Alltag, indem er sich nach Gottes Worten richtet. Das Wort Gottes aber weist uns immer auch hin zu unserem Mitmenschen. Gott lieben UND den Nächsten wie sich selbst. Wir kennen das Doppelgebot der Liebe.

Und wir kennen die Zehn Gebote: Die ersten handeln von der Beziehung zu Gott: Keine anderen Götter haben, keine Gottesbilder anbeten, den Namen Gottes nicht missbrauchen, den Feiertag heiligen. Die anderen handeln von der Beziehung zu unseren Mitmenschen: Vater und Mutter ehren, nicht töten, nicht ehebrechen, nichts Falsches über einen anderen sagen, nicht stehlen, nicht begehren, was Anderen gehört.  Gott UND Mitmensch, das lässt sich nicht trennen. Gottesdienst und Dienst am Nächsten gehören zusammen. Der Gottesdienst findet im Alltag seine Fortsetzung.

Jesaja nennt zwei klare Forderungen Gottes. Erstens: Lasst ab vom Bösen!“ Zweitens: lernt Gutes tun!

Das Böse nicht mehr tun, das ist das eine. Was böse ist bei ihnen da in Jerusalem, scheint den Beteiligten klar zu sein. Jesaja nennt keine Beispiele. Aber wir können ja selber denken und finden bestimmt vieles, was auch uns betrifft: Setzt keine Lügen in die Welt! Nutzt die Notlage eines anderen nicht aus! Drückt die Preise nicht, sondern seid fair! Verlangt keine Wuchermieten! Nehmt niemandem etwas weg, was ihm gehört – auch nicht der Firma, bei der ihr arbeitet, auch nicht dem Supermarkt, auch nicht dem Staat! Bedrückt keine Fremden! (Gerne andere oder weitere Konkretionen)

Aber das Böse lassen, das reicht nicht. Nun auch das Gute tun. Das versteht sich nicht von selbst, man muss es lernen. „Lernt Gutes tun!“ sagt Jesaja und hilft seinen Leuten auf die Sprünge: „Trachtet nach Recht, helft den Unterdrückten, schafft den Waisen Recht, führt der Witwen Sache!“ Waisen und Witwen waren damals schutzlos. Sie konnten sich in vielem nicht selbst helfen. Wir können dankbar sein, dass das in unserem Staat mit seiner sozialen Absicherung und seinem Rechtssystem deutlich anders aussieht.

Dennoch: In jeder Gesellschaft gibt es die, die am Rand stehen und die sich nicht selbst helfen können. Die nicht fähig sind den Kampf bei Krankenkassen und Behörden selbst auszutragen. Menschen, denen man zu ihrem Recht verhelfen muss. Indem man sie begleitet, selbst oder indem man professionelle Hilfestellung mitfinanziert.

Das Gute tut sich nicht von selbst, auch in einem Wohlfahrtsstaat nicht. Ohne die ehrenamtlich Engagierten sähe es schlimm aus in unserem Land, in unserer Welt. Gott sei Dank gibt es sie, die Menschen bei der Feuerwehr, die grünen Damen im Krankenhaus, die Mitarbeiter im Weltladen, im Naturschutz, die im Besuchsdienst der Kirchengemeinde, den Hospizdienst …  (hier orts- und gemeindenahe Beispiele nennen)

Und es gibt die, die zu Hause pflegen oder Hilfsdienste in der Nachbarschaft übernehmen und es gibt sie, die ohne Eigennutz schenken können: Zeit, Blumen, Geld, Einkaufsfahrten und Gebete. Und es gibt sie, deren Gewissen empfindsam ist, die wissen was unser Einkaufsverhalten ausrichtet in der weiten Welt und was unser Energieverbrauch bedeutet für die Schöpfung. Und die deshalb etwas ändern in ihrem Umfeld. Es gibt sie, die Menschen, die das Gute lernen wollen. Und hoffentlich gehören wir dazu.

Aber gleichzeitig gibt es auch die leise Stimme in unserem Inneren, die sich gerne meldet und fragt: Warum solltest Du das tun? Die anderen tun es ja auch nicht. Was hast du davon?! Einer allein richtet eh nichts aus! Und unversehens sucht unser Herz eine Zweitwohnung in Sodom und unser Kopf lässt sich eingemeinden von Gomorra. Jesajas Scheltrede trifft deshalb nicht nur die Gemeinde in Jerusalem, sie trifft auch uns. Uns persönlich, unsere Kirchengemeinde, unser Gemeinwesen, unser Land.

Sodom und Gomorra sind untergegangen. Eine bleibende Mahnung: Gott ist unser Handeln nicht gleichgültig. Sodom und Gomorra erinnern aber auch an Abraham. Abraham hat sich in besonderer Weise eingesetzt hat für die Menschen dort. Als er erfährt, dass Gottes Strafgericht die Städte zerstören soll, da versucht er, Gott umzustimmen. Er betet: „Es könnten vielleicht fünfzig Gerechte in der Stadt sein. Ach, Herr, willst du die dann auch umbringen zusammen mit den Ungerechten? Das kannst du doch nicht machen! Vergib dem Ort doch um der fünfzig Gerechter willen.

Und Gott lässt sich tatsächlich ein auf Abrahams Bitte. Wenn 50 Gerechte in der Stadt sind, wird er sie verschonen. Trotzdem bleibt Abraham besorgt: Möglicherweise sind es keine 50, sondern 5 weniger. Sollte Gott die Stadt vernichten, nur weil die 5 fehlen? Und so betet er: „Ach Herr, verschone sie, auch wenn es nur 45 Gerechte gibt.“ Und Gott lässt sich auch darauf ein. Wieder und wieder betet Abraham. Gott möge die Stadt verschonen, wenn es nur 40 Gerechte dort gibt, nur 30, nur 20, zuletzt kommt er an bei gerade mal noch 10. Und jedes Mal lässt sich Gott darauf ein. 10 Gerechte würden Gott reichen.

So wunderbar diese Geschichte auch ist, Abrahams Bemühung wird am Schluss erfolglos bleiben, es gibt keine 10 Gerechte in der Stadt.
Dennoch bringt uns diese Geschichte auf eine wichtige Spur. Buß- und Bettag ist - der Name sagt es ja -  ein BETTAG. Ein Tag an dem wir fürbittend eintreten für unsere Gemeinde, für unsere Stadt, für unser Volk. Gott möge barmherzig sein und uns nicht in unser Verderben rennen lassen. Gott möge barmherzig sein und uns herausretten aus den Folgen unseres egoistischen Handelns. Nicht um 10 Gerechter willen – wer sollten die denn sein? – aber um des EINEN Gerechten willen. Um Jesu willen, der die Schuld der Welt trägt, auch die unsere. Wir beten für unsere Stadt und unser Volk. Wir tun es nicht als Außenstehende, wir stehen ja mittendrin. Auch wir sind nicht frei von Schuld. Auch wir haben unseren Anteil an Ungerechtigkeit und Lieblosigkeit dieser Welt. Auch wir brauchen Umkehr und Erneuerung. Die aber kann geschehen, wenn wir bereit sind, auf Gott zu hören. Darauf zielt Jesajas harte Predigt. Darauf zielt der Buß- und Bettag. Die Hände, an denen Blut klebt und Unrecht, sollen wieder rein werden, die blutrote Sünde darf schneeweiß werden. Und dann werden die Hände, die jetzt zum Beten ruhn, lernen, das Gute zu tun. Mit seiner Hilfe.
Amen

Verfasserin: Pfarrerin Traude Prün, Kirchheimer Straße 2, 67269 Grünstadt


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