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Viererlei Ackerfeld

von Felizitas Muntanjohl (65549 Limburg)

Predigtdatum : 23.02.2003
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Sexagesimae
Textstelle : Lukas 8,4-8.(9-15)
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Wochenspruch:

Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet, so verstockt eure Herzen nicht. (Hebräer 3,15)

Psalm: 119,89-91.105.116 (EG 748)

Lesungen

Altes Testament:
Jesaja 55, (6-9) 10-12a
Epistel:
Hebräer 4,12-13
Evangelium:
Lukas 8,4-8 (9-15)

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 166,1-2+4(!)-5
Tut mir auf die schöne Pforte
Wochenlied:
EG 196
oder EG 280
Herr, für dein Wort sei hoch gepreist
Es wolle Gott uns gnädig sein
Predigtlied:
EG 572
Gottes Wort ist wie Licht in der Nacht
Schlusslied:
EG 384
Lasset uns mit Jesus ziehen

4 Als eine große Menge beieinander war und sie aus den Städten zu ihm eilten, redete er in einem Gleichnis: 5 Es ging ein Sämann aus zu säen seinen Samen. Und indem er säte, fiel einiges auf den Weg und wurde zertreten, und die Vögel unter dem Himmel fraßen's auf. 6 Und einiges fiel auf den Fels; und als es aufging, verdorrte es, weil es keine Feuchtigkeit hatte. 7 Und einiges fiel mitten unter die Dornen; und die Dornen gingen mit auf und erstickten's. 8 Und einiges fiel auf gutes Land; und es ging auf und trug hundertfach Frucht. Als er das sagte, rief er: Wer Ohren hat zu hören, der höre!
[9 Es fragten ihn aber seine Jünger, was dies Gleichnis bedeute. 10 Er aber sprach: Euch ist's gegeben, die Geheimnisse des Reiches Gottes zu verstehen, den andern aber in Gleichnissen, damit sie es nicht sehen, auch wenn sie es sehen, und nicht verstehen, auch wenn sie es hören.
11 Das Gleichnis aber bedeutet dies: Der Same ist das Wort Gottes.
12 Die aber auf dem Weg, das sind die, die es hören; danach kommt der Teufel und nimmt das Wort aus ihrem Herzen, damit sie nicht glauben und selig werden. 13 Die aber auf dem Fels sind die: wenn sie es hören, nehmen sie das Wort mit Freuden an. Doch sie haben keine Wurzel; eine Zeit lang glauben sie und zu der Zeit der Anfechtung fallen sie ab. 14 Was aber unter die Dornen fiel, sind die, die es hören und gehen hin und ersticken unter den Sorgen, dem Reichtum und den Freuden des Lebens und bringen keine Frucht. 15 Das aber auf dem guten Land sind die, die das Wort hören und behalten in einem feinen, guten Herzen und bringen Frucht in Geduld.

Liebe Gemeinde!
Dies Gleichnis Jesu kennt wohl jeder von uns. Es ist sehr eindrücklich, und der Evangelist Lukas hat eine Erklärung des Gleichnisses angefügt, die ebenfalls sehr überzeugend die Wirkung des Wortes Gottes beschreibt, so wie wir es tagtäglich vor Augen haben an uns und an anderen. Diese möglichen Wirkungen von Gottes Wort, damals so wie heute, schauen wir uns noch mal genauer an.
Jesus steht nun auf dem freien Land, und aus allen Städten ringsherum strömen die Leute zu ihm, um ihn predigen zu hören. (Ich wird’ da schon ein bisschen neidisch. Was mich so sonntags erwartet, ist doch eine recht übersichtliche kleine Gruppe.) Aber offenbar sieht Jesus das gar nicht als so guten Erfolg an. Er sieht mehr als die Zahl von Leuten, die jetzt so begeistert ist. Er sieht die Leute, die da stehen, und weiß, dass sie jetzt kommen, weil sie meinen, sie könnten da etwas Spektakuläres erleben, etwas hören, was so sonst nicht alle Tage gesagt wird und vielleicht sogar ein paar Mächtige ärgert.
Aber heute abend wird das schon anders aussehen und morgen und in einem Jahr schon ganz und gar. Wer sich’s wirklich behält, bei wem es auch etwas bewirken wird, das werden nur ganz wenige von den vielen sein, die jetzt noch so interessiert scheinen.
Manchmal finde ich das ja schon bedrückend, wenn ich so sonntags vor der / einer Gemeinde stehe und sehe, wie wenige das sind, die überhaupt etwas davon wissen wollen. Ein paar treue Menschen sind da, auf die kann ich rechnen, da merke ich: hier ist auch Glaube, ein kleines, aber beständiges Pflänzchen. Aber die meisten aus der Gemeinde haben Wichtigeres zu tun, als sich eine Rede von einem veralteten Gott anzuhören. Und dann bekomme ich Tipps von anderen Kirchenleuten: Machen Sie viele Freizeiten, besondere Gottesdienste, viel Werbung, eine Menge Jugendarbeit, häufige Besuche – dann wird etwas entstehen, das bringt Erfolg. Wir müssen halt in Konkurrenz treten zur Freizeitindustrie, zum gemütlichen Ausschlafen, wir müssen halt attraktiver uns darstellen.
Und dann denke ich dran, wie unsere Kirchenvorsteher von Tür zu Tür liefen und fast bettelten: Wir brauchen dringend Kandidaten für den Kirchenvorstand, wären Sie nicht bereit? Und an mindestens jeder zweiten Tür ein fast / geradezu entrüstetes: „Wieso ich?“ erhielten. „Kommt gar nicht in Frage, ich habe keine Zeit!“
Und dann fällt mir diese Geschichte von Jesus ein. Er hatte den Erfolg, den die Kirche sich (ich mir) manchmal wünscht, aber er wusste, dass der Zulauf trügt. Übrig bleiben werden ganz wenige. Die Menge macht’s nicht. Wenn viele von Gott hören, gibt es auch viele, die nichts damit zu tun haben wollen. Von Gott etwas hören, heißt noch nicht viel. Da gibt es noch eine Menge andere Einflüsse, und die wiegen schwerer.
Bei den einen fallen die Worte von Gott gleich neben das brauchbare Feld. Sie machen sich gar nicht erst lange Gedanken, sie haben das überlegene Nein schon gleich zur Hand. Gott kann man nicht sehen und nicht beweisen, ich lass mir doch keine Märchen erzählen. Sie versuchen’s gar nicht erst mit dem Glauben, weil sie sich dazu viel zu gescheit finden.
Die zweiten wissen schon, dass die Vernunft allein allzu enge Grenzen hat. Sie wollen glauben und versuchen es auch wirklich ernsthaft. Und der Same bringt ein kleines, mutiges Pflänzchen hervor. Aber der Boden ist nicht tief genug. Wenn die Sonne kommt, hat es nicht genug Saft. Es gibt eine Menge Anfechtungen für den Glaubenden, die den Glauben leicht schwankend machen können. Bei dem einen ist es eine schmerzvolle Krankheit, die er meint nicht verdient zu haben. Und er zweifelt an Gottes Gerechtigkeitssinn und Liebe, weil er so geplagt ist.
Bei dem andern ist es ein Unglücksfall in der Familie, bei dem schwer zu erkennen ist, welchen Sinn das haben soll. Es ist kaum einzusehen, dass Gott damit einen Plan verfolgen könnte und so erscheint es einfach sinnlos und grausam.
Bei dem nächsten ist es das Leiden an der Ungläubigkeit der Menschen, die sie zu Krieg und Grausamkeit, Kälte und Ungerechtigkeit treibt. Und diese leiden wirklich an der Unsichtbarkeit Gottes.
Solche Anfechtungen können Menschen in Verzweiflung stürzen. Es wachsen Zweifel, die den noch schwachen Glauben leicht wieder erschüttern oder gar zerstören können.
Die Dritten nehmen den Glauben an, sie werden Christen und halten sich auch an die üblichen Ausdrucksformen wie Taufe und Konfirmation. Aber sie lassen ihren Glauben zusammen aufwachsen mit allerhand anderen Dingen, die ihnen ebenso wichtig sind. Sie finden den Glauben schon in Ordnung, aber er soll sich gut einfügen und nicht auffallen. Er soll sich einpassen in den gewohnten Rhythmus und nicht einen besonderen Anspruch erheben.
So scheint es sich zu Anfang ganz gut ineinander zu fügen. Aber im Nu sind die anderen Pflanzen größer und überwuchern die eine kleinere. Plötzlich gibt es viele Dinge, die nicht nur neben dem Glauben wichtig sind, sondern jetzt auch wichtiger geworden sind. Und wenn derjenige sich entscheiden müsste, würde er eher auf den Glauben verzichten als auf irgend etwas anderes, das ihm wichtig geworden ist.
Und so bleiben ein paar, ganz wenige übrig, die gutes Land sind. Sie haben sich nicht von den klugen Erkenntnissen der Vernunft verwirren lassen, sondern haben Gott ernst genommen. Sie haben Infragestellungen erlebt: Krankheiten und Unglücksfälle, Zweifel und Erfolglosigkeit. Sie sind manchmal erschüttert worden in ihrem Glauben, aber sie haben sich an diesen Jesus gehalten, der auch all das erleben musste.
Sie haben in Zeiten der Stürme ihre Wurzeln tiefer gegraben und haben gespürt, dass die Kraft der Wurzeln stärker ist als die flüchtigen Winde. Sie haben Jesus vor Augen behalten und ihn in ihren schwachen Stunden bei sich gewusst. Und nun tragen sie ihn tiefer im Herzen und beständiger.
Und dann sind gute Zeiten gekommen, Zeiten der Freude und des Reichtums, der kleinen Sorgen und der großen Wünsche. Aber diese Zeiten sind noch weit gefährlicher für den Glauben als die Zeit der Anfechtungen. Der Kampf lässt Kräfte entdecken, die Not ruft zum Bewältigen heraus. Das Wohlsein schläfert ein und macht den Geist träge. Wer in der Not noch beten gelernt hat, der vergisst es schnell, wenn es nichts mehr gibt, was uns unsere Grenzen bewusst macht. Das Wohlergehen ist die schwerste Prüfung für den Glauben, und es gibt nicht viele, die diese Prüfung durchgestanden haben. Die meisten stehen vor den Scherben ihres Glaubens und wundern sich, warum ihr Krug kein Wasser mehr hält.
Wer den Glauben auch da bewahrt hat, bei dem ist der Same auf gutes Land gefallen. Er hat eine Pflanze in sich wachsen, die hundertfältig Frucht bringt. Da ist kein Dornengestrüpp dazwischen, an dem andere sich blutig reißen. Sein Glaube bringt Früchte. Das hat Christus dieser Pflanze versprochen. Was sind das für Früchte, die so ein beständiger Glaube bringt?
Erstmal sind es ganz kleine: dass wir einen Ort wissen, wo wir jederzeit uns hinwenden können, dem keine Zeit zu spät, keine Lage zu aussichtslos ist, um uns zu Hilfe zu kommen. Wir müssen nur von Herzen klopfen, dann macht er seine Tür auf.
Eine andere Frucht zeigt sich dann: Weil wir einen Helfer wissen, der sich um uns sorgt, können uns Angst und Sorgen nicht mehr den Atem nehmen und das Herz zum Jagen bringen. Wir wissen, dass das Wasser des Glaubens unsere Wurzeln so stark macht, dass kein Wind uns mehr umreißen kann.
Mal für Mal sammeln sich so Erfahrungen mit Gott an, die kein noch so kluges Argument uns ausreden und noch so reizvolle Werbung uns vergessen lassen kann. Schließlich würden wir nichts, und sei es uns noch so wichtig, eintauschen gegen das Eine: unseren Glauben.
Wer in seinem Glauben so weit gekommen ist, der wird auch die Angst vor dem Tod verlieren, weil er weiß, dass Gott auch am Ende dieses letzten Weges auf ihn wartet.
Ich habe nicht viele Menschen kennen gelernt, die solchen Glauben haben. Aber diese wenigen sind mir wichtiger als hundert noch so nette Mitmenschen. Sie haben mich gelehrt, dass es Hilfe gibt, die nicht nach Gegenleistung fragt; dass es Freundlichkeit gibt, die nicht berechnend ist; dass es Vertrauen gibt, das man nicht ständig als berechtigt beweisen muss; dass es Hoffnung gibt, die nicht auf hohlen Sprüchen baut. Diese paar haben mir Gott gezeigt, Gott in Menschengestalt, Gott heute in dieser Welt. Und das ist das Größte und Schönste, was Menschen einander zeigen und lehren können.
Gottes Same ist klein, wenn er ausgestreut wird. Wer will, kann ihn zertreten oder übersehen oder klein halten. Das sind Möglichkeiten. Wirklich und auf Dauer glücklich werden wir nur mit einer Möglichkeit: gutes Land zu sein für Gottes Same, Gottes Angebot an Leben. Irgendwie leben kann jeder. Aber ein feines, gutes Herz entwickeln und Frucht bringen, die nicht bei der nächsten Naturkatastrophe oder Krieg oder Gewalttat wieder in sich zusammenfällt, das ist eine größere Sache. Irgendetwas glauben kann jeder. Aber diesem unsichtbaren, unbeweisbaren Gott zutrauen, dass er Früchte hervorbringt wie nichts sonst – das ist eine größere Sache. Damit werden wir leben können, nicht nur bis heute Abend oder bis zur nächsten Erschütterung, sondern in alle Zukunft hinein. Das ist das Angebot, das Gott uns macht. Amen.

Verfasserin: Pfrn. Felizitas Muntanjohl, Theodor-Bogner-Str. 20, 65549 Limburg/Lahn

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