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Wachsam sein

von Mirjam-Christina Redeker (99084 Erfurt)

Predigtdatum : 21.11.2021
Lesereihe : III
Predigttag im Kirchenjahr : Letzter Sonntag des Kirchenjahres: Ewigkeitssonntag
Textstelle : Jesaja 65,17-19(20-22)23-25
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Wochenspruch: Lasst eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen. (Lukas 12,35)

Psalm: 126

Lesungen

Reihe I: Matthäus 25,1-13 EV
Reihe II: Offenbarung 21,1-7 EP
Reihe III: Jesaja 65,17-19(20-22)23-25 AT
Reihe IV: Markus 13,28-37
Reihe V: 2. Petrus 3,(3-7)8-13
Reihe VI: Psalm 126,1-6

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 450 Morgenglanz der Ewigkeit
Wochenlied: EG 147 Wachet auf, ruft uns die Stimme
Predigtlied: EG+ 163 Wie sollen wir es fassen
Schlusslied: EG 65 Von guten Mächten

Predigttext: Jesaja 65,17-19(20-22)23-25

17 Denn siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird.
18 Freuet euch und seid fröhlich immerdar über das, was ich schaffe. Denn siehe, ich erschaffe Jerusalem zur Wonne und sein Volk zur Freude,
19 und ich will fröhlich sein über Jerusalem und mich freuen über mein Volk. Man soll in ihm nicht mehr hören die Stimme des Weinens noch die Stimme des Klagens.
(20 Es sollen keine Kinder mehr da sein, die nur einige Tage leben, oder Alte, die ihre Jahre nicht erfüllen, sondern als Knabe gilt, wer hundert Jahre alt stirbt, und wer die hundert Jahre nicht erreicht, gilt als verflucht.
21 Sie werden Häuser bauen und bewohnen, sie werden Weinberge pflanzen und ihre Früchte essen.
22 Sie sollen nicht bauen, was ein anderer bewohne, und nicht pflanzen, was ein anderer esse. Denn die Tage meines Volks werden sein wie die Tage eines Baumes, und ihrer Hände Werk werden meine Auserwählten genießen.)
23 Sie sollen nicht umsonst arbeiten und keine Kinder für einen frühen Tod zeugen; denn sie sind das Geschlecht der Gesegneten des HERRN, und ihre Nachkommen sind bei ihnen.
24 Und es soll geschehen: Ehe sie rufen, will ich antworten; wenn sie noch reden, will ich hören.
25 Wolf und Lamm sollen beieinander weiden; der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind, aber die Schlange muss Erde fressen. Man wird weder Bosheit noch Schaden tun auf meinem ganzen heiligen Berge, spricht der HERR.

Predigt

Meine Trauer

Liebe Gemeinde,

heute am Ewigkeitssonntag denken wir an unsere Verstorbenen. Unsere Gedanken gehen zurück an den Tag, als der geliebte Mensch gestorben ist. Vielleicht auch an die Zeit davor. An das Leiden, das vorher gewesen ist. An Mühen, die wir auf uns genommen haben. Vielleicht auch zu manchem, was zwischen uns offengeblieben ist. Dass wir nicht mehr genügend Zeit hatten. Dass nicht mehr alles zwischen uns geklärt werden konnte. Dass der Tod viel zu früh oder viel zu plötzlich gekommen ist.

Ich denke an Besuchsverbote im Krankenhaus oder Pflegeheim. An Trauerfeier nur im engsten Familienkreis. Aber auch an die Zeit danach. An die große Traurigkeit und Leere in den folgenden Tagen und Wochen nach dem Abschied. Oder an das Gefühl der Erleichterung, wenn der Tod eine Erlösung von langem Leiden gewesen ist.

Sie haben erfahren, wie sich Trauer anfühlt. Aber auch, wie sie sich im Laufe der Zeit verändert. Und manche von uns haben vielleicht auch schon wieder ein Stück weit gelernt, nach vorne zu schauen.

Nach vorne schauen. Den Lebensweg weitergehen. Eine Aufgabe, die bewältigt werden muss. Aber was kann dabei helfen?

Ganz sicher die Menschen, die uns begleiten. Die uns Kraft geben und uns Mut zusprechen. Ganz sicher auch die Wünsche und Lebensträume, die uns erfüllen. Und einige unter uns sagen auch: Mir hilft mein Glaube. Dass Gott ganz nah bei mir ist und mich hindurchführt durch das Dunkel der Trauer. Hin zum Licht! In eine neue Zukunft!

Jesaja malt Hoffnungsbilder

Liebe Gemeinde, dieser Glaube ist schon alt. Er wird weitergegeben von Generation zu Generation. Und mit ihm auch die Hoffnungsbilder, die er hervorgebracht hat. Wir haben vorhin schon davon gehört: Vom neuen Himmel und der neuen Erde, vom neuen Jerusalem, vom ewigen Frieden, vom Ende des Leids und dem Ende des Todes.

Seit es solche Hoffnungsbilder gibt, spenden sie Menschen Trost. Weil sie uns sagen: Was immer Ihr hier auf dieser Erde erlebt, in Eurer Zeit, in Eurem Leben – es wird nicht das Letzte sein. Denn es gibt etwas über dieses Leben hinaus. Etwas Wunderbares. Und das berührt schon heute unsere Gegenwart und sogar die Erinnerung an unsere Lieben.

Auch im Alten Testament gibt es solche Hoffnungsbilder. Der Prophet Jesaja malt sie mit diesen Worten:

So spricht der HERR: »Ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen. An die alte Welt wird niemand mehr denken; was früher einmal war, wird für immer vergessen sein.
Freut euch und jubelt ohne Ende über das, was ich tue: Jerusalem will ich zu einem Ort der Freude machen, und die Menschen darin umgebe ich mit Glück.

Auch ich werde jubeln über Jerusalem und über mein Volk glücklich sein. Alles Weinen und Klagen wird dann verstummen.
Dann wird kein Säugling mehr nur wenige Tage leben, und alte Menschen sterben erst nach einem erfüllten Leben. Wer mit 100 Jahren stirbt, wird als junger Mensch betrauert, und wer die 100 Jahre nicht erreicht, gilt als von Gott verflucht.
Dann wird man sich Häuser bauen und sie auch selbst bewohnen; kein Fremder lässt sich darin nieder. Man wird Weinberge anpflanzen und ihren Ertrag selbst genießen; kein Fremder isst von ihren Früchten. Denn in meinem geliebten Volk werden die Menschen so alt wie Bäume und genießen die Frucht ihrer Mühe.
Keine Arbeit ist dann mehr vergeblich. Die Kinder, die sie zur Welt bringen, werden nicht mehr früh sterben. Denn sie sind das Volk, das ich, der HERR, segne. Zusammen mit ihren Kindern und Enkeln werden sie im Land leben.
Ehe sie zu mir um Hilfe rufen, stehe ich ihnen bei, noch während sie beten, habe ich sie schon erhört.
Wolf und Lamm werden friedlich zusammen weiden, der Löwe wird Heu fressen wie ein Rind, und die Schlange wird sich von Erde ernähren. Man wird nichts Böses mehr tun und niemandem schaden auf meinem ganzen heiligen Berg. Mein Wort gilt!«

Liebe Gemeinde, wenn ich mir diese Bilder vor Augen male, dann denke ich: das ist das Paradies, das ist all das, wonach wir uns sehnen: Weinen, Klagen und Kummer sollen nicht mehr sein. Stattdessen Jubel und große Freude bei Gott und bei den Menschen. Eine helle gemeinsame Freude an der Welt, in der wir leben.

Die Menschen haben ein langes und gesegnetes Leben, kein Kind muss mehr sterben.

Reiche Ernten, die niemand wegnimmt. Niemand wird mehr vertrieben. Jede und jeder hat ein gutes Auskommen. Die Arbeit ist erfüllend, sinnvoll und kreativ. Es gilt nicht länger: Fressen und gefressen werden, sondern es herrschen Friede und Heil.

Und sogar zwischen den Menschen und Gott herrscht ein inniges Verstehen ohne Worte: Gott hört uns schon, ehe wir unsere Bitte aussprechen: Wie eine Mutter erspürt, was ihre Kinder brauchen.

Bilder in den schönsten und wärmsten Farben entstehen da vor meinen Augen.

Alles nur billiger Trost?

Ist das nur billiger Trost, wie manche behaupten? Nur frommes Wunschdenken? Eine schöne Vertröstung auf einen „Sankt-Nimmerleinstag“, die nichts mit unserem Leben und mit unserer Trauer zu tun hat? Oder können auch wir uns an diesen Trostworten festhalten und daraus Kraft schöpfen?

Der Glaube an "einen neuen Himmel und eine neue Erde" war früher genauso wenig einleuchtend wie heute. Die Menschen hatten Ängste und Sorgen wie wir. Gerade waren sie von einer langen Zeit der Verschleppung nach Jerusalem zurückgekehrt und sahen ihre Stadt in Schutt, und Asche liegen. Und doch war diese Hoffnung auf einen neuen Anfang lebendig. Die Menschen haben aus diesen Hoffnungsbildern Mut geschöpft. Mut, ihre Stadt und ihren Tempel wiederaufzubauen. Mit Gott an der Seite in die Zukunft zu schauen und ihren Weg weiterzugehen. Die Farben der Hoffnung verblassen nicht. Sie entfalten bis heute ihre Kraft. Weil sie Gottes Versprechen enthalten. Das Versprechen einer neuen Wirklichkeit, die bereits angebrochen ist. Mitten unter uns.

Gottes Versprechen ist nicht leer, sondern hat Anhalt in seinem Schöpfungshandeln

Ich vertraue darauf, dass der Schöpfer des Himmels und der Erde auch die neue Erde und den neuen Himmel schaffen wird. Denn Gottes Versprechen hat einen tiefen Anhaltspunkt: Gott hat mich ins Leben gerufen und zu mir gesprochen: "Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein!" (Jes 43, 1b). Er hat diese Erde und auch mich geschaffen und erhält mich noch.  Er hat Jesus Christus von den Toten auferweckt und spricht auch zu mir und dir: "Ich lebe, und Ihr sollt auch leben!" (Joh 14,19)

Diese Zusage steht über meinem ganzen Leben - mit allen Ängsten und Hoffnungen. Sie gilt auch über den Tod hinaus.
Sie tröstet mich, wenn ich um einen geliebten Menschen trauere. Sie macht mir Mut, wenn ich mir Sorgen um unsere Welt mache, in der es so viel Tod, Leid, Tränen und Schmerzen gibt.

Mit Gottes Augen in die Zukunft schauen

Gott sagt zu mir: „Vertrau mir! Schau nicht nur zurück, sondern auch nach vorn! Halte Deine Sehnsucht wach. Ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen.“  Gott lädt mich ein, unsere Welt, mein Leben und meine Zukunft mit seinen Augen zu sehen. Mit helleren, leuchtenden Farben.

So verspricht er mir: „Wenn du trauerst, will ich dich trösten. Ich will deine Tränen abwischen. Ich nehme dich bei der Hand, öffne die Tür und zeige dir einen neuen Raum: Dieser Raum ist nicht nur schwarz, grau und dunkel wie Deine Trauer und der Tod.

Die Trauer um Deinen geliebten Menschen wird nie ganz verschwinden. Denn sie ist die Schattenseite deiner Liebe. Sie zeigt dir, wie kostbar deine Beziehung war. Aber es werden andere Farben dazukommen. Wie mit Pinsel und Ölfarben wirst Du immer mehr Bilder malen, die Dich an Eure gemeinsame Zeit erinnern. Szenen Eures Lebens in gelb, rot, orange, blau und grün. Wenn du dich dankbar erinnerst, werden die Farben zu leuchten beginnen.

Der Mensch, um den Du trauerst, ist nun in meiner Hand geborgen. Ich habe ihn bei seinem Namen gerufen – in alle Ewigkeit. Blau ist die Farbe des Vertrauens. Himmelblau. Vertrau mir!

Noch wirst du dich in diesem neuen Raum fremd und allein fühlen. Aber ich bin mit dir. Wenn dir kalt wird, will ich dich wärmen. Auch durch die Menschen, die ich dir zur Seite stelle. Dein Kind, Deinen Enkel, deine Freundin. Langsam, ganz zart, wird in diesem Raum die Freude zunehmen. Wie ein zartes, warmes Gelb, das sich Stück für Stück über das Schwarz der Trauer legt. Ich übertünche deine Trauer nicht, sie gehört zu dir, aber sie ist umfangen von meinem Licht. Wie auch der Mensch, den Du so schmerzlich vermisst. Du wirst wieder eigene Farben der Hoffnung finden. Mit ihnen Deine Zukunft weitermalen.

Gott sagt: "Vertrau mir, gib mir deine Hand! Ich halte dich, lasse dich nicht los, auch wenn du stolperst und zurückschaust. Ich geh mit dir weiter deinen Weg und führe dich ins Helle und Weite.“

Amen.

Gedenken der Verstorbenen am Ewigkeitssonntag

Das Gedenken an die Verstorbenen kann im Eingangsteil des Gottesdienstes oder vor dem Fürbittengebet gehalten werden.
Eine große Schale (oder Holztrog) mit feuchtem Sand steht vor den Altarstufen bereit. Haushaltskerzen oder Devotionalkerzen (in Kirchenläden erhältlich) liegen bereit.

Unsere Gedanken gehen an diesem Tag zurück zu den Menschen, die einmal unser Leben teilten:
Eltern, Freunde, Weggefährten, Kinder …
Sie haben zu uns gehört.
Ihr Tod hat uns und unser Leben verändert.
Wir gedenken unserer Verstorbenen.

Wir gedenken der Menschen aus unserer Gemeinde,
deren Namen wir gleich hören werden,
die im zurückliegenden Jahr gestorben sind.

Wir gedenken auch der vielen Namenlosen,
um deren Sterben wir wissen.

Wir gedenken der Kinder,
die in den Schoß Gottes zurückgekehrt sind,
ehe sie das Licht der Welt erblickt haben.

Wir gedenken der Menschen, die durch Krieg,
Hunger und Gewalt sterben.
Wir vertrauen darauf,
dass sie alle bei Gott ihren Namen haben für alle Zeit.

Dass ihre Namen in Gottes Buch des Lebens
eingeschrieben sind.
Wir vertrauen darauf,
dass Gottes ewiges Licht für sie leuchtet.

Aus dieser Gemeinde sind im zurückliegenden Jahr verstorben:

Verlesen der Namen (mit Alter), Anzünden der Kerzen.

Wenn für alle Genannten eine Kerze brennt:

Sie sind eingeladen, in der folgenden Zeit der Stille auch Ihrer Verstorbenen zu gedenken und wenn sie möchten, hier eine Kerze anzuzünden.

– Zeit lassen – (Evtl. Orgel oder andere Musik)

Danach L:

Dieses Licht entzünden wir für alle Namenlosen, derer nicht gedacht wird.

Wenn auch dieses Licht brennt:

– Stille –

(Eine gute Maßgabe für die Dauer der Stille ist, wenn Sie sich als Liturg/Liturgin selbst die Zeit nehmen, die Sie brauchen, um zu beten oder still zu werden.)

Dann:

„Gott spricht: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst.
Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“
Die Verstorbenen gehören jetzt zu Gott.
Gott behüte sie
und tröste uns.
Amen.

Lied

Verfasserin: Pfarrerin Dr. Mirjam-Christina Redeker, Persönliche Referentin der Präsidentin des Landeskirchenamtes der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM)


Herausgegeben vom

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