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Warten auf den Herrn und seinen Tag

von Christian Kurzke (Kraftsdorf)

Predigtdatum : 08.11.2020
Lesereihe : II
Predigttag im Kirchenjahr : Drittletzter Sonntag des Kirchenjahres
Textstelle : 1. Thessalonicher 5,1-6(7-11)
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Wochenspruch: Siehe, jetzt ist die Zeit der Gnade, siehe, jetzt ist der Tag des Heils! (2. Korinther 6,2)

Psalm: 85,9-14

Predigtreihen

Reihe I: Lukas 6,27-38
Reihe II: 1. Thessalonicher 5,1-6(7-11)
Reihe III: Psalm 85,1-14
Reihe IV: Lukas 17,20-24(25-30)
Reihe V: Römer 8,18-25
Reihe VI: Micha 4,1-5(7b)

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 450 Morgenglanz der Ewigkeit
Wochenlied: EG 152 Wir warten dein, o Gottes Sohn
Predigtlied: EG 545, 1-4 Wir gehen hinauf nach Jerusalem
Schlusslied: EG 258 Zieht in Frieden eure Pfade

Predigttext 1. Thessalonicher 5,1-6(7-11)

Der Tag des Herrn

1 Von den Zeiten aber und Stunden, Brüder und Schwestern, ist es nicht nötig, euch zu schreiben;
2 denn ihr selbst wisst genau, dass der Tag des Herrn kommt wie ein Dieb in der Nacht.
3 Wenn sie sagen: »Friede und Sicherheit«, dann überfällt sie schnell das Verderben wie die Wehen eine schwangere Frau, und sie werden nicht entrinnen.
4 Ihr aber seid nicht in der Finsternis, dass der Tag wie ein Dieb über euch komme.
5 Denn ihr alle seid Kinder des Lichtes und Kinder des Tages. Wir sind nicht von der Nacht noch von der Finsternis.
6 So lasst uns nun nicht schlafen wie die andern, sondern lasst uns wachen und nüchtern sein.
(7 Denn die da schlafen, die schlafen des Nachts, und die da betrunken sind, die sind des Nachts betrunken.
8 Wir aber, die wir Kinder des Tages sind, wollen nüchtern sein, angetan mit dem Panzer des Glaubens und der Liebe und mit dem Helm der Hoffnung auf das Heil.
9 Denn Gott hat uns nicht bestimmt zum Zorn, sondern dazu, die Seligkeit zu besitzen durch unsern Herrn Jesus Christus,
10 der für uns gestorben ist, damit, ob wir wachen oder schlafen, wir zugleich mit ihm leben.
11 Darum tröstet euch untereinander und einer erbaue den andern, wie ihr auch tut.)

Vorüberlegungen zur Predigt

Die Frage nach dem Zeitpunkt der Parusie beschäftigte die Thessalonicher Gemeinde, da Gemeindeglieder bereits verstorben waren und sie um deren Heil besorgt waren. Der Apostel nimmt diese Frage ernst, aber verliert sich nicht in spekulative Aussagen über eine Terminierung der Wiederkunft Christi. Vielmehr bestärkt er die Gemeinde, dass ihnen als Kinder des Lichts in Jesus Christus die Erlösung bereits zugesagt ist und stellt ihnen ein Leben im Licht des kommenden Tages vor. Der Angst und Sorge der Gemeinde in Thessaloniki wird die Zusage Gottes klar vor Augen geführt: ihr seid Kinder des Lichts und zum Heil bestimmt durch Jesus Christus. Im Angesicht dieses Heils ruft der Apostel zur Nüchternheit und Wachsamkeit auf. Glaube, Liebe und Hoffnung sollen zu den tragenden Säulen des Lebens im Licht werden. Das Leben auf Hoffnung über den Tod hinaus ermöglicht Zukunft, die das irdische Handeln trägt und leitet.

Ich erachte es für notwendig, alle 11 Verse zu bedenken, da erst die Verse 9 und 10 die notwendige christologisch-soteriologische Basis für ein Leben im Licht ausführen.

Gnade sei mit euch und Frieden von dem, der da ist und der da war und der da kommt.
Amen

Liebe Gemeinde,

stellen Sie sich einmal vor, Sie schauen heute Abend Nachrichten. Plötzlich wird die Sendung durch eine Exklusivmeldung unterbrochen: Ein Brief sei aufgetaucht, der das Ende der Menschheit ankündige. Der Brief sei eine Sicherheitsgefährdung höchsten Grades, so ein Sprecher des Innenministeriums. Gerade weil – so zitiert er aus dem Brief - die Länder, die sich in größter Sicherheit wiegen, ganz bestimmt heimgesucht werden. In den USA wurde bereits die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen. Man vermutet Anschläge, die über die Gewalt des 11. September 2001 hinausreichen könnten. 

Sandra Maischberger bietet aus gegebenem Anlass eine Sondersendung zum Thema: Die Nachricht vom Ende – wer steckt dahinter? Gäste sind Terrorismusexperten, Politiker, Wirtschaftsvertreter und Theologen. Zusammen überlegen sie, was es mit dem bevorstehenden Ende auf sich hat. Ist wirklich nur die Möglichkeit von einer gewaltigen terroristischen Aktion in Betracht zu ziehen, so die Terrorismusexperten? Ist es nur Panikmache, um die Märkte zu verunsichern, so die Ökonomen? Steht da vielleicht ein tieferes Phänomen dahinter, wie die Theologen unter Hinweis auf den ersten Brief des Paulus an die Thessalonicher versuchen, deutlich zu machen. Im 5. Kapitel dieses Briefes ist in den Versen 1 – 11 zu lesen:

[Predigttext]

Am Ende des Kirchenjahres gedenken wir Christen unserer Verstorbenen. Wir blicken zurück auf das, was einmal war, auf die Gemeinschaft in der Familie, unter Freunden und Verwandten, die mit dem Tod ein jähes Ende fand. Ihr Weggang war für viele wie ein Schock, so als ob eine ganze Welt zusammenbrechen würde. Wenn also überhaupt von Weltuntergang geredet werden kann, dann ist es derjenige, der ganz persönlich und existentiell im Tod nahestehender Angehöriger erfahren wird; keine kosmische Katastrophe der nahen Zukunft, sondern eine menschliche Grunderfahrung.

Für mich geriet die Welt aus ihren Fugen, wann immer ein liebgewonnener Mensch verstarb. Sie gerät aber auch schon aus den Fugen, wenn die Macht des Todes sich mitten im Leben ankündigt – durch Krankheiten oder Unfälle. Dann bin ich sprachlos, geschockt und wie gelähmt. Und doch weiß ich, dass alles Leben unaufhaltsam den Weg der Endlichkeit geht, ja auch das eigene Leben zeitlich begrenzt ist. Ich muss damit leben, dass der Tag des Herrn - wie im Predigttext formuliert – kommen wird wie ein Dieb in der Nacht. Manchmal so plötzlich und unerwartet wie ein Dieb, manchmal aber auch schleichend und sich ankündigend durch komplizierte Krankheitsbilder und Krankheitsgeschichten. Wenn ich so etwas miterlebe, dann fühle ich mich wie tot; dann bin ich körperlich und seelisch ausgelaugt. Denn es geht an die Grenzen, dessen, was wir füreinander tun können. Und manchmal denke ich, wie hoffnungslos und dunkel doch alles ist. 

Paulus will uns gerade aus dieser finsteren Hoffnungslosigkeit, aus dem lähmenden Rausch des Nichts-Tun-Könnens befreien und uns wachrütteln, wenn er den Thessalonichern und auch uns zusagt: Ihr seid alle Kinder des Lichts! Wie wichtig es ist, dass Licht das Dunkel erleuchtet, wissen wir alle. Gerade jetzt, wenn die Tage immer kürzer werden, die Sonne sich hinter dicken grauen Regenwolken versteckt und die Bäume immer kahler werden, dann brauchen wir das Licht und die Wärme in unseren Wohnungen. Dabei merken wir, dass schon ein kleiner Lichtschein einen großen Raum erhellen kann. Wenn wir Grablichter zum Friedhof tragen in den nächsten Tagen, wenn wir dann zum Advent die erste Kerze anzünden, wird es auch in unserer Kirche heller. Wir warten auf den, der sagt: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben (Joh 8,12)

Das Licht vom Advent bleibt, auch über den Advent hinaus. Es scheint gerade in die dunklen Zeiten des Lebens hinein. Es will und kann gerade in den dunklen Momenten Halt, Trost und Orientierung geben. Es wird mit dem Tod nicht ausgelöscht, sondern leuchtet weiter. Paulus sagt im Predigttext: „Gott hat uns nicht bestimmt zum Zorn, sondern dazu, das Heil zu erlangen durch unsern Herrn Jesus Christus, der für uns gestorben ist, damit ob wir wachen oder schlafen, wir zugleich mit ihm leben.“ 

Unser Leben verfällt also nicht prinzipiell der letzten Konsequenz, dem Leben in ewiger Finsternis. Wir dürfen in der Hoffnung und im festen Vertrauen auf das Heil leben. Wir dürfen also auch im Vertrauen auf das Licht, das uns leuchtet und anstrahlt, unseren Lebensweg gehen, in der Zuversicht, dass Christus die Macht des Todes ein für allemal besiegt hat, damit wir leben sollen, auch über die unüberwindbare Grenze des Todes hinaus. Eberhard Jüngel sagte einmal zugespitzt: In Jesu Auferstehung fand der Tod selbst seinen Tod.

Durch die Überwindung des Todes haben Christen die Hoffnung auf ein ewiges Leben. Das sagt sich so einfach und ist doch schwer zu begreifen. Schon viele Künstler haben versucht, das zukünftige Leben in ihren Bildern in verschiedensten Farben darzustellen. Es ist spannend zu sehen, wie sich in den Gemälden ganz unterschiedliche Vorstellungen widerspiegeln. Allen gemeinsam ist die Zusage, dass der Tod nicht das Letzte im Leben ist, dass der Tod uns nicht von Christus trennen kann. Egal, ob wir wachen oder schlafen, so sagt Paulus, besteht durch Jesus Christus die Aussicht auf ein Leben, das nicht durch den Tod begrenzt ist. Es ist eine Zusage, die denjenigen, die von uns gegangen sind wie auch uns mitten im Leben, im Hier und Jetzt, tragen will.

Christi Auferstehung und unser Glaube auf ein Leben nach dem Tod gehören untrennbar zusammen. Denn christlicher Glaube ohne die Auferstehungshoffnung ist wie eine Ruine. Man kann sie anstaunen, besteigen, ihre ehemalige geschichtliche Bedeutung erkunden, man kann sogar Feste darin feiern in so einer Ruine. Nur eins kann man nicht: drin wohnen und leben. Und genau darauf kommt es Paulus an, wenn er den Thessalonichern Anweisungen für das Leben im Licht der Auferstehungshoffnung gibt. 

Erst die Auferstehungshoffnung gibt dem Leben eine bestimmte Zielrichtung, sodass man trotz aller Brüche leben und wohnen kann. Unser Glaube fordert nicht die hoffende Einstellung zum Tode, sondern will sie ermöglichen. Dann haben also auch Klage, Traurigkeit, Schmerz und Sprachlosigkeit ihre Berechtigung und werden nicht einfach auf Hoffnung hin glattgebügelt. Wo Menschen sich begegnen, Leid und Freude miteinander teilen, Alltägliches und Außergewöhnliches miteinander erleben, da ist das Leben in seiner Fülle spürbar. Wo Leben in den schweren Zeiten nicht an Sinn verliert, wo Leben nicht zerbricht, da ist die Kraft von Glaube, Liebe und Hoffnung spürbar. Mit diesen drei Tugenden, die Paulus im Predigttext anführt, wird das Leben davor bewahrt, zu einer toten Ruine zu erstarren. Durch sie bleibt das Leben lebenswert, wird unser Leben erleuchtet und hell gemacht.  

Das ganze Thema, liebe Gemeinde, wäre vielleicht für Sandra Maischberger oder irgendeine politische Talkrunde nicht hinreichend spektakulär. Aber für uns, für unsern Alltag, für unseren Glauben im Alltag ist es wichtig genug:

Nüchtern und besonnen, nicht träumerisch, weltfremd oder weltabgehoben, sondern verantwortlich sich dem gegenwärtigen Leben zu stellen, das erwartet Paulus von den Thessalonichern. Das erwartet er von ihrem Glauben, von den Taten ihrer Liebe und erst recht im Blick auf das Ziel allen Hoffens, der Begegnung mit Christus. An dieser Erwartung hat sich bis heute nichts geändert. Friedrich von Bodelschwingh sagte einmal: „Es ist nicht wahr, dass die Ewigkeitshoffnung die Christen zu Träumern und Phantasten macht. Im Gegenteil – je entschlossener wir auf die neue Welt warten, desto praktischer, nüchterner, schlichter wird sich unser Leben hier gestalten.“

Wie schlicht und einfach ist es beispielsweise, dem Nachbarn neben mir ein freundliches Wort zu sagen oder die alleinstehende Frau im Haus zu grüßen. Das sind kleine Anfänge, die großen Mut machen können. Wo immer wir uns gegenseitig aufrichten, trösten oder uns Mut zusprechen, sei es zu Hause, am Krankenbett, am Arbeitsplatz, in unseren Gottesdiensten und Gemeindeveranstaltungen; wo immer also Menschen sich nicht gegenseitig aufgeben, fertigmachen oder bloßstellen, da scheint in unsere Wirklichkeit das Licht von Gottes Ewigkeit hinein.
Amen

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne durch Jesus Christus, unseren Herrn.
Amen

Tagesgebet

Du, Gott des Lebens, nicht des Todes.
Umstellt vom Tod mit seinen vielen Gesichtern trägt uns die Hoffnung auf den Tag deines Heils,
an dem Zerstörung und ohnmächtige Tränen ein Ende haben. Dass diese Hoffnung uns stark macht,
inmitten des Todes deine Liebe zu leben,
darum bitten wir dich durch Jesus Christus,
den du vom Tod erweckt hast,
und durch die Kraft des Heiligen Geistes,
der uns neu schafft und belebt, heute und in Ewigkeit.
Amen

Verfasser: Pfarrer Christian Kurzke, Rüdersdorf Nr. 30, 07586 Kraftsdorf


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