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Weltgericht

von Paul-Ulrich Lenz (63679 Schotten-Einartshausen)

Predigtdatum : 13.11.2011
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Vorletzter Sonntag des Kirchenjahres
Textstelle : Lukas 16,1-8.(9)
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Wochenspruch:„Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi.“ (2. Korinther 5, 10)

Psalm: 50, 1.4 – 6.14 – 15.23

Lesungen

Altes Testament: Jeremia 8, 4 – 7

Epistel: Römer 8, 18 – 23 (24 – 25)

Evangelium: Matthäus 25, 31 – 46

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 440 All Morgen ist ganz frisch und neu

Wochenlied: EG 149, 1 - 3.7 Es ist gewisslich an der Zeit

Predigtlied: EG 390 Erneure mich, o ewigs Licht

Schlusslied: EG 170 Komm, Herr, segne uns

Es gibt in der Bibel schräge Geschichten. Unsere Geschichte heute Morgen gehört dazu. Man wundert sich, dass Jesus so etwas erzählt. Aber vielleicht erzählt er deshalb auch „schräge“ Geschichten, damit wir uns nicht so leicht wohlig in fromme Gefühle einhüllen können.

Wir hören das Predigtwort:

1 Er sprach aber auch zu den Jüngern: Es war ein reicher Mann, der hatte einen Verwalter; der wurde bei ihm beschuldigt, er verschleudere ihm seinen Besitz.

2 Und er ließ ihn rufen und sprach zu ihm: Was höre ich da von dir? Gib Rechenschaft über deine Verwaltung; denn du kannst hinfort nicht Verwalter sein.

3 Der Verwalter sprach bei sich selbst: Was soll ich tun? Mein Herr nimmt mir das Amt; graben kann ich nicht, auch schäme ich mich zu betteln.

4 Ich weiß, was ich tun will, damit sie mich in ihre Häuser aufnehmen, wenn ich von dem Amt abgesetzt werde.

5 Und er rief zu sich die Schuldner seines Herrn, einen jeden für sich, und fragte den ersten: Wie viel bist du meinem Herrn schuldig? 6 Er sprach: Hundert Eimer Öl. Und er sprach zu ihm: Nimm deinen Schuldschein, setz dich hin und schreib flugs fünfzig.

7 Danach fragte er den zweiten: Du aber, wie viel bist du schuldig? Er sprach: Hundert Sack Weizen. Und er sprach zu ihm: Nimm deinen Schuldschein und schreib achtzig.

8 Und der Herr lobte den ungetreuen Verwalter, weil er klug gehandelt hatte; denn die Kinder dieser Welt sind unter ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichts.

9 Und ich sage euch: Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit, wenn er zu Ende geht, sie euch aufnehmen in die ewigen Hütten.

Hier geht es um Situationen und Themen, die wir kennen. Hier geht es um Verleumden und die Wehrlosigkeit gegenüber Gerüchten, um Misswirtschaft und Perspektivlosigkeit, um das Herausfallen aus dem sozialen Netz der Sicherheiten und die Angst vor dem Absturz. Hier geht es um das Gefühl: Ich bin ganz ausgeliefert und habe keine Chance mehr. Nutze sie.

Und das alles soll eine Bedeutung für unseren Weg des Glaubens haben?

Aber der Reihe nach.

Wir kennen die Situation: Ein Gerücht macht die Runde. Irgendjemand hat etwas gesagt, ein anderer hat es aufgeschnappt, es ist weiter gegangen und schließlich ist es ganz oben gelandet. Der Chef hat gehört und muss handeln. Er bestellt den Betroffenen und sagt: ich habe gehört, Sie betrügen mich. Sie verschleudern mein Eigentum. Was sagen Sie dazu?

Im Grunde ist es egal, was Herr Meier oder Frau Müller dazu sagt. Gegen Gerüchte hast Du keine Chance. Wer kann durchs Dorf laufen und sagen: Es stimmt nicht, was man sich erzählt. Wer kann im Betrieb herum laufen und sagen: Es ist nicht wahr, was getratscht wird.

Das Schlimme ist. Gerüchte können ein Lebensfundament zerstören. Sie sind nicht harmlos, sondern gefährlich. Sie sind ein tödlicher Angriff auf eine Existenz. So geht es unserem Verwalter: Seine Lebensgrundlage wird zerstört. Er steht vor dem Nichts. Kein Ansehen mehr, Kein Einkommen mehr, kein Auskommen mehr. Perspektivlosigkeit pur.

Was nun? Die häufigste Reaktion ist: Klagen, um das eigene Ansehen und Recht kämpfen, den anderen sagen: Das habe ich nicht verdient. Ein unglaublicher Zorn kann sich ins Herz einbrennen. Bitterkeit sich festsetzen: Irgendwelche anonymen Leute machen mein Leben kaputt. Eine Menge Menschen greift in dieser Situation zur Flasche und findet keinen anderen Weg als die eigene Unschuld zu beteuern, zu beteuern, zu beteuern.

Und dabei werden sie einsam. Denn die anderen halten dass ja nicht lange aus: Es ist schwer, bei einem Menschen auszuhalten, der Ihnen zum zehnten Mal die Geschichte der Ungerechtigkeit seines Leben erzählt und Sie wissen genau: Wenn er fertig ist, wird er wieder von vorne anfangen. Nein, das müssen wir nicht schon wieder und zum zwölften Mal haben. Wer das Unglück seines Lebens nur beklagt, der wird schnell einsam sein.

Das ist das Erste, was wir von dem „ungerechten Haushalter“ lernen können: er sieht seine Situation ungeschminkt. Er weiß, wann es vorbei ist. Er macht sich nichts vor. Aber - er verfällt nicht ins Klagen und fruchtlose und zugleich kraftraubende Jammern.

Stattdessen macht er nüchtern Bilanz – aber nicht rückwärts, sondern nach vorne. Was kann ich nicht? Was kann ich? Was will ich nicht? Was will ich? Er schaut nicht zurück, sondern schaut auf seine Möglichkeiten. Er prüft nüchtern die Alternativen. Und so kommt er zu einem Entschluss.

Sehen Sie, ich erlebe oft, wie fromme Leute sagen: Gott muss mich führen. Aber Gott führt nicht einfach senkrecht vom Himmel, wenigstens meistens nicht. Sondern er führt uns so, dass er uns zu klaren Beschlüssen hilft. Mich begleitet seit einiger Zeit der Satz: „Gott segnet dich auf dem Weg, den du Dir wählst!“ Das bewahrt vor der Entschlusslosigkeit und Entscheidungsangst, die sich mit frommen Sprüchen tarnt. Das Vertrauen auf Gott ersetzt nicht die eigenen Entschlüsse, sondern macht sie erst möglich.

„Graben kann ich nicht, betteln will ich nicht.“ Es ist in einem Leben, auch einem Christenleben schon viel gewonnen, wenn einer lernt zu sehen und sich selbst zu sagen, was er kann und was er will.

Das ist die 2. Lektion, die wir bei dem „ungerechten Haushalter lernen: sich klar werden über das eigene Wollen und Können.

Und nun kommt es zur Tat, zur 3. Lektion. Kein Lamento. Der Haushalter nützt den Spielraum, den er noch hat. Er wird nicht blind für seine Möglichkeiten, sondern nimmt sie entschlossen in Angriff, solange er sie noch hat.

Aber: Was hier beschrieben wird, der Schuldenerlass, riecht nach Kriminalität. Wird da nicht der Herr regelrecht bestohlen? So hat man es lange gesehen: Schuldscheine werden gefälscht. Aber ist das so? Noch ist der Mann im Amt. Noch hat er als Verwalter Verfügungsrecht. Denn das ist ja seine Rolle: Er handelt selbstständig und auf eigene Verantwortung, aber mit der Vollmacht seines Herrn. Und aus dieser Vollmacht heraus erlässt er Schulden!

Er nimmt die Last der hohen Zinsen von den Pächtern seines Herrn. Er ermöglicht ihnen ein Stück Freiheit und aufatmen. Das geht zu Lasten seines Herrn, aber es geht zugunsten der Pächter und kleinen Leute! Der „ungerechte Haushalter“ unterläuft die üblichen Wucherzinsen und dadurch verpflichtet er sich die Menschen. So gewinnen sie und er selbst eine Lebensperspektive.

Und genau darin lobt Jesus diesen Menschen! Er lobt ihn, weil er mit dem anvertrauten Gut das tut, was Leben eröffnet. Er lobt ihn, weil er durch seinen Schuldenerlass sich selbst und den anderen eine Lebensmöglichkeit eröffnet.

Es gibt einen sehr einfachen und gleichwohl wahren Satz: „Allein gehst du ein.“ Wer auf einem Sack Geld hockt, aber keinen Menschen hat, der ist arm dran. Wer ein Haus mit allem Komfort hat, am schönsten Ort der Welt, aber er hat keinen Menschen, der nach ihm fragt und dem er fehlt, der ist arm dran. Wer alle Schätze der Welt hätte, aber er hat keinen, der sich mit ihm daran freut, der ist inmitten seines Reichtums arm dran.

Das Gegenmodell heißt: Mache dir Freunde mit dem, woran du reich bist. Schenke es Menschen her, so dass sie mit dir davon Gewinn haben. Nimm den Reichtum deines Lebens nicht für dich allein – teile ihn. Und du wirst entdecken, dass du dabei nicht ärmer wirst. Dabei geht es nicht nur ums Geld – es geht genauso um unsere Fähigkeiten, um unsere Zeit, um unsere Kraft, um unser Herz, um uns selbst. Verweigere dich selbst nicht den anderen!

Die Kinder der Welt wissen, dass gegenseitige Wohltaten verpflichten! Auf diesem System baut die italienische Mafia sich auf. Auf diesem System werden politische Karrieren geschmiedet. Auf diesem System gegenseitiger Verpflichtung beruht ein Gutteil unserer beruf-

lichen Beziehungen. Wer anderen nie gefällig ist, der steht irgendwann vor einer Wand von Paragraphen. Das wird Ihnen jeder bestätigen, der in einer Behörde beschäftigt ist: Mit das Wichtigste ist, sich das wohlwollende Miteinander der Kollegen zu erarbeiten. Von dieser Klugheit der Kinder der Welt sollen die Kinder des Lichtes, also die Christen, lernen.

Die 4. Lektion ist schlicht: Du wirst nicht alleine in den Himmel kommen. Keiner von uns schafft es alleine. Der Satz: Jeder ist sich selbst der Nächste ist im Blick auf den Himmel nicht nur falsch, sondern gefährlich. Der Weg in den Himmel wird nur da offen, wo einer nicht von seinem Reichtum auf der Erde festgehalten wird. Wer nach oben will, muss sich lösen können, von dem, was ihn unten hält. Und aller Besitz hat die fatale Eigenschaft, dass er schwer macht, unbeweglich, besessen. Die beste Möglichkeit, sich von den Reichtümern zu trennen, ist sie zu verschenken, loszulassen. Geben Sie anderen Anteil an dem, was Sie haben und können.

Ein Letztes: Das Lob Jesu gilt dem „ungerechten Haushalter“ im Kern deshalb, weil er tut, was dran ist. Er ergreift seine Möglichkeit. Er sagt nicht nur: Man müsste, man sollte, wenn ich könnte, eigentlich... Er tut, was dran ist. Erich Kästner hat es sehr schlicht gesagt: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.

Ich brauche jetzt einen Freiwilligen – es ist nicht gefährlich.

( Zeichenhandlung: der Prediger/ die Predigerin verschenkt – wahlweise: ein Buch, einen Blumenstrauß, eine CD.....)

Warum tue ich das? Jeder von Ihnen hätte die Möglichkeit gehabt, zu kommen und beschenkt zu werden. Aber das Geschenk bekommt nur der, der die Möglichkeit ergreift.

Jesus, der diese merkwürdige Geschichte erzählt, der sagt auch: Du kannst Dir den Himmel nicht erkämpfen, nicht verdienen, nicht erkaufen. Du kriegst den Himmel nur geschenkt – wenn du dir gefallen lässt, was ich dir gebe und schenke. Das ist die Möglichkeit, die

Chance, die du in deinem kurzen Leben hast. Lerne es und mache es wie der ungerechte Haushalter: Ergreife Deine Chance, solange Du sie hast.

Verfasser: Pfarrer i. R. Paul-Ulrich Lenz

Am Litzenau 17, 63679 Schotten-Einartshausen


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