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Weltgericht

von Elke Burkholz (Messel)

Predigtdatum : 15.11.2009
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Vorletzter Sonntag des Kirchenjahres
Textstelle : Matthäus 25,31-46
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Wochenspruch:
Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi. (2. Kor. 5,10)

Psalm: 50,1.4-6.14-15.23

Lesungen

Altes Testament:
Jeremia 8,4-7
Epistel:
Römer 8,18-23 (24-25)
Evangelium:
Matthäus 25,31-46

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 147
Wachet auf, ruft uns die Stimme
Wochenlied:
EG 149
Es ist gewisslich an der Zeit
Predigtlied:
EG 412
So jemand spricht, ich liebe Gott
Schlusslied:
EG 241,8
Du wirst dein herrlich Werk vollenden

Hinführung

Die Predigt berücksichtigt den Anlass Volkstrauertag. In unserer Gemeinde findet im Anschluss an den Gottesdienst eine kommunale Gedenkfeier am Kriegerdenkmal, das sich im Kirchhof befindet, statt. Der Gottesdienst wird gezielt von Menschen besucht, die einen Angehörigen im 2. Weltkrieg verloren haben.
Ein Freund, der über den Predigttext promoviert hat, hat mich darauf hingewiesen, dass der Text kein Gericht nach den Werken zeigt. Jesus als der Richter schickt die einen nach rechts und die anderen nach links. Und es ist für die im Gericht Stehenden überraschend, auf welche Seite sie geschickt werden. Denn es wird jeweils eine Situation aus ihrem Leben herangezogen und es steht im Ermessen des Richters, welche Situation das ist. Man kann also laut dem Predigttext nicht durch ein bestimmtes Handeln für ein Bestehen im Gericht sorgen. Diese exegetische Erkenntnis habe ich versucht in der Predigt zu berücksichtigen.

Die Liebe Gottes, die Gnade Jesu Christi und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns allen.

Liebe Gemeinde,
heute feiern wir Volkstrauertag. Wir erinnern uns an den 2. Weltkrieg und die Opfer der Kriege. Der 2. Weltkrieg ist jetzt fast ein Menschenleben vorbei. Wir leben in der längsten Friedenszeit, die es in unserem Land je gab. Trotzdem sind die Folgen des Krieges und der NS-Herrschaft noch in unseren Seelen zu spüren. Einige hier gehören zu den Kindern, die in den Krieg hineingeboren wurden. Einige haben Väter und einige wenige Brüder und Ehemänner im Krieg verloren. Die Zeit unserer Kindheit prägt uns. Es war ein hartes Schicksal ohne Vater aufzuwachsen. In der Familiengeschichte haben die Männer, die im Krieg geblieben sind, eine Lücke hinterlassen.
Heute denken wir an die vielen Kriege, die überall auf der Welt toben. Und wir bitten für die Menschen, die vor dem Krieg fliehen, wie viele damals fliehen mussten. Wir denken an die Menschen, die in diesen Kriegen kämpfen, wie an die, die damals gekämpft haben. Und wir hoffen und beten, dass wir von weiteren Kriegen verschont bleiben.
Unser heutiger Predigttext soll uns zu einer Einstellung der Barmherzigkeit verhelfen. Und mit so einer Einstellung wird man immer versuchen, Krieg zu verhindern. Und da wir heute in einer Demokratie leben, dürfen wir hoffen, dass die Politik darauf hört, wenn die Bevölkerung keinen Krieg will. Ich lese Matthäus 25, 31-46
Wenn aber der Mensch in seinem göttlichen Glanz kommt und alle Engel mit ihm, dann wird er sich auf seinen himmlischen Richterstuhl setzen. Und alle Völker werden sich versammeln und sich seinem Gericht stellen. Er wird die Menschen voneinander scheiden, wie ein Hirte die Schafe von den Ziegen trennt. Er wird die Schafe zu seiner Rechten aufstellen und die Ziegen zu seiner Linken. Dann wird die königliche Person denen zur Rechten sagen: ›Kommt heran, ihr Gesegneten Gottes, Vater und Mutter für mich; ihr werdet in der Welt Gottes leben, die von Anfang der Welt an für euch geschaffen wurde. Ich war hungrig, ihr gabt mir zu essen; ich war durstig, ihr gabt mir Wasser; ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen. Ich war nackt, ihr habt mich gekleidet; ich war krank, ihr habt mich gepflegt; ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen.‹ Dann werden ihm die Gerechten antworten: › Herr, wann haben wir dich hungern sehen und dir zu essen gegeben, oder durstig, und gaben dir Wasser? Wann haben wir dich in der Fremde gesehen, und haben dich aufgenommen, oder nackt und haben dich gekleidet? Wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen?‹ Und die königliche Person wird ihnen antworten: ›Wahrhaftig, ich sage euch, alles, was ihr für eines dieser meiner geringsten Geschwister getan habt, habt ihr für mich getan.‹ Dann wird sie zu denen zur Linken sagen: ›Geht fort von mir, ihr seid fern von Gott; geht in das endlose Feuer, das von Gott für den Teufel und die, die ihm dienen, bestimmt ist. Ich war hungrig, und ihr gabt mir nicht zu essen, ich war durstig, ihr gabt mir kein Wasser. Ich war fremd, und ihr nahmt mich nicht auf, ich war nackt, und ihr habt mich nicht gekleidet, ich war krank und im Gefängnis, und ihr habt euch nicht um mich gekümmert.‹ Dann werden auch sie antworten: › Herr, wann haben wir dich hungrig oder durstig oder fremd oder nackt oder krank oder gefangen gesehen und haben dich nicht versorgt?‹ Dann wird der himmlische Mensch ihnen antworten: ›Wahrhaftig, ich sage euch, alles, was ihr für eine oder einen von diesen Geringsten nicht getan habt, habt ihr auch für mich nicht getan.‹ Und sie werden in die endlose Strafe fortgehen, die Gerechten aber ins ewige Leben.

„Ewiges Leben oder endlose Strafe – Himmel oder Hölle – wir haben die Wahl. Durch unser Handeln bestimmen wir über unser Schicksal in der Ewigkeit. Heute Barmherzigkeit üben und morgen in der Welt Gottes ewige Seeligkeit.“ So habe ich diesen Text früher verstanden. Und als ich ihn noch so verstanden habe, fand ich ihn ziemlich grässlich. Dann hat mich ein Freund auf etwas aufmerksam gemacht, was ich immer überlesen hatte. Er hat sich nämlich die Frage gestellt, wo komme ich in diesem Text vor? Gehöre ich zu den Schafen oder den Ziegen? Stellen Sie sich doch auch einmal diese Frage.
Gehören Sie zu den Schafen? Erinnern Sie sich. Haben Sie jemals jemandem, der Hunger hatte etwas zu essen oder zu trinken gegeben? Haben Sie einen Kranken besucht, einem Bedürftigen etwas zum anziehen gegeben? Denken Sie nach!
Ich glaube, wir können jetzt alle aufatmen. Natürlich gehören wir alle zu den Schafen. Jeder und jede hat schon einmal jemandem geholfen. Alles klar, der Weg in den Himmel ist gesichert.
Jetzt machen wir einmal die Gegenprobe. Gehören Sie zu den Ziegen? Gab es je jemand, der Ihre Hilfe gebraucht hätte, und Sie haben nicht geholfen. Sind Sie an jemand, von dessen Not Sie wussten, achtlos vorübergegangen? Haben Sie von jemanden gewusst, der krank ist, und Sie haben Ihn nicht besucht? Denken Sie nach!
Sie sind fündig geworden? Ich auch! Natürlich gehören wir zu den Ziegen. Also sind wir fern von Gott und gehen ins ewige Feuer.
Der Text gibt uns offensichtlich keine Sicherheit über die Frage, was unser Schicksal im Gericht Gottes sein wird. In diesem Text finden wir keine Antwort auf die Frage: „Können wir vor dem Richterstuhl Christi bestehen?“ Es gibt in jedem Leben Anhaltspunkte dafür, das ich zu den Ziegen gehöre und Anhaltspunkte dafür, dass ich zu den Schafen gehöre. 95 000 gute Taten werden uns nicht retten, wenn wir einmal einen Fehler gemacht haben. Und eine einzige gute Tat kann uns retten, wenn wir 95000 mal unterlassen haben jemandem zu helfen.
Wenn wir auf unsere Taten sehen, dann wird die Antwort auf die Frage: „Gehöre ich zu den Ziegen oder den Schafen?“ immer offen bleiben.
Wir müssen also offensichtlich woanders hin sehen, um eine Antwort auf diese Frage zu erhalten. Wir müssen auf den Menschen sehen, der als Richter kommt. Der Mensch, der im göttlichen Glanz auf dem himmlischen Richterstuhl sitzt, ist Jesus Christus. Und so oder so sind wir auf seine Barmherzigkeit angewiesen. Wir sind darauf angewiesen, dass er auf das eine Mal sieht, bei dem wir jemandem geholfen haben und nicht auf das andere Mal, wo wir nicht geholfen haben. Der Text sagt uns: Heute haben wir die Macht, einander zu helfen oder achtlos aneinander vorbeizugehen. Aber eines Tages werden wir genauso hilfsbedürftig sein, wie es heute die anderen sind. Wir werden auf die Barmherzigkeit Jesu Christi angewiesen sein, wie heute die Kranken und die Armen und die Gefangenen auf unsere Barmherzigkeit angewiesen sind.
In den Armen und den Kranken und den Gefangenen, den Bedürftigen, den Alten und den Kindern ist Jesus Christus gegenwärtig. Und wir haben heute die Chance demjenigen gegenüber barmherzig zu handeln auf dessen Barmherzigkeit wir eines Tages angewiesen sein werden. Also fordert uns unser Text auf: „Seid klug! Nutzt die Chance jetzt, wo ihr sie habt!“

Manche werden jetzt denken: Oh Gott, wie soll ich das denn schaffen? Ich brauche ja nur die Nachrichten anzuschalten, dann kommt das ganze Elend der Welt in mein Wohnzimmer. Hunger, Krieg, Vertreibung, kein sauberes Trinkwasser, Elendsviertel rund um die großen Städte der Zweidrittelwelt. Ich weiß von soviel Hungernden. Wie kann ich es da schaffen, an keinem achtlos vorüber zu gehen? Und selbst wenn ich wirklich viel Geld an Brot für die Welt spende, ist das doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Was Jesus da verlangt, ist eine Überforderung.
Nein, Jesus verlangt von uns nicht die Welt zu retten. Er weiß schon, dass wir das nicht können. Und wir sollen auch nicht das ganze Elend der Welt auf unsere Schultern laden. Wir können es nicht tragen. Dieser Text stammt aus der Zeit bevor es Fernsehen und Radio gab. Und er sagt: Es ist klug, den Menschen, denen wir begegnen, mit Barmherzigkeit zu begegnen. Wir können aufmerksam durch unsere Tage gehen und da helfen, wo unsere Hilfe gebraucht wird. Wir können da helfen, wo unsere Hilfe zu etwas Gutem führt. Das heißt nicht, dass wir uns die unlösbaren Probleme anderer aufladen sollen, die nur sie selbst oder ganz andere lösen können.
Ein einfaches Beispiel: Ich saß mit meinem Vater in der Notaufnahme des Krankenhauses. Ein älteres Paar saß da auch. Die beiden wurden aufgerufen. Sie versuchte ihren Mann vom Sitz hochzubekommen und gleichzeitig zwei Taschen zu schultern. Alle sahen zu. Es war ganz einfach hinzugehen und zu fragen, ob ich ihr die Tasche rüberbringen soll. Es hat sie entspannt. Am Abend habe ich sie noch einmal im Krankenhaus getroffen und sie hat mir zugelächelt. Das war ein guter Tag.
Oder ein Jugendlicher saß in der Straßenbahn und im gleichen Abteil wurde ein Mädchen von drei Jungen bedroht. Er hat einfach sein Handy ausgepackt und den Notruf angerufen. An der übernächsten Station als die drei das Mädchen aus der Bahn zerren wollten, wartete dort schon die Polizei. Noch drei Jahre später hat er stolz davon erzählt.
Etwas Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse der Menschen, die einem begegnen, mehr braucht es dazu nicht. So beginnt das ewige Leben. Dieses Leben, das heute beginnt, wird dem Richterstuhl Christi offenbar werden. Keine dieser kleinen Handlungen der Barmherzigkeit wird verloren gehen. Jede einzelne macht unser Leben reich und bedeutungsvoll. Etwas von dem Lichtglanz Gottes scheint in unser Leben, wenn wir so handeln. Und etwas von dem Lichtglanz Gottes scheint in das Leben derjenigen, die etwas brauchen und es geschenkt bekommen. Das dürfen wir hoffen.
Also lassen Sie uns diese Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse anderer üben! Das wird auch uns selbst zu Gute kommen.
Und der Friede Gottes ….

Verfasser: Elke Burkholz, Hanauer Str. 19, 64409 Messel

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