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Zweifel und Gewißheit

von Florian Bortfeldt (Idafehn)

Predigtdatum : 14.12.2008
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 3. Advent
Textstelle : Matthäus 11,2-6.(7-10)
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Liebe Gemeinde,

Advent, das ist bekanntlich die Zeit des großen Wartens und auch der großen Erwartungen. Mit dem Warten auf Jesus ist das allerdings heute so eine Sache. Nicht nur, dass viele Menschen gar nicht mehr wissen, dass die Adventszeit etwas mit Jesus Christus zu tun hat. Sondern, dass auch viele von denen, die es wissen, eigentlich nicht mehr auf die Ankunft Jesu warten. Sondern sie warten auf einen schönen Festtag, in dem es um die Familie, das Essen und die Geschenke geht. All dies ist auch wichtig und ich möchte es selber nicht missen. Aber Jesus, der eigentliche Grund von Advent und Weihnachten, er spielt keine oder nur noch eine sehr untergeordnete Rolle.
Im Predigttext für den heutigen Sonntag, den 3.Advent, geht es auch um das Warten, genauer gesagt um das Warten auf die Ankunft eines Mannes, der die Hoffnungen und Sehnsüchte eines ganzen Volkes erfüllen sollte. Wir finden den Predigttext aufgezeichnet bei Matthäus im 11.Kapitel in den Versen 2-6 (Hoffnung für alle):

02 Johannes der Täufer war zu der Zeit im Gefängnis und hörte dort von den Taten Jesu Christi. Er schickte seine Jünger mit der Frage zu Jesus:
03 "Bist du wirklich der Retter, der kommen soll, oder müssen wir auf einen andern warten?"
04 Jesus antwortete: "Geht zu Johannes zurück und erzählt ihm, was ihr miterlebt habt:
05 Blinde sehen, Gelähmte gehen, Leprakranke werden geheilt, Taube hören, Tote werden wieder lebendig, und den Armen wird die frohe Botschaft verkündet.
06 Sagt ihm außerdem: Glücklich ist jeder, der nicht an mir zweifelt."

Liebe Gemeinde, ist dies nicht ein erstaunlicher Predigttext? Da fragt Johannes der Täufer, der Jesus im Jordan getauft hatte und der ihn als den Messias verkündigt hatte, ob er wirklich der Heiland der Welt sei. "Bist du wirklich der Retter, der kommen soll, oder müssen wir auf einen andern warten?"
Wie sind die plötzlichen Zweifel bei Johannes zu erklären? Wie konnte er gestern noch so felsenfest überzeugt sein von Jesus und jetzt auf einmal so zweifelnd? Er hatte doch auch von den grossen Taten Jesu gehört, dass Blinde sehend wurden und Gelähmte gehen konnten, dass Leprakranke rein und Taube hörend wurden!
Und doch, so denke ich, können wir Johannes verstehen. Zum einen, weil die Bibel voll ist von Menschen wie ihm, die mal felsenfest und dann wieder zweifelnd waren. Ich denke da nur an Petrus, der Fels der Kirche, der mit Jesus in den Tod gehen wollte und der dann so schmählich versagte, als er seinen Herrn verleugnete. Aber gerade diese Menschen machen mir die Bibel so symphatisch. Denn es sind keine frommen Superhelden, sondern Menschen wie Du und ich, die allerdings viel mehr von Gott ergriffen waren als wir heute. Aber wie gesagt, wir können sie verstehen, weil wir das auch von uns kennen. Gab und gibt es nicht auch in unserem Glaubensleben Momente, in denen wir uns Gott ganz nahe fühlten und wir so gut wie keine Zweifel hatten. Und gab und gibt es nicht auch immer wieder Momente, in denen unsere Zweifel riesengross sind und in denen wir uns fragen, ob das wohl alles stimmt mit Gott und dem Glauben, ob das alles wahr ist. Ist an Weihnachten wirklich der Sohn Gottes geboren? Oder sind das nicht alles nur fromme Legenden, die Menschen sich ausgedacht haben, um sich eine Hoffnung zu schaffen?
So kennen wir beides, die Glaubensgewissheit und die Zweifel. Und es tut gut zu wissen, dass auch die Bibel beides kennt und die Zweifel zulässt. Aber noch besser ist es zu wissen, dass Gott uns mit unseren Zweifeln nicht alleine lässt. Er lässt uns nicht im Dunkeln, er lässt uns nicht im Regen stehen. Jesus tat dies auch nicht mit Johannes dem Täufer. Er tadelte ihn nicht für seine Zweifel, überschüttete ihn nicht mit Vorwürfen, wie wir es häufig miteinander tun. Vielmehr konnte er Johannes Zweifel erst einmal verstehen. Wer mit Jesus die Befreiung des Volkes Israel von der römischen Knechtschaft verband und sich dann unversehens in einem römischen Kerker wiederfand, der mit unseren Gefängnissen nun wahrlich nicht zu vergleichen ist, der musste doch in Zweifel geraten. Und dennoch ist die Antwort Jesu ein Versuch, die Zweifel des Johannes zu zerstreuen.
Schau her, Johannes, sagt Jesus, was alles passiert ist in letzter Zeit: Blinde sehen, Gelähmte gehen, Leprakranke werden geheilt, Taube hören, Tote werden wieder lebendig, und den Armen wird die frohe Botschaft verkündet - ist das Nichts? Zwar sind die Römer noch im Land und es gibt noch so viel Leid und Elend, aber das Neue hat schon begonnen, zwar ganz klein und am Rande, aber es ist schon da. Siehst du es denn nicht? Ich, Jesus, ich werde diese Welt verändern, und wer auf mich vertraut, der hat nicht auf Sand gebaut, sondern der hat ein Fundament, das ihn trägt, auch dann, wenn es ihm nicht gut geht, wenn er es vielleicht gerade nicht spürt und wenn ihn die Zweifel plagen.
Und dies gilt auch für uns, das möchte ich heute besonders Ihnen zurufen, liebe Eltern und Paten unserer Täuflinge. Wir feiern Advent, wir warten auf Jesus. Und dieser Jesus ist nicht irgendwer. Er ist der, der uns unsere Schuld vergeben möchte, mit der wir uns und unseren Mitmenschen das Leben immer wieder schwer machen. Er ist der, der unzähligen Menschen Kraft zum Leben und vor allem ein sinnerfülltes Leben schenkt. Ist dies nicht auch der Wunsch der meisten Eltern und Paten? Dass das Leben ihrer Kinder gelingt? Und wie könnte ein Leben gelingen, wenn es ohne Vergebung, ohne Sinn, und die drei Pfeiler Glaube, Hoffnung und Liebe auskommen müßte? Sicherlich: Die Taufe ist keine Garantie, dass das Leben gelingt. Aber sie ist ein wunderbares sichtbares Zeichen, daß der unsichtbare Gott ein kleines Menschenkind auf all seinen Wegen begleitet. Die ausgestreckte Hand Gottes bleibt ein Leben lang. Ob das Kind diese Hand später einmal im Glauben ergreift, ist eine andere Geschichte. Aber das Angebot Gottes, das mit der Taufe einsetzt, das bleibt bestehen. Wer aber diese Hand ergreift, wer sich für Jesus Christus als Herrn seines Lebens entscheidet, der wird diese Entscheidung niemals bereuen. Und immer wieder, liebe Gemeinde, treffe ich als Pastor auf Menschen, die zugeben, dass sie neidisch auf diejenigen sind, die an einen unsichtbaren Gott glauben können, die ihm vertrauen können. Weil sie spüren, dass dieser Glaube mit einem unerklärlichen Phänomen verbunden ist, nämlich dass er dem Leben Halt und Sinn spendet, dass von ihm etwas Unvergleichliches ausgeht. Dies sagen sogar Menschen, die selber nicht glauben können oder wollen.
Advent, liebe Gemeinde. Wir warten auf Jesus, dass er kommt, uns zu helfen und uns zu erlösen. Und er ist gekommen und er kommt immer wieder. Auch zu Ihnen und Ihren Kindern, liebe Eltern und Paten. Er möchte Ihnen nahe sein und Ihnen helfen in allen Lebenslagen. Nicht unbedingt so, wie wir es immer erwarten und nicht so, dass all unsere Zweifel und Probleme verschwinden. Aber so, dass es immer wieder Freude und Hoffnung in unserem Leben gibt, die wir auch in dieser Gemeinde finden. Deshalb möchte ich Sie, liebe Eltern und Paten, besonders dazu einladen, am Leben dieser Gemeinde teilzunehmen. Zum einen, um sich mit Ihren Gaben und Fähigkeiten einzubringen, aber vor allem auch deshalb, um für sich und Ihre Kinder einen Raum der Geborgenheit in dieser orientierungslosen Zeit zu finden.
Die Adventszeit möchte uns aber auch dieses sagen, liebe Gemeinde: Wir brauchen auf keinen anderen zu warten als auf Jesus, den Sohn Gottes, denn einen besseren gibt es nicht. Er verspricht uns nicht zuviel, wie die Werbung in der sogenannten Vorweihnachtszeit oder wie die falschen Propheten, die auch heute unterwegs sind. Gott hält, was er verspricht, denn er ist treu! Mit dieser Gewissheit lassen Sie uns in die restliche Advents- und in die Weihnachtszeit gehen.
02 Johannes der Täufer war zu der Zeit im Gefängnis und hörte dort von den Taten Jesu Christi. Er schickte seine Jünger mit der Frage zu Jesus:
03 "Bist du wirklich der Retter, der kommen soll, oder müssen wir auf einen andern warten?"
04 Jesus antwortete: "Geht zu Johannes zurück und erzählt ihm, was ihr miterlebt habt:
05 Blinde sehen, Gelähmte gehen, Leprakranke werden geheilt, Taube hören, Tote werden wieder lebendig, und den Armen wird die frohe Botschaft verkündet.
06 Sagt ihm außerdem: Glücklich ist jeder, der nicht an mir zweifelt."

Amen

Pastor Florian Bortfeldt, Ev.-Luth.Kirchengemeinde Idafehn (Oldenburg); www.kirche-idafehn.de